Kamp-Lintfort. Liesel Hannen hat eine alte Zuckerrübenkraut-Fabrik in Kamp-Lintfort in ein Museum umgewandelt. Sogar die erste Rechnung ist noch vorhanden.
. Braun und klebrig ist es und süß und so lecker. Der Brotaufstrich. Aber anders als Marmelade, Schokoladenaufstrich oder Erdnussmus schmeckt es besonders gut zu Käse: Zuckerrübenkraut. Das typisch niederrheinische Kraut ist Liesel Hannen (57) am liebsten auf Schwarzbrot – mit Käse. Bei ihr geht nichts ohne den Sirup. Das liegt in ihrer Familie.
Ihre Großeltern besaßen die Rübenkrautfabrik Bornheim zur Herstellung von Kraut, egal ob Apfel-, Birnen- oder halt Zuckerrübenkraut, hier wurde alles hergestellt.
Liesel Hannen hat den Krautvertrieb im Jahr 2007 von ihren Eltern übernommen. Dort verkauft sie weiterhin Kraut. Und außerdem gestaltete sie den Hof im Laufe der Jahre in eine Art Mini-Museum um. „Ich möchte hier einfach den Menschen von Niederrhein, oder Schulklassen oder Gruppen ein Stück Tradition vom Niederrhein vermitteln“, sagt Hannen.
Die ganze Familie hat geholfen
Denn zum Broterwerb lohnt sich die Herstellung von Zuckerrübenkraut nicht mehr. „Wir produzieren seit 1981 nicht mehr selbst, damals hat unser Kesselhaus gebrannt“, erklärt die 57-Jährige.
Bis zu dem Jahr stand ihr Vater am Kessel. „Wir haben alle geholfen. Meine Oma hat bis ins hohe Alter etikettiert, meine Geschwister und ich haben – als wir Auto fahren durften – das Kraut ausgefahren.“ So wurden in der Blütezeit pro Jahr um die 125 Tonnen Rübenkraut, 75 Tonnen Marmeladen und 50 Tonnen Apfelkraut hergestellt.
Jetzt lässt Liesel Hannen ihr geliebtes Kraut woanders produzieren. „Die Fabrik liegt aber auch am Rhein und nutzt nur regionale Produkte, das war mir sehr wichtig“, sagt Hannen. Die Herstellung ihres Bornheimer Krauts wird immer noch nach dem Originalrezept ihres Vaters hergestellt. „Erst werden die Rüben gewaschen, dann gedämpft, ausgepresst und angedickt“, erklärt Hannen. So wurde es schon damals gemacht.
Die erste Rechnung
Damals, als die Bauern noch ihre Zuckerrüben zur Fabrik Bornheim brachten und der Abfall den Rindern gegeben wurde. In der Fabrik stehen nun statt großen Kesseln kleine Kaffeemaschinen und mit weißen Tischdecken gedeckte Tafeln. Und viele Antiquitäten: eine alte Waage, eine Etikettiermaschine, historische Bücher.
All das steht und liegt überall in den Räumen. Liesel Hannen erklärt, wozu die einzelnen Dinge benutzt wurden. „Es ist einfach eine Herzensangelegenheit. Ein Stück Kindheit.“
Ihr Vater Hermann war interessiert an der Geschichte des Niederrheins, er sammelte und notierte alles fein säuberlich. So kam ein Küchensammelsurium zusammen, und sogar die „erste Rechnung der Rübenkrautfabrik Bornheim“ aus dem Jahr 1761 ist im Verkaufsraum zu sehen. Hier können Besucher wirklich einen Blick in die Geschichte des Niederrheines werfen.