Kamp-Lintfort/ Rheinberg. .
Für die Stadt Kamp-Lintfort ging es gestern im Saal 20 des Rheinberger Amtsgerichts um eine Menge: Nur wenn die Stadt bei der Zwangsversteigerung der „Bunten Riesen“ den Zuschlag erhalten würde, wäre die Entwicklung des geplanten Rathausquartiers möglich. Als Wirtschaftsförderer Dieter Tenhaeff um 14.13 Uhr das Gebot von 3,2 Millionen Euro abgab, konnte noch niemand ahnen, dass sich eine halbe Stunde später ein Versteigerungs-Krimi abspielen würde.
Zuvor hatte Rechtspfleger Felix Kusenberg mit dem Tempo, welches er beim Verlesen der Grundbucheinträge vorlegte, dem legendären ZDF-Schnellsprecher Dieter Thomas Heck mehr als nur Konkurrenz gemacht. Fast eine Dreiviertelstunde dauerte es trotz seines rasanten Tempos, den Formalien Rechnung zu tragen – um 14.13 Uhr begann die halbstündige Frist, in welcher die Gebote auf den Tisch gelegt werden mussten. Dieter Tenhaeff eröffnete mit 3,2 Millionen, um 14.33 Uhr trat ein Mann an den Tisch des Rechtspflegers und legte seinerseits ein Gebot vor: 3,3 Millionen.
Dieter Tenhaeff, der neben Kämmerer Martin Notthoff in der ersten Reihe saß, war schon im Aufspringen begriffen, als ihn Felix Kusenberg beruhigte: „Wenn Sie erhöhen wollen, können Sie das auch vom Platz aus.“ 14.37 Uhr: Tenhaeff erhöht auf 3 350 000, sein Kontrahent zieht auf 3 360 000 nach, Tenhaeff legt sofort noch 10 000 drauf. Dann springt der Zeiger auf 14.43 Uhr – die Frist ist abgelaufen, kein weiterer Bieter ist in Sicht. Der Zweikampf beginnt.
„Bietet hier irgend einer mehr?“, fragt Felix Kusenberg in den Saal hinein. Tenhaeffs Gegner geht auf 3,4 Millionen, dann auf 3 450 000. Dieter Tenhaeff bleibt nur knapp über diesen Geboten, versucht dann aber mit einem Sprung von 3,5 Millionen auf 3 555 000 seinem Gegner den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das klappt nicht, und Tenhaeff erhöht danach nur noch in 5000-Euro-Schritten, während sich die Gegenseite auf 50 000-Euro-Schritte eingeschossen hat, dann sogar um 95 000 Euro erhöht.
Als die Vier-Millionen-Marke geknackt ist, zeichnete sich der Sieg für die Stadt ab: „Ich denke, die Stadtkasse ist leer“, brummt Tenhaeffs Kontrahent, und Rechtspfleger Kusenberg bemerkt launig: „Da gibt’s wohl noch ‘ne Portokasse.“ Ein letzter Versuch, die Stadt mit einem 95 000-er Schritt auszustechen, dann ist Schluss: „Zum Ersten, zum Zweiten – und zum Dritten!“ Tenhaeffs Gegner, der sich später als Vertreter einer Investorengruppe zu erkennen gibt, gibt auf mit den Worten: „Glückwunsch, Stadt Kamp-Lintfort.“