Kreis Wesel. Notärzte, die die Notfallsanitäter im Einsatz per digitaler Technik unterstützen können, soll es ab 2025 geben. Es stehen jetzt Entscheidungen an.
Allmählich nimmt das Projekt Telenotarzt Niederrhein erkennbar Gestalt an: Dem Fachausschuss des Kreises Wesel liegt am 3. Juni eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zum Beschluss vor. Ist alles in trockenen Tüchern, soll, voraussichtlich Anfang kommenden Jahres, rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr ein sogenannter Telenotarzt im Einsatz sein, ansprechbar für die Rettungsdienste aus Duisburg, Krefeld, Mönchengladbach sowie den Kreisen Wesel, Kleve und Viersen. Notfallsanitäter können die erfahrenen Notfallmediziner dann im Einsatz zuschalten, die Ärzte live die Vitaldaten der Patienten einsehen, Sprech- und Sichtkontakt haben. Eine Unterstützung der Rettungsdienste, die das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS NRW) flächendeckend in NRW sehen möchte.
Zugewinn oder Sparplan?
Gerade nach der Diskussion um den nächtlichen Notarztstandort Xanten sind die Menschen im Kreis Wesel besonders sensibel bei diesem Thema. Kommt da eine Verbesserung oder ist es lediglich ein verkappter Sparplan, um Notarztkapazitäten einzusparen? Frank Brändel, Fachdienstleiter Sicherheit und Ordnung im Kreis Wesel, verneint. „Der Telefonnotarzt ergänzt die Arbeit der Notfallsanitäter. Wird er zugeschaltet, könnte an anderer Stelle ein Notarzt mehr in Präsenz verfügbar sein“, erläutert er auf Anfrage. Demnach wäre die Telenotfallmedizin eine Verstärkung des Systems, zumal mit dem relativ jungen Berufsbild Notfallsanitäter seit 2014 medizinisch qualifizierteres Fachpersonal an Bord der Rettungswagen ist, als noch zur Zeit der Rettungsassistenten.
Zuständig für eine Region mit rund zwei Millionen Menschen
Mit den jetzt anstehenden Beschlüssen in Ausschuss und Kreistag wird eine gemeinsame Trägergemeinschaft „Telenotarzt Niederrhein“ gegründet, zuständig für zwei Millionen Menschen und in der Verwaltungsvorlage als „weiterer Meilenstein in der Optimierung des Gesundheitswesens“ bezeichnet. Kernträger ist die Stadt Krefeld, die Standort der Telenotarzt-Zentrale wird. In ihrer Leitstelle wird der Telenotarzt seinen Arbeitsplatz bekommen, zunächst. Es wäre auch möglich, einen weiteren Arbeitsplatz in der Kreis Weseler Leitstelle oder bei einem der anderen Träger einzurichten. Grund dafür ist die Größe der zu versorgenden Region. „Interessiert sich etwa ein Arzt aus Kranenburg für die Aufgabe, wird er nicht nach Krefeld pendeln wollen. Wesel könnte noch passen“, erläutert Brändel den Gedanken dabei, umgekehrt würde eine Mönchengladbacher Notärztin kaum bis Wesel fahren wollen. Fachlich qualifiziertes Personal kann sich bewerben, wird speziell auf diese Medizin auf Distanz fortgebildet und bei Eignung bei der Trägergemeinschaft angestellt.
Im Tele-Einsatz soll zunächst aber immer jeweils nur eine Ärztin oder ein Arzt sein. Reicht das für zwei Millionen Menschen? Nach einer Bewertung der ersten Erfahrungen sei es nicht ausgeschlossen, dass auch zwei Mediziner dafür zeitgleich notwendig werden. Doch die stehen nicht allein da, nach dem Konzept bleiben die Notärzte vor Ort in bisheriger Stärkte abrufbar.
Rettungswagen müssen erst mit der Technik ausgerüstet werden
Da wäre noch die Technik: Nicht nur die Leitstelle muss entsprechend ausgerüstet werden, damit diese hoch fachliche Kommunikation funktioniert, auch die Rettungswagen brauchen das TNA-Equipment. Die Träger verpflichten sich, entsprechende Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet nicht, dass jeder RTW im kommenden Jahr auch mit dem Telenotarztsystem kommunizieren kann, jeder Träger soll aber innerhalb eines halben Jahres mindestens ein Fahrzeug davon am Start haben. Der Kreis Wesel werde mit der Ärztlichen Leitung Rettungsdienst herausarbeiten, wie viele Fahrzeuge ausgerüstet werden können und an welcher Stelle diese sinnvoll stationiert werden. Die Kosten für diese Umrüstungen tragen die Krankenkassen, der Umfang wird noch zwischen den zuständigen Partnern verhandelt. Werden neue Rettungswagen angeschafft, müssen sie zwingend mit der TNA-Technik ausgerüstet sein, so sieht es der Entwurf der Öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vor.
Wie geht es jetzt weiter? Alle Träger müssen diese Beschlüsse in ihren jeweiligen Gremien fassen, danach die Bezirksregierung grünes Licht dazu geben. Etwa im Herbst könnte die Trägergesellschaft ihre Arbeit aufnehmen, die technischen Voraussetzungen in der Krefelder Leitstelle schaffen, das notwendige Fachpersonal einstellen und schulen. Aktuell, so Frank Brändel, stehe der Plan, das System im kommenden Jahr an den Start zu bringen.