Kreis Wesel. Wer einen Notfall meldet, wird mit der Kreisleitstelle in Wesel verbunden. Die Disponenten benötigen gezielt Informationen, um zu helfen.
Ein Verkehrsunfall, ein Brand in der Wohnung, eine reglose Person am Boden: Notfälle können vielseitig sein. Wichtig ist, dass so schnell wie möglich Hilfe gerufen wird. Wer im Kreis Wesel die Notrufnummer 112 wählt, landet bei einem der 42 Disponentinnen und Disponenten der Kreisleitstelle an der Jülicher Straße in Wesel. Was passiert dann? Inwiefern hilft neue Technik den Mitarbeitenden weiter, und wie oft haben sie mit versehentlichen oder gar Anrufen aus Scherz zu tun?
Wenn Arno Hoffacker, Leiter der Kreisleitstelle, dafür sensibilisiert, sorgsam mit dem Notruf umzugehen, so betont er auch: „Es muss niemand Angst haben, die 112 zu wählen, unsere Disponenten sagen dann, wenn es sich nicht um einen Notfall handelt.“ Im Zweifel also gelte, lieber einmal mehr als weniger anrufen.
Wie verhalte ich mich im Notfall, wenn ich die 112 wählen muss?
Es ist eine äußerst stressige und belastende Situation, insbesondere dann, wenn ein nahestehender Mensch einen medizinischen Notfall erleidet. Daher weiß Arno Hoffacker natürlich, dass es leicht gesagt ist, aber: „Das Wichtigste ist es, möglichst Ruhe zu bewahren und die Fragen unseres Disponenten oder unserer Disponentin zu beantworten.“ Das Ziel ist es schließlich, dass die Mitarbeitenden der Kreisleitstelle so schnell wie möglich alle relevanten Information erhalten, um den Rettungsdienst gezielt zu alarmieren.
Zunächst den Namen nennen, dann gehe es um das „Wo“, je genauer die Unfallstelle beschrieben werde, desto besser. Straße und Kommune sollten genannt werden, denn manche Straßennamen gibt es häufiger im Kreisgebiet, Beispiel Bahnhofstraße. Dann folge das „Was“, etwa, ob jemand bei einem Verkehrsunfall eingeklemmt ist. Im Falle eines Feuers fragt die Kreisleitstelle, ob noch weitere Personen im Gebäude sind.
Wichtig: „Nicht den Helden spielen“, sagt Hoffacker. So leiten sich immer weitere Fragen ab. Ist die Person ansprechbar? Ist das nicht der Fall werde der Anrufende gefragt, ob er bereit ist, eine Telefonreanimation durchzuführen, sagt Hoffacker, der zugleich ermutigt: Die Leitstelle lasse niemanden alleine, zur Unterstützung könne ein Ton eingespielt werden: „Man kann damit Leben retten.“
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Wie kann ich außerdem unterstützen?
Der Rettungsdienst sollte so schnell wie möglich Zugang zur Wohnung oder zum Unfallort bekommen. Müssen mögliche Hindernisse aus dem Weg geräumt, die Tür schon mal geöffnet werden? Vielleicht sei noch eine weitere Person vor Ort, die den Rettungsdienst einweisen kann, so Hoffacker. Ältere oder erkrankte Menschen nehmen häufig Medikamente ein. Für den Notruf und den Disponenten in der Kreisleitstelle sei eine Liste darüber zunächst nicht weiter relevant, eher dann eine Information für den Rettungsdienst vor Ort.
Kann die Kreisleitstelle mich im Notfall orten, wenn ich nicht genau weiß, wo ich mich befinde?
Ja, in einem Großteil der Fälle, sagt Hoffacker. Trotzdem: Das entbinde nie davon, den genauen Standort beim Notruf mitzuteilen. Seit einigen Jahren helfe der Kreisleitstelle aber das System AML („Advacend Mobile Location“). Das Prinzip: Sobald über ein Smartphone der Notruf gewählt wird, werden automatisch die Ortungsdienste aktiviert und innerhalb weniger Sekunden der Standort verschickt. Die Daten werden nur für eine Stunde gespeichert.
Dabei spielt es eine Rolle, wie viele Informationen das Smartphone sammeln kann, um eine möglichst genaue Ortung vorzunehmen. „In der Stadt ist das auf einen Umkreis bis zu fünf Metern möglich, im Wald auf bis zu 100 Metern“, erläutert Hoffacker. AML habe der Kreisleitstelle schon oft geholfen, beispielsweise im Raum Xanten, wo viele Touristen unterwegs sind. Erste Notfälle seien auch über die Apple Watch gemeldet worden, zuletzt beispielsweise bei einem schweren Unfall in Moers.
Welche Erfahrungen macht die Kreisleitstelle mit dem automatischen Notrufsystem E-Call in Fahrzeugen?
Ein Airbag löst aus oder es muss abrupt abgebremst werden: Inzwischen ist das Notrufsystem E-Call in neuen Fahrzeugen Pflicht. Auch hier wird laut ADAC Mobilfunk und Satellitenortung genutzt und automatisch eine Telefonverbindung zur 112 aufgebaut, „so haben wir direkt die Möglichkeit zum Einsprechen“, sagt Hoffacker. Ein anderer Weg sei der Notruf über eine Servicestelle des Herstellers. Außerdem kann der Notruf per Taste auch manuell ausgelöst werden. Das System sei relativ sicher, natürlich komme es auch mal zu einem Fehlalarm, „aber das bringt den Betrieb nicht durcheinander“.
Was passiert, wenn mein Kind versehentlich den Notruf wählt? Kommt es häufig zu Scherzanrufen?
„Früher waren Scherzanrufe ein riesen Problem in Leitstellen“, sagt Hoffacker. Damals funktionierte der Notruf im Handy auch noch ohne eingelegte SIM-Karte, das ist nun anders. Und wer nun aus Scherz anruft, kommt nicht so einfach davon: „Wir können die Nummer erkennen, auch wenn sie anonymisiert ist“. Löse jemand versehentlich einen Notruf aus, dann rät Hoffacker, einfach den Anruf zu unterbrechen und aufzulegen. Die Leitstelle rufe im Zweifel noch mal zurück und frage nach, ob alles in Ordnung ist. Hat ein Kind beispielsweise versehentlich angerufen, lasse man sich dafür mit den Eltern verbinden, um die Situation aufzuklären. „Da ist niemand böse. Das Ereignis kann gut zum Anlass genommen werden, um den Notruf bei Polizei und Feuerwehr zu erklären“, schlägt Hoffacker vor, der grundsätzlich zu Achtsamkeit rät: „Es wird ein Notfallplatz belegt.“