Kreis Wesel. 2023 war ein regenreiches Jahr. Hat das viele Wasser dem Wald geholfen? Ja und nein. Die aktuellen Entwicklung am Niederrhein aus Expertensicht.

Nach drei deutlich zu trockenen Jahren gab es 2023 Regen, jede Menge davon. Geht es dem durch Dürre geschundenen Wald jetzt besser? Julian Mauerhof, Leiter des Regionalforstamts Niederrhein, begrüßt es, dass das Grundwasser jetzt aufgefüllt ist, „das brauchen die Bäume“. Um viele alte Bäume ist es aber bereits geschehen, auch wenn Laien es den Riesen nicht unbedingt ansehen. „Vor allem Eichen und Buchen fallen jetzt“, erläutert Mauerhof, meist tun sie das ohne Vorwarnung. Die Entwicklung hat bereits vor rund einem Jahr begonnen, doch sie ist noch nicht beendet.

Grund dafür ist, dass die Feinwurzeln in den trockenen Jahren abgestorben sind, „das lässt sich nicht mehr reparieren“, erklärt der Fachmann. Das Ergebnis ist, dass die alten Bäume nur noch Wurzelstümpfe haben. Die reichen nicht aus, um die Pflanze zu ernähren, „viele sind schon gestorben, wenn sie kippen“. Und das verkümmerte Wurzelwerk ist nicht in der Lage, den Baum im aufgeweichten Boden festzuhalten. „Das macht mir jetzt vor Weihnachten weniger Sorgen, aber im Januar, wenn Stürme kommen und der Boden weich ist, werden wieder viele Bäume kippen“, sagt Mauerhof. Bei Wind ist der Wald kein sicherer Ort.

Julian Mauerhof ist Leiter des Regionalforstamts Niederrhein von Wald und Holz NRW.
Julian Mauerhof ist Leiter des Regionalforstamts Niederrhein von Wald und Holz NRW. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Bäume sind geschwächt in den Winter gegangen

Und wie geht es dem Wald davon abgesehen? „Der Waldzustandsbericht zeichnet kein gutes Bild in NRW und leider kann ich das für den Niederrhein bestätigen.“ Eichen und Buchen sind schlecht dran, auch die Kiefer, die immerhin 30 Prozent des Waldes in der Region ausmacht, gehe geschwächt in den Winter. Grund dafür ist, dass der Wald ein langes Gedächtnis hat, „wir müssen in Zeiträumen von 80 bis 200 Jahren denken“, so Mauerhof. Es sei erschreckend, wenn 300 Jahre alte Bäume fallen. Gesunde Eichen beispielsweise können etwa 1000 Jahre alt werden, Fichten um die 600 und es gebe auch sehr alte Kiefern in unseren Wäldern. Somit sind die fallenden Riesen eigentlich in ihren „besten Jahren“.

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Andererseits will der Förster nicht zu schwarz malen. Der Waldumbau sei bereits seit Jahrzehnten im Gange und Mauerhof gibt sich zuversichtlich, dass er gelingen kann. „Wir sind vor Kalamitäten durch den Borkenkäfer weitgehend verschont geblieben“, sagt er. Wo dennoch Lichtungen entstanden sind, sei bereits eine junge Generation Bäume nachgewachsen. Wichtig für die Förster ist: Ein guter Wald besteht aus mehreren Generationen, „wir brauchen junge, mittelalte und alte Bäume“. Häufig fülle die Natur entstandene Lücken aus eigener Kraft, „wo aber nur Adlerfarn steht, müssen wir etwas anpflanzen, beispielsweise im Reichswald und im Dämmerwald“. Auch komme es auf die Mischung der Baumarten an, mitunter greifen die Förster hier ein und fügen andere Arten hinzu.

Was wünscht sich der Leiter des Forstamts Niederrhein für das anstehende Jahr 2024? „Einmal ein ganz normales Jahr ohne Extreme. Das Frühjahr feucht und gerne mild, damit alles wieder ans Wachsen kommt.“ Danach seien auch mal drei Wochen mit 32 Grad in Ordnung, aber eben nicht länger, damit der Grundwasserspiegel nicht sinkt.