Kreis Wesel. Im Ruhrgebiet haben die Ermittlungsbehörden kriminelle Clans im Fokus. Der Kreis Wesel ist nicht weit entfernt. Wie wird das hier beobachtet?

Mobilisierung im Netz, Massenschlägerei, Polizeieinsätze: Die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Castrop-Rauxel und Essen im vergangenen Monat haben das Thema Clan-Kriminalität erneut in den Fokus gerückt. Ein Schwerpunkt scheint weiterhin im Ruhrgebiet zu liegen. Doch inwieweit spielt das Phänomen im ländlicheren Kreis Wesel eine Rolle?

Kreis Weseler Dezernent: „Wir wollen es Clans nicht einfach machen“

„Wir wollen es Clans nicht einfach machen und zeigen, dass wir ein Rechtsstaat sind, in dem man sich an Regeln zu halten hat“, sagt der für die Bereiche Sicherheit und Ordnung zuständige Dezernent Lars Rentmeister. Seit 2021 ist der Kreis Wesel Mitglied in der Sicherheitskooperation (SiKo) Ruhr, einer Arbeitsplattform für Behörden zum Informationsaustausch, um vernetzten Kriminalitätsstrukturen entgegenzuwirken – nicht, weil es eine Problemlage gebe, erläutert Rentmeister. Bei der SiKo gehe es darum, „Schreibtische zusammenzuschieben“. So soll sich für die Vielzahl der zuständigen Behörden ein Bild ergeben, es gehe darum für die gemeinsame Arbeit Strukturen aufzubauen. Denn: Manchmal seien es Zufallstreffer, wenn mehrere Behörden zusammenarbeiten.

Zoll, Kreispolizei, mehrere Bau-, Ordnungs- und Jugendämter sowie Ausländerbehörden: „Als Kreis hängt man immer so ein bisschen dazwischen, während eine kreisfreie Stadt das alles in einer Hand hat“, benennt Rentmeister die Herausforderungen. Zum Beispiel sind an einer Razzia mitunter mehrere Stellen beteiligt. Aus diesem Grund wolle man sich enger mit anderen Kreisen beraten, die Mitglieder im Rahmen der SiKo sind.

Inwieweit das Phänomen Clan-Kriminalität relevanter wird? Vom Gefühl her komme es näher, sagt der Dezernent. Wenn sich die Ruhrgebietsstädte nun vermehrt damit beschäftigten, „könnte es zur Verdrängung kommen“. Daher will der Kreis ein Auge darauf haben.

Clan-Kriminalität: Um diese Straftaten geht es

Ob es eine Abwanderungsbewegung geben könnte, bleibt abzuwarten, sagt Oberstaatsanwalt Nils Wille, Leiter des Projekts „Staatsanwälte vor Ort“. Neben dem Kreis blicken er und sein Team auch auf Duisburg, Mülheim und Oberhausen. Tätig werden sie erst bei Straftaten, betont er. Bislang scheint Clan-Kriminalität strafrechtlich betrachtet im Kreis Wesel eher eine untergeordnete Rolle zu spielen. Denn im Vergleich zu den umliegenden Städten passiere im Kreis Wesel am wenigsten, es gebe nur Einzelfälle, sagt Nils Wille.

Insgesamt hundert relevante Familien beobachten die Staatsanwälte demnach, zwei Drittel in Duisburg. Dort liege der Schwerpunkt. Mit welchen Straftaten die Staatsanwälte im Zusammenhang mit Clan-Kriminalität zu tun haben? „Quer durch das Strafgesetzbuch“, sagt Nils Wille. Zu Beginn ihrer Arbeit 2018 seien es vor allem Tumulte und Straßenkriminalität gewesen, inzwischen nennt der Oberstaatsanwalt auch räuberische Erpressung, Bedrohung, Delikte mit Betäubungsmitteln, „Geldwäsche, um an Vermögen zu kommen“, genauso Immobilien- und Wirtschaftskriminalität oder Sozialleistungsbetrug gehören dazu. Die Staatsanwälte beobachten zudem, dass die Beschuldigten immer jünger werden, die Familien wüssten, dass Kinder und Jugendliche nicht so hart bestraft werden würden.

Schwerpunkt in Duisburg – Kreis Wesel wegen räumlicher Nähe im Blick

Wille hat die Leitung des Projekts 2021 übernommen, inzwischen seien vier Staatsanwälte für die Clan-Verfahren zuständig. Zunächst habe sich die Arbeit auf den Duisburger Norden konzentriert. Schnell sei das aber auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet worden.

Warum der Kreis Wesel ebenfalls in den Blick geriet? Aufgrund der räumlichen Nähe. „Wir sind auch im Kreis Wesel mit Behörden, Kreis- und Stadtverwaltungen im Austausch.“ Sollte es zu einer Verdrängung kommen, werde man entschlossen die Straftäter verfolgen.