Kreis Wesel. Der Väteranteil beim Elterngeld ist leicht gestiegen – doch was sagt das aus? Wie die Leiterin einer Fachstelle des Kreises Wesel das einschätzt.

Etwas mehr Väter nehmen anteilig im Kreis Wesel Elterngeld in Anspruch, doch inwieweit wirkt sich das auch auf die Chancengleichheit im Beruf aus? Im vergangenen Jahr haben kreisweit 2222 Männer Elterngeld empfangen, ihnen gegenüber stehen deutlich mehr Frauen – 7253. Das macht einen Väteranteil von 23,5 Prozent aus – dieser Wert ist im Vergleich zum Vorjahr etwas gestiegen, 2021 lag er im Kreis noch bei 22,1 Prozent. Aber: Diese Zahl liegt noch unter dem NRW-weiten Schnitt von 24,5 Prozent, wie aus Daten des Statistischen Landesamts (IT.NRW) hervorgeht.

„Es verfälscht ein bisschen das Bild: 23,5 Prozent erscheinen recht hoch“, sagt Stefanie Werner, Leiterin der Fachstelle Frau und Beruf im Kreis Wesel dazu. Viel wichtiger sei der Blick darauf, wie lange Frauen und Männer jeweils Elterngeld beziehen. Und hier sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache: Laut IT.NRW lag die durchschnittliche voraussichtliche Dauer des Bezugs bei den Männern im Kreis Wesel im vergangenen Jahr bei 3,5 Monaten. Diese Zahl ist hier weiter leicht rückläufig: 2021 waren es noch 3,8 Monate, im Jahr davor 3,9 Monate. Frauen planten im Schnitt im Kreis Wesel derweil, 15,3 Monate Elterngeld zu beziehen. Zum Vergleich: NRW-weit wollten Männer 2022 im Schnitt vier Monate Elterngeld in Anspruch zu nehmen.

Expertin aus dem Kreis Wesel: Politik muss Anreize schaffen

Die Folge für die Chancen im Beruf? Männer würden deutlich schneller wieder Fuß fassen, sagt Werner. Frauen seien derweil im Hintertreffen. „Statistiken beweisen, dass Frauen nach der Elternzeit beruflich schlechter dastehen“, sagt sie. Sie verweist zudem auf Erkenntnisse aus dem Verbund „Väter am Niederrhein“. Hier hätten Befragungen im Kreis sowie in Duisburg gezeigt, dass der Anteil der Männer mit Care-Aufgaben – sie beinhalten laut Werner nicht nur die Kindererziehung – „verschwindend gering“ sei.

Stefanie Werner hebt hervor: Männer, die frühzeitig – also ab der Geburt – mit auf die Kinder aufpassten, würden sich auch danach anders bei der Kinderbetreuung einbringen. Die Leiterin der Fachstelle des Kreises sieht die Politik gefordert, Anreize zu schaffen. Es sei wichtig, das Thema anders zu denken – „auch für die Männer“, sagt sie, Unternehmen müssten umdenken. „Je mehr Väter Elternzeit nehmen und je länger sie Elterngeld beziehen, desto mehr Möglichkeiten haben Frauen, der Berufstätigkeit nachzugehen.“ Es müsse auch nicht direkt die Vollzeitstelle sein, ein paar Stunden mehr würden mit Blick auf monatliches Einkommen und die Rente schon helfen. Ein Part dürfe nicht auf der Strecke bleiben, stellt sie heraus. (acf)