Kreis Wesel. Die Gastronomie spürt einen Corona-Nachholeffekt, fährt aber auf Sicht. Der stellvertretende Dehoga-Vorsitzende im Kreis Wesel über die Lage.

Sommer, Ferienzeit, Festivals und der Corona-Nachholeffekt lassen die Gastronomie im Kreis Wesel aktuell aufatmen. Seit Ostern habe die Nachfrage in allen Bereichen Fahrt aufgenommen, sagt Hans Jürgen Rüffert, stellvertretender Vorsitzender beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) im Kreis Wesel. Vor allem Betriebe mit Freizeitcharakter – der Gastronom nennt als Beispiel Biergärten am Rhein – bekommen das offenbar zu spüren. Aktuell zeige sich die Branche also noch verhalten positiv, doch das sei nur eine Momentaufnahme.

Denn vor allem mit Blick auf die Hotels und Übernachtungen müsste bereits ein vorheriger Buchungstrend Richtung Herbst zu sehen sein, etwa auch mit Blick auf Geschäftsreisende, berichtet der Inhaber des Art Inn Hotels in Dinslaken. Doch da seien die Gäste sehr zurückhaltend, momentan geschehe viel kurzfristig. Feierlichkeiten seien noch bis in den Herbst gebucht. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. Man fahre auf Sicht, berichtet Rüffert von seinen Kolleginnen und Kollegen.

Eine weitere Herausforderung: Es fehle nach wie vor Personal, so Rüffert. „Der Dehoga versucht mit einer großangelegten Werbekampagne das Image aufzupolieren.“ Bei der Bezahlung sieht er weniger die Hürde, nachdem es zuletzt eine Lohnerhöhung gegeben hat. „Nur das ist nicht alles. Ich frage mich aber auch, wo sind die Leute alle hin?“ Er ist sicher, die Personalfrage werde ein langfristiges Thema bleiben, es werde nicht einfach.

Gastrobranche im Kreis Wesel: Energiekrise ist Unsicherheitsfaktor

Rüffert beobachtet – neben einer oft gestiegenen Zahl der Ruhetage – auch Veränderungen der Arbeitsprozesse in der Branche, um auf die Herausforderung zu reagieren, als Beispiel nennt er „Cook and Chill“ – also im Vorfeld vorbereitete Speisen, die zwar frisch verarbeitet seien, aber schockgefroren werden. „Das tut der Qualität keinen Abbruch“, sagt Rüffert.

Ein großer Unsicherheitsfaktor auch in seiner Branche: die Energie- und Preiskrise. Zum einen, weil die Kunden zurückhaltender werden, die Gastronomie sei ein Bereich, an dem mit als erstes gespart werden könne. Zum anderen seien die Preise für Waren gestiegen. Und: „Unsere Branche ist sehr energieintensiv. Viel wird mit Gas betrieben.“

Daher bleibt es nicht aus, dass auch der Gast diese Schwierigkeiten beim Blick auf die Karte merkt: durch gestiegene Preise oder Gerichte, die schlicht nicht mehr angeboten werden können. Haben Gäste vor der Krise im Hotel noch oft das Frühstück mitgebucht, werde das nun ausgespart, beobachtet der stellvertretende Dehoga-Vorsitzende im Kreis. Im Restaurant falle schon mal die Vor- oder Nachspeise hintenüber.

Haben die Kundinnen und Kunden Verständnis für Anpassungen auf der Karte oder beim Preis? Teils teils, sagt der Hotelbetreiber. Oft würden die Gastronomen den Frust oder das Unverständnis abbekommen. Sein Rat: Dem Kunden Veränderungen und Anpassungen kommunizieren, um dem vorzubeugen. Und trotz Krise heißt es: „Es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken.“

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