Kreis Wesel. 6089 Menschen dürfen eine Schreckschuss-, Signal- oder Reizstoffpistole tragen - Tendenz steigend. Die Polizei beobachtet den Trend kritisch.

Immer mehr Menschen im Kreis Wesel haben einen kleinen Waffenschein, der sie zum Tragen von Schreckschuss-, Signal- oder Reizstoffpistolen berechtigt. Von Januar 2020 bis Mai 2022 ist die Zahl kontinuierlich von 5292 auf aktuell 6089 gestiegen. Das berichtet die Kreispolizei Wesel auf Nachfrage. Den Impuls dahinter kennt sie nicht. Denn anders als bei Schusswaffen mit scharfer Munition müssen Anträge auf den kleinen Waffenschein nicht begründet werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Polizei die Antragstellenden nicht genau durchleuchtet.

„Alle Antragstellerinnen und Antragsteller werden auf Zuverlässigkeit und die persönliche Eignung überprüft“, erklärt Polizeisprecher Björn Haubrok im Gespräch mit der Redaktion. Dazu gehören die Blicke ins polizeiliche Führungszeugnis, ins staatsanwaltliche Verfahrensregister und auch die Nachfrage bei Polizeidienststellen. Vorstrafen, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie psychische Probleme sind absolute Ausschlusskriterien. „Wenn Zweifel an der psychischen Eignung bestehen, wird auch ein medizinisches Gutachten angefordert“, so Haubrok.

Den stetig steigenden Anstieg kleiner Waffenscheine möchte die Kreispolizeibehörde nicht bewerten, auch wenn sie die Entwicklung laut eigener Aussage kritisch beobachtet. Aber wenn die Eignung stimme, alles geprüft sei und nichts dagegen spreche, könne man nicht sagen: „Ich finde das doof, du bekommst den kleinen Waffenschein nicht“, so Haubrok weiter.

Etwas anders sieht das bei Besitzern von Waffen mit scharfer Munition aus - wie Jäger und Sportschützen. Diese müssen begründen, warum sie die Gewehre oder Pistolen brauchen. Nach Überprüfung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung sowie positiver Bewertung der Begründung durch die Polizei bekommen sie eine Waffenbesitzkarte, die sie dazu berechtigt, die entsprechenden Waffen an bestimmten Orten zu benutzen, zum Beispiel auf der Jagd oder auf dem Schießstand.

Aktuell befinden sich laut Polizei und nationalem Waffenregister offiziell 25.053 Gewehre und Pistolen im Besitz von 4813 Menschen im Kreis Wesel. Damit ist die Zahl innerhalb eines halben Jahres sogar etwas gefallen. Zum Stichtag 31. Dezember 2021 gab es 25.137 Waffen verteilt auf 4841 Personen.

Eine festgelegte Obergrenze für den Besitz scharfer Waffen gibt es zwar nicht, allerdings werde auf Plausibilität geachtet, wie zum Beispiel bei Sammlern, die laut Polizei häufig Waffen aus bestimmten Epochen sammeln. Während ein Jäger oder eine Jägerin mehrere Waffen besitzen dürfe, werde bei Sportschützen laut Polizei etwas genauer hingeschaut. Wenn der Schützenverein eine größere Waffe anschaffe, müsse er auch erklären, warum er sie brauche, sagt Björn Haubrok.

Und regelmäßig stattet die Polizei den Besitzern scharfer Waffen auch einen unangekündigten Besuch ab und prüft die Aufbewahrung, da erlaubnispflichtige Schusswaffen in klassifizierten Waffenschränken aufbewahrt werden müssen. Aber generell, so Björn Haubrok, seien die Sportschützen, Jäger und Sammler im Kreis „sehr zuverlässige Leute, mit denen wir kaum Probleme haben“.

Inhaberinnen und Inhaber eines kleinen Waffenscheins werden ebenfalls überprüft, allerdings nicht durch unangekündigte Besuche, sondern durch digitale Kontrollen. Die Namen aller Besitzerinnen und Besitzer würden in regelmäßigen Abständen durch die polizeilichen Register geschickt, so Haubrok, „um zu gucken, ob sie sich nach der Ausstellung des kleinen Waffenscheins etwas haben zu Schulden kommen lassen.“

>>> Waffenbesitzkarte berechtigt nicht zum Tragen<<<
Die Waffenbesitzkarte berechtigt übrigens nicht zum Tragen einer Waffe. Sie berechtigt nur zum Erwerb, Besitz und nicht zugriffsbereiten Transport des Gewehrs oder der Pistole. Zum Tragen einer scharfen Waffe ist ein Waffenschein notwendig.

Anders als beim kleinen Waffenschein für Schreckschuss-, Signal oder Reizstoffpistolen ist der Waffenschein für Pistolen mit scharfer Munition aber eine große Ausnahme. Nur zwei Privatpersonen im Kreis Wesel haben laut Polizei eine solche Erlaubnis.