Kreis Wesel. Die Nachfrage nach Sprachkursen durch ukrainische Geflüchtete ist riesig. Im Kreis Wesel stellt das die Volkshochschulen vor Herausforderungen.

Sie sind ehrgeizig, technikaffin und diszipliniert. Auf der Flucht vor dem Krieg in ihren Städten und Dörfern sind zahlreiche Menschen aus der Ukraine in den Kreis Wesel gekommen – meist Frauen mit Kindern. Sie müssen und wollen die deutsche Sprache lernen. Das bringt die Anbieter von Sprach- und Integrationskursen in den Kommunen aktuell bereits an ihre Grenzen.

Es gibt zu wenig qualifizierte Dozenten für die Integrationskurse

Der Andrang auf die Integrationskurse ist hoch, erläutert Karin Aschenbach, stellvertretende VHS-Leiterin in Dinslaken, Voerde und Hünxe: 700 Stunden Unterricht, beantragt beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das den Kurs derzeit finanziert, ab 1. Juni ist das Jobcenter Kreis Wesel zuständig. 15 solcher Kurse laufen im VHS-Verbund derzeit, im Juli und August folgen zwei weitere, „irgendwann sind die Kapazitäten aber ausgeschöpft“, so Aschenbach. Unter anderem weil Dozenten von Integrationskursen eine Zusatzqualifikation absolvieren müssen. Es gibt bundesweit zu wenige von ihnen.

Ein weiteres Problem sind die knappen Räumlichkeiten: „Für die ukrainischen Mütter kommen Kurse am Nachmittag und Abend nicht in Frage“, erläutert Azzeddine Sehlaoui, zuständiger Fachbereichsleiter der VHS Rheinberg/Sonsbeck/Xanten. Weil sie sich um ihre Kinder kümmern und ihnen dabei helfen müssen, in der Fremde und der Schule zurecht zu kommen. Aktuell gib es zwei Kurse in Xanten und zwei in Rheinberg, „die Nachfragen hören nicht auf“. Sehlaoui führt laufend Vorstellungsgespräche, um geeignete Dozenten zu finden. Wartelisten gehören inzwischen zum Alltag im Umgang mit den Sprachkursen - auch die Liste bei der VHS in Moers und Kamp-Lintfort ist gut gefüllt. Aktuell gibt es sechs Kurse, zwei in Kamp-Lintfort und vier in Moers, davon einer mit Kinderbetreuung.

Online-Kurse können zumindest das Raumproblem mitunter lösen, allerdings sollen Präsenzstunden beispielsweise in Dinslaken das im Selbststudium erlernte wiederholen und vertiefen. Mitunter möchten die Teilnehmer einander auch kennenlernen - Sprache lernen ist auch ein Weg, Landsleute zu treffen und sich auszutauschen.

Lösungsversuche für das Dozenten- und das Raumproblem

Andreas Brinkmann, VHS-Chef in Wesel/Hamminkeln/Schermbeck registriert fünf bis zehn neue Anfragen pro Tag. „Wir wollen den Menschen, die Opfer dieser schreienden Ungerechtigkeit sind, helfen.“ Es sei aber nicht so, dass nur Geflüchtete aus der Ukraine Integrationskurse benötigen, „auch vor dem Krieg waren sie bereits belegt“. Mit Menschen aus aller Welt.

Brinkmanns Team wurde kreativ, unterrichtet auch in Räumen der Kirche oder in Schulen. Aktuell gibt es zehn Kurse mit 185 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Statt des 700-Stunden-Blocks bietet diese VHS 100 Stunden Vorkurs an – hier geht es um den Alltag, den Umgang mit Ämtern und Behörden, mit Spielplätzen, Kindergärten und mehr. Anders als in den Integrationskursen, stehen auch Ausflüge, gemeinsames Einkaufen und Kochen, auf dem Programm. Es folgen 300 Stunden Erstorientierung, 200 Stunden Integrationskurs und 100 Stunden Orientierung. Lediglich für den Integrationskurs sind die besonders qualifizierten Lehrer notwendig.

Die Sorge um die Angehörigen in der Heimat ist stets präsent

Der Krieg ist allgegenwärtig: Wenn die eigene Stadt im Zentrum der Gewalt steht und die Sorge quält. Trotzdem setzen die Frauen alles daran, voranzukommen. In einem Kurs in Wesel sitzen Menschen im Alter von 17 bis 82 Jahren. In einem anderen bringt eine Frau ihr kleines Mädchen mit, das während des Unterrichts die VHS-Mitarbeiter in ihren Büros besucht, spielt, malt, und inzwischen fast zum Team gehört. Mitunter sitzen ältere Kinder auch mit im Kurs, um in der Schule besser mitzukommen. Die Volkshochschulen machen vieles möglich, sie kooperieren oft auch mit anderen Trägern von Integrations- und Sprachkursen, um helfen zu können.