Kreis Wesel. Noch immer ist die Rollenverteilung sehr traditionell, weiß die Expertin der Fachstelle Frau und Beruf im Kreis Wesel. Hier gibt es Beratung.

Was sind meine Stärken? Das ist eine zentrale Frage, die Monika Seibel von der Fachstelle Frau und Beruf in ihren Beratungen herausarbeitet. Denn: Viele Frauen haben das ihren Erfahrungen nach in der Familienphase vergessen, wenn dann die Rückkehr in den Beruf ansteht. „Ich versuche, das wieder zum Leben zu erwecken.“ Stundenvolumen, Arbeitgeberwechsel, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Rente und Existenzsicherung - das sind Themen, mit denen sich Monika Seibel seit 2008 beim Kreis Wesel beschäftigt.

Rund hundert Frauen berät sie im Jahr, leitet weiter an das Netzwerk, das sie aufgebaut hat: etwa an Gleichstellungsbüros, die Arbeitsagentur, Weiterbildungsträger, paritätische Einrichtungen oder Rechtsberatungen. Ihr Ziel: mit den Frauen einen konkreten Fahrplan zu erarbeiten. Es gehe immer um die Existenzsicherung.

81,8 Prozent: Deutlich mehr Frauen als Männer arbeiten in Teilzeit

Wie wichtig das ist, zeigen die Zahlen, die Seibel für den Kreis Wesel von der Agentur für Arbeit vorliegen hat: Blickt man auf alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die im Kreis Wesel wohnen, sind (Stand März 2021) 46,1 Prozent und damit fast die Hälfte davon Frauen - soweit so gut. Allerdings: Nur 32,2 Prozent der in Vollzeit arbeitenden Personen sind weiblich. Mit 81,8 Prozent arbeiten deutlich mehr Frauen als Männer in Teilzeit. Gleiches gilt für die Beschäftigten in Minijobs: Hier sind 61,1 Prozent weiblich. Auch unter den Personen, die nicht von einer Stelle leben können und zusätzlich einen Minijob haben, sind 56 Prozent Frauen. „Teilzeit ist nicht existenzsichernd“, betont Seibel. Nicht zu vergessen: Das wirkt sich später auch auf die Rente aus.

Wie sich die Rolle der Frau in den vergangenen 14 Jahren entwickelt hat? Monika Seibel kann da aus ihrer Erfahrungen zwei Dinge feststellen. Erstens: Die Rollenverteilung sei immer noch sehr traditionell geprägt- durch Corona habe sich das wieder verstärkt. Und Frauen stiegen inzwischen schneller nach der Familienphase in den Beruf ein. Ja, Väter nehmen sich auch die sogenannten „Partnermonate“, aber mit Blick auf die Gleichstellung sei noch viel Luft nach oben.

Auch Firmen müssen mitziehen: Seibel sieht Umdenken

In ihren Beratungen komme dann vermehrt die Frage nach der Kinderbetreuung auf und damit die Gegenfrage: „Wieso schultern sie das eigentlich alleine?“ Da gehe es dann auch um die Beziehung, so Seibel. Sie betont außerdem: „Kinderbetreuung ist ein privates Thema.“ Im Gespräch mit dem Arbeitgeber sollte es also vor allem um die Frage gehen, was die Frau mit ihren Kenntnissen, ihren Stärken und Fähigkeiten zu bieten hat.

Und dann sind da natürlich auch die Firmen, die bei dem Thema mitziehen müssen: „Ich kann viele beraten, aber wenn die Arbeitgeber ihre Rahmenbedingungen nicht ändern, nutzt das wenig.“ Deswegen arbeitet Monika Seibel auch mit Unternehmen im Kreis zusammen und spürt dabei ein Umdenken. Das liege auch am Fachkräftemangel, es würden große Anstrengungen getätigt, um die Frauen zu halten oder zu rekrutieren. „Die Unternehmen müssen sich das auf die Fahne schreiben.“

Info: Das Angebot der Fachstelle Frau und Beruf im Kreis Wesel

  • Die Fachstelle Frau und Beruf informiert auf der Homepage des Kreises über ihr Angebot und Kontaktmöglichkeiten. Die Termine der Beratungstage und weitere Informationen sind zu finden unter www.kreis-wesel.de/frauundberuf. Eine vorherige Anmeldung bei Monika Seibel unter 0281/207-2201 oder monika.seibel@kreis-wesel.de ist erforderlich.
  • Voraussichtlich für März ist eine Veranstaltungsreihe zum Thema Rente „Arm im Alter? NEIN DANKE“ in Kooperation mit der VHS Wesel geplant.
  • Außerdem gibt es jeden Dienstag in Kooperation mit Arbeitsagentur und Jobcenter von 9 bis 11 Uhr die Möglichkeit, sich telefonisch unkompliziert und unverbindlich zu informieren und Tipps einzuholen: Neben Monika Seibel sind dann auch die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt Christina Naß von der Arbeitsagentur (0281/96 20 552) und Beate Bahlke vom Jobcenter (0281/96 20 287) zu erreichen.