Kleve. Den „Emergency Room” glauben wir schon aus dem Fernsehen zu kennen. Aber ist das da wirklich so? Ein Besuch in der Notaufnahme des St.-Antonius-Hospitals in Kleve.
Schockraum. Wie das schon klingt. Jedes andere Zimmer, selbst in einem Krankenhaus, verströmt mehr Behaglichkeit als dieses. Die Tür fährt zur Seite wie sie es in einem Raumschiff tun würde. Wenn es Raumschiffe gäbe. Alles ist auf die Behandlungsliege in der Mitte konzentriert. An der Decke hängt Operationsbeleuchtung, am Kopfende der Liege gibt es eine Menge Schläuche, die jede Rest-Behaglichkeit aus der Luft zu saugen scheinen. Neben der Liege steht Dr. Helga Fischer-Nakilski und erklärt ausgesprochen freundlich , wozu all die Schläuche und Kabel, Monitore und Knöpfe, Schubläden und Instrumente gut sind.
Kleine Operationen
Helga Fischer-Nakilski ist Anästhesistin im St.-Antonius-Hospital und damit unter anderem zuständig für die so genannte Intensivmedizin. Der Schockraum befindet sich auf der Intensivstation. „Wir behandeln hier zum Beispiel Patienten mit akutem Herzinfarkt oder Schlaganfall”, sagt Fischer-Nakilski. Für chirurgische Notfälle, also etwa für Unfallopfer, gibt es einen anderen Raum. Kleinere Operationen können aber auch in diesem durchgeführt werden.
Permanente Bereitschaft
Es ist ein Raum, der die Zweckmäßigkeit gepachtet zu haben scheint. Alle Schranktüren und Schubläden auf der rechten Seite sind beschriftet, über jedes Medikament, das jemand herausnimmt, wird peinlich genau Buch geführt, damit es immer vorrätig ist. Alles wirkt wie in permanenter Bereitschaft. Das Unglück, es lässt sich ja schon schlecht genug vorhersagen. Da will man wenigstens so gut wie möglich darauf vorbereitet sein.
Wenn ein Patient mit dem Rettungswagen auf dem Weg ins Krankenhaus ist, dann erfahren sie hier meistens schon übers Telefon, was für ein Notfall sie in etwa erwartet. „In wenigen Minuten sind wir dann einsatzbereit”, sagt Guido Gerold, ein Intensivpfleger.
Was dann passiert, glauben wir zu kennen, seit es die Serie „Emergency Room” im Fernsehen gab. In der Klever Wirklichkeit ist das alles zum Glück weitaus weniger aufgeregt. „Meistens herrscht eine ruhige, konzentrierte Atmosphäre”, sagt Helga Fischer-Nakilski. Mehr als drei bis vier Ärzte und Pfleger arbeiten nur selten im Raum. Je nach Notlage werden aber Ärzte aus den verschiedenen Fachbereichen des Hospitals hinzugezogen.
In den dramatischen Fällen werden hier tatsächlich Menschen zurück ins Leben geholt. Durch künstliche Beatmung, Intubation, Herzmassagen, häufig durch Elektroschocks mit dem Defibrillator. Für Herzmassagen, die über längere Zeit, auch über Stunden, gehen müssen, gibt es ein Gerät, das die Herzmassage automatisch am Patienten übernimmt. Überhaupt gibt es eine Menge High-Tech in diesem Raum. „Mit unserer Ausstattung sind wir sehr zufrieden”, sagt Dr. Helga Fischer-Nakilski.
Nichtstun ist falsch
Was besser funktionieren könnte in der Kette, das ist die Erstversorgung – daraus macht Fischer-Nakilski keinen Hehl. Zwar werden in den allermeisten Fällen Rettungswagen sehr schnell gerufen, da haben die Handys einiges gebracht. Doch viele Helfer helfen dann nicht mehr wirklich. Wahrscheinlich aus Angst, etwas falsch zu machen. „Dabei kann man gar nichts falsch machen”, sagt Fischer-Nakilski. „Falsch handelt nur, wer überhaupt nichts tut.” Noch wichtiger als das Beatmen sei die Herzmassage. Ruhig feste. Ein Rippenbruch heilt schnell.
Wie das ist, ein Leben gerettet zu haben, das können Helga Fischer-Nakilski und Guido Gerold kaum in Worte fassen. Manchmal besuchen sie die Patienten noch auf der Station. Oft können die sich an die dramatischen Momente im Schockraum kaum erinnern. „Die meisten vergessen uns”, sagt Helga Fischer-Nakilski.