Weeze. . 24-Jährige mutmaßliche Kindsmutter führte ihren Vater zu den Leichen – eines starb vor zwei Wochen, eines vor einem Jahr

Zwei tote Säuglinge wurden am Montag in Weeze auf einem Bauernhof gefunden. Die vermutliche Kindesmutter hat das eine Neugeborene offenbar vor zwei Wochen getötet und das andere vor etwa einem Jahr. Der Vater der 24-Jährigen hatte am Montag gegen 21 Uhr die Einsatzleitstelle der Polizei in Kleve angerufen. Er teilte mit, dass er einen Fötus gefunden habe, der möglicherweise von seiner Tochter stammen könnte.

Als die Polizei zum ländlichen Anwesen in Weeze kam, traf sie dort den Anrufer, Besitzer des Hofes. Er führte die Beamten auf den Dachboden des Wohnhauses, wo sie einen in Handtücher eingewickelten toten Säugling fanden. Danach führte der Mann sie zu einem auf dem Hof gelegenen Strohspeicher, wo die stark verweste Leiche eines weiteren Säuglings gefunden wurde. Sie war skelettiert und kaum noch erkennbar. Der Mann gab an, er habe die beiden Säuglingsleichen nach den Angaben seiner 24jährigenTochter gefunden.

Da der Verdacht eines, beziehungsweise zweier Tötungsdelikte bestand, wurden zunächst Beamte der Kriminalwache in Goch und anschließend die zuständige Mordkommission aus Krefeld hinzugerufen. Die Untersuchungen der Mordkommission in der Nacht zu Dienstag ergaben, dass es sich bei der Säuglingsleiche auf dem Dachboden im Wohnhaus um einen Jungen handelte, der voll ausgetragen erschien. Die Leiche war schon deutlich in Verwesung übergegangen. Im Obergeschoss des Hauses, in dem sich Schlafräume und ein Badezimmer befanden, wurden in dem Zimmer, das die Tochter des Inhabers hin und wieder bewohnte, umfangreiche Blutspuren gefunden. Auch im Flur und Badezimmer wurden Blutspuren festgestellt.

Gegen 22.13 Uhr erhielten Beamte der Polizeiwache Geldern einen Einsatz im Stadtgebiet zu einer Ruhestörung und Sachbeschädigung. Es wurde festgestellt, dass es sich um die Wohnanschrift der Mutter – die geschiedene Ehefrau des Anrufers – der mutmaßlichen Kindesmutter handelte. Die Beamten erhielten die Anweisung die mutmaßliche Mutter der Säuglinge festzunehmen, falls sie dort sei. Tatsächlich hielt sich die 24jährige Frau dort auf und wurde festgenommen.

Auf der Polizeiwache in Geldern wurde sie durch Beamte der Mordkommission vernommen. Die 24jährige Frau gestand letztlich einen Säugling im November 2012 und einen Säugling am 13. September 2013 geboren zu haben. Die Geburten erfolgten im Badezimmer des Hauses in Weeze. Sie gab an, dass beide Kinder nach der Geburt gelebt hatten und gab weiter an, dass sie die Kinder beide kurz nach der Geburt getötet habe. Sie hatte die Säuglingsleichen zunächst kurz in ihrem Zimmer versteckt und sie dann im November 2012 auf den Strohspeicher und im September 2013 auf den Dachboden des Hauses gebracht.

„Die junge Frau konnte uns in der Vernehmung den Grund für die Tötung nicht wirklich schlüssig und nachvollziehbar darstellen“, teilt Gerd Hoppmann, Leiter der Mordkommission mit. „Dies ist aber in fast allen Fällen so gewesen, die wir schon bearbeiten mussten.“ Die Tötung eines Kindes in den ersten 24 Stunden nach der Geburt bezeichnet man als Neonatizid. „Wir haben uns intensiv mit diesem Phänomen befasst und festgestellt, dass die Fälle oft Parallelen aufweisen,“ sagt Hoppmann.

„Die Besonderheit in diesem Fall, die uns mehr betroffen gemacht hat als in anderen Fällen ist, dass die junge Frau innerhalb eines Jahres zum zweiten Mal ihr neugeborenes Kind getötet hat.“ Durch die Staatsanwaltschaft Kleve, Staatsanwalt Martin Körber, wurde die Obduktion der Säuglingsleichen in der Rechtsmedizin in Duisburg am 24. September angeordnet.

Dabei geht es im Wesentlichen darum, festzustellen, ob die Säuglinge nach der Geburt gelebt haben und was die Todesursache war. Dies war bei der fast vollständig skelettierten Leiche nicht mehr möglich. Hier konnte nur auf Grund der Größe darauf geschlossen werden, dass diese der Größe eines ausgetragenen Kindes entspricht.

Auch bei dem vor zwei Wochen geborenen Kind war dies auf Grund der Verwesungserscheinungen nicht sofort eindeutig möglich. Das Kind erschien voll ausgetragen und wies keine krankhaften Veränderungen auf. Für weitere Erkenntnisse müssen jedoch weiterführende feingewebliche Untersuchungen abgewartet werden.

Im Anschluss an die Spurensicherung am Tatort ließen die Beamten der Mordkommission das Hofgelände mit Leichenspürhunden absuchen. Es wurden jedoch keine weiteren Auffälligkeiten festgestellt.

Die 24-Jährige wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kleve der Haftrichterin beim Amtsgericht in Kleve vorgeführt. Es wurde Haftbefehl wegen Totschlages in zwei Fällen erlassen. Neben den Ermittlungen zu der Persönlichkeit der 24-Jährigen wird durch die Mordkommission auch untersucht, ob möglicherweise noch weitere Schwangerschaften bestanden haben. Ebenso wird eine psychiatrische Untersuchung folgen. Gerd Hoppmann, der inzwischen in NRW zum Fachmann in solchen Fällen geworden ist, sagt: Üblicherweise sind die Frauen in solchen Fällen voll zurechnungsfähig.