Kreis Kleve. Kreis Kleve nimmt Stellung zur Verhandlung zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. Sorge um Herz-/Kreislaufpatienten und die Psychiatrie.

Wie gut ist die medizinische Versorgung im Kreis Kleve in Zukunft? Der Kreis Kleve wurde nun um Stellungnahme zum aktuellen Verhandlungsergebnis zwischen den Krankenhäusern und den Kostenträgern in der Krankenhausplanung NRW gebeten. Da gibt es einige Kritikpunkte. „Wir glauben die regionalen Bedarfe besonders gut zu kennen“, betonte Landrat Christoph Gerwers.

Kreis Kleve, Kreis Wesel und Stadt Duisburg sind zusammengefasst

Besonders, dass der Flächenkreis zusammen mit dem Ballungsraum in einen Topf geworfen wird, sei problematisch. Der Kreis Kleve wird mit dem Kreis Wesel und der Stadt Duisburg als eines von 16 Versorgungsgebieten in NRW zusammengefasst. Speziell akute Herz-/Kreislauferkrankungen und die psychiatrische Behandlung machen Sorgen.

Lob für die fundierte Aufbereitung der Probleme

Der Kreis Kleve als Untere Gesundheitsbehörde und Träger des Rettungsdienstes legte seine Stellungnahme nun in einer Sondersitzung der Kommunalen Konferenz Alter, Pflege und Gesundheit vor. Die Leiterin der Abteilung Gesundheitsangelegenheiten beim Kreis, Dr. Martina Scherbaum, berichtete die Knackpunkte und bekam von den vertretenen Ärzten einhelliges Lob für die fundierte Aufbereitung der Probleme.

Seit kurzem wurde ihr Zugriff auf einen geschützten Bereich von Krankenhausdaten freigeschaltet, erzählte sie. So weiß sie Details über die erhöhte Zahl an Todesfällen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkte und Schlaganfällen. Dass dort Leistungen gekürzt werden sollen – Kardiologie am St. Clemens Hospital in Geldern –, „das beunruhigt uns“ und verschlechtere die Versorgung besonders im südlichen Kreis Kleve.

Zahl der Sterbefälle über dem Landesdurchschnitt

Die Zahl der Sterbefälle durch Krankheiten des Kreislaufsystems im Kreis Kleve liege seit Jahren über dem Landesdurchschnitt – aktuell 154 Tote pro 100.000 Einwohner, 14 mehr als NRW-Durchschnitt. Zumal die Krankenhäuser den Fachärztemangel im Flächenkreis kompensieren müssten.

Bei Schlaganfall, den Durchblutungsstörungen des Gehirns, liegen die stationären Behandlungsfälle im Kreis Kleve konstant deutlich – aktuell über 30 Prozent -- oberhalb der Behandlungsfälle landesweit. Dr. Christoph Baumsteiger, Leiter der Neurologie der LVR-Klinik in Bedburg-Hau, erklärte in der Sitzung, dass in Ballungsräumen neurologische Behandlungen ambulant laufen, im Kreis Kleve ab freitags nachmittags nicht – hier gibt es demzufolge ein bis zwei Übernachtungen, die „wir nicht vergütet bekommen. Aber wir müssen sie machen, weil sie notwendig sind.“ Eine Schlaganfall-Einheit mit Fachärzteteam (Stroke Unit) werde im Nord- und im Südkreis gebraucht: Es komme auf jede Minute an.

Sorgen um Versorgung bei Psychischen Erkrankungen

„Besorgniserregend“ seien die Verhandlungsergebnisse für den Versorgungsbereich der Psychischen Erkrankungen durch die LVR-Klinik in Bedburg-Hau. Wenn, wie vorgeschlagen, die medizinische Versorgung in den Tageskliniken für Erwachsene und Kinder- und Jugendpsychiatrie reduziert werde, gebe es Angebote nur noch in Bedburg-Hau, Kleve und Kalkar, nicht mehr im südlichen Kreisgebiet – mitunter 50 Kilometer entfernt. Seit Jahren sei der LVR aber an allen Standorten ausgelastet, so Dr. Scherbaum.

Um Entfernungen geht es auch beim angedachten Wegfall von Herzkatheterlaboren: Mehr als 30 Minuten Fahrt zu einem Labor im Nachbarkreis seien inakzeptabel und könnten Leben kosten, so der Kreis in seiner Stellungnahme.

Besondere Sachlage beim Rettungsdienst

Jürgen Baetzen, Leiter des Rettungsdienstes Kreis Kleve, erinnerte, dass die weiten Wege im Flächenkreis ohnehin Personal (Rettungssanitäter) in den Rettungswagen über lange Fahrtzeiten binden – auch wegen der Randlage mit 138 Kilometern Grenze zu den Niederlanden. Die Zahl der Rettungseinsätze steigerte sich von 2015 bis 2022 um über 50 Prozent auf 32.701 Einsätze. Anfahrtswege über die Kreisgrenzen hinaus gefährdeten dann die Versorgung von Notfallpatienten.

Auch für die Ausbildung von Notfallsanitäterinnen und -sanitätern – gerade in 2023 von zehn auf 15 jährlich erhöht – brauche es die verschiedenen Abteilungen der Krankenhäuser für die Pflichtpraktika.

Betroffene Krankenhäuser haben mit den Krankenkassen verhandelt

Welches Krankenhaus welche Leistungen erbringen soll, wird in der Krankenhausplanung festgelegt. Die Minister Laumann (Land) und Lauterbach (Bund) wollen in der Krankenhausplanung spezialisierte Leistungen bündeln lassen und so die Qualität verbessern. Das werde mit den Vorschlägen der Krankenkassen aber nicht erfüllt, ahnt die Leiterin der Abteilung Gesundheitsangelegenheiten beim Kreis, Dr. Martina Scherbaum.

Damit ein Hospital einen Versorgungsauftrag erhalten kann, gibt es qualitative und strukturelle Rahmenvorgaben, die dann in regionalen Planungskonzepten konkret werden. Über das Leistungsangebot entscheiden viele: Zuerst verhandeln die betroffenen Krankenhäuser mit den Krankenkassen sechs Monate lang. Bezirksregierung und Ministerium müssen das bewerten. Dann werden die Kreise und die Kassenärztlichen Vereinigungen um Stellungnahme gebeten – das läuft derzeit. Die letzte Entscheidung trifft später das Ministerium.

Erst hatte der Kreis innerhalb vier Wochen antworten sollen, doch Landrat Christoph Gerwers sagte auf kurzem Wege Minister Laumann persönlich, dass das unmöglich sei und bekam nun bis 18. August Zeit.

Ministerium hält sich oft an die Vorschläge der Krankenkassen

Dr. Sabine Kisselbach, Geschäftsführerin der Katholischen Karl-Leisner-Trägergesellschaft (KKLE) ahnte: „Man hört, dass sich aber das Ministerium in der Regel an die Vorschläge der Krankenkassen hält.“

Neben 96 Dissens-Punkten gibt es auch 25 mal Konsens: Die Verhandlungspartner sind sich einig über Leistungs-Aufteilung (auch in Emmerich) in den Bereichen Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie und Geriatrie. Carsten Schmatz, Pflegedirektor LVR-Klinik Bedburg-Hau, beruhigte: „Die Kreise Kleve und Wesel sind dennoch gut unterwegs. Andere haben mehr zu kämpfen. Die Bürger sind hier nicht gefährdet.“