Kleve. Beim Tag der offenen Tür konnten Besucher hinter die Kulissen des Landgerichts Kleve schauen. Sie durften dahin, wo eigentlich niemand hin will.
Einmal vor Gericht, einmal in die Zelle im Keller der Schwanenburg, einmal im Gefangenentransport sitzen – in Kleve konnte man sich am Freitag Nachmittag fast wie ein echter Verbrecher fühlen. Aber die es handelte sich kurz vor dem Wochenende nicht um Diebe, Betrüger oder gar Mörder, die durch den Hof der Klever Schwanenburg spazierten – es war Tag der offenen Tür im Landgericht Kleve.
Eigentlich wollte das Gericht schon vor zwei Jahren seinen Festakt begehen und die Pforten für die Öffentlichkeit öffnen. Doch pandemiebedingt musste das Gericht ausweichen und nun schon den 202. Geburtstag feiern. Bei gutem Wetter waren im Innenhof der historischen Festungsanlage jede Menge Stände aufgebaut, die über Polizei, Justiz, Opferschutz oder auch die Zeugenbetreuung informierten. Daneben gab es einen Getränkestand und die Möglichkeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gerichts zu sprechen.
Hinter den Kulissen des Landgerichts
Ein Mitarbeiter, der Justizbeamte Klaus Dercks, führte dabei Besuchergruppen durch die Schwanenburg und erzählte von der Arbeit, den Räumlichkeiten und den Abläufen. Von der Wachtmeisterei ging es über die Poststelle in den großen holzvertäfelten Schwurgerichtssaal. Danach ging es hoch über die Steintreppen vorbei an den Büros der Richter in die große Bibliothek. „Das haben alte Bücher so an sich, hier mufft es etwas“, scherzt Dercks und erklärt, dass mit der Digitalisierung im Hause auch der Zweck der Bibliothek mit sämtlichen Gesetzestexten sich eigentlich erübrigt habe. Nun werde der große Saal mit den vielen Büchern hauptsächlich für Besprechungen genutzt.
Seinen Abschluss fand der Rundgang unten in den Zellen des Landgerichts. Kühl, dunkel, weiß gefliest, rote schwere Stahltüren, eingeritzte Namen, Sprüche, Daten, Beleidigungen – sofort spürte man, dass die Gruppe sich dort sichtlich unwohler fühlt als im Rest der Schwanenburg. Man kann nur erahnen, wie sich Gefangene fühlen müssen, die hier ausharren müssen, bis ihre Verhandlung beginnt oder sie wieder abtransportiert werden.
Die Gruppe hatte nach dem Rundgang einen guten Eindruck von der Arbeit. „Wir wissen ja eigentlich wie es im Gericht läuft, aber es war trotzdem spannend“, lacht Birgit, die mit ihrem Mann Peter teilnahm – beide arbeiten in einem anderen Amtsgericht in NRW.
Der Turm blieb zu
„Aber die Historie ist natürlich sehr eindrucksvoll und nicht vergleichbar mit allen anderen Gerichten“, ergänzt Peter. Seine Frau ärgerte sich allerdings, dass sie zum Abschluss nicht in den Turm der Schwanenburg konnte. „Ich habe hier vor 28 Jahren drei Monate lang einen Teil meiner Ausbildung gemacht und da durfte man gerade auch nicht hoch“, erinnert sie sich. Brandschutzbestimmungen machten ihr auch jetzt einen Strich durch die Rechnung. „Das ist natürlich wirklich schade“, sagt auch Klaus Dercks.
Gespielte Gerichtsverfahren
„Also ich fand den Gesamteindruck den man hier bekommen hat richtig toll“, erklärt Wolfgang Bernhard Roos nach dem Rundgang durch die Schwanenburg. Der Klever wollte schon immer mal die Räume der Schwanenburg von innen sehen. „Der Gerichtssaal war sehr eindrucksvoll und genau wie ich ihn mir vorgestellt habe. Die Zellen waren allerdings wirklich bedrückend“, erklärt der ältere Mann aus Düffelward.
Vom Endpunkt des Rundgangs spaziert er durch den Innenhof rüber zum Schöffengerichtssaal. Dort fanden zwei gespielte Gerichtsverhandlungen statt – eine Strafsitzung, später eine zu einem zivilen Rechtsstreit. Echte Sitzungen gibt es wieder ab Montag, die die Öffentlichkeit natürlich auch als Zuschauer verfolgen kann. Bis 17 Uhr lief das Programm in der Schwanenburg.
Festschrift zum 200. Geburtstag
„Zwei Jahrhunderte Landgericht Kleve“ – Zum 200. Jubiläum des Gerichts veröffentlichte der Klevische Verein für Kultur und Geschichte / Freunde der Schwanenburg in Zusammenarbeit mit dem Landgericht Kleve eine Festschrift. Neun Autorinnen und Autoren fassen darin die Historie vom Mittelalter bis in die heutige Zeit auf 192 Seiten zusammen.
„Das schönste Gericht in NRW“, wie Werner Richter, Präsident des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Rede seine Kollegen zitierte. Auch Bürgermeister Wolfgang Gebing freute sich über die Festschrift: „Die Klever sind stolz auf die Schwanenburg und dass das Landgericht hier seinen festen Sitz hat.“