Kreis Kleve. Baugewerbe hat anspruchsvolle Aufträge, neue Herausforderungen und guten Verdienst, sagt der Lehrlingswart. Das bieten die verschiedenen Berufe.
Wenn man es mag, dass nicht jeder Tag gleich ist, sondern immer neue Herausforderungen bietet, dann ist man im Handwerk richtig. Thomas Braitschink aus Kleve, Lehrlingswart im Baugewerbe für den Kreis, weiß: „Generell haben wir nur ein Imageproblem. Man wird schon mal dreckig. Aber wenn ich nachmittags von der Arbeit nach Hause komme, gehe ich eben duschen und mich umziehen -- schlimmer ist das nicht“, beschreibt der Maurer- und Betonbaumeister lächelnd. Dafür „sieht man abends, was man getan hat.“ Der Leitsatz des Handwerks gilt hier besonders. Thomas Braitschink hätte gerne wieder einen Auszubildenden. „Ich wüsste keinen Betrieb, der nicht jemanden sucht“, sagt der Lehrlingswart.
Man sollte die Verblendung eines Haus erst mal ausprobieren, bevor der Ernstfall eintritt
Die Ausbildung gliedert sich in drei Bereiche: die Erfahrung im Betrieb, Unterricht im Berufskolleg Geldern und die überbetriebliche Ausbildung (ÜBL) am Bildungszentrum des Baugewerbes (bzb.de) in Wesel, die im
Blockunterricht erteilt wird. Dort lernen die angehenden Bauwerker jene Sachen, die sie in ihren Ausbildungsbetrieben vielleicht nicht üben können. „Man sollte die Verblendung eines Haus erst mal ausprobieren, bevor der Ernstfall eintritt“, findet Braitschink ganz im Sinne des Kunden.
„In Deutschland gilt nicht immer das, was du kannst, sondern, was dir bescheinigt wird“, sagt er. Die theoretischen Anforderungen sind mitunter hoch. „Wir brauchen einfach mehr schlaue Köpfe, nicht nur den Häuptling, sondern auch die Indianer, die denken können“, so beschreibt es Braitschink.
Fast alle Betriebe sind bereit, eine Woche Praktikum oder Schülerpraktika anzubieten
Ausbildungsablauf: Die Auszubildenden sind im ersten Lehrjahr häufiger im ÜBL und Berufskolleg als an den Firmenbaustellen. „Fast alle Betriebe sind bereit, eine Woche Praktikum oder Schülerpraktika anzubieten. Denn jeder Betrieb ist etwas anders strukturiert und hat andere Aufgaben“, beschreibt der 45-jährige Ausbilder. Der eine repariert die umgekippte Gartenmauer, der andere große Baustellen weit weg vom Kreis Kleve – der Industriebau interessiert dann eher die Stahlbetonbauer.
In alle Bereiche gewinnen die Azubis Einblick schon im ersten Lehrjahr: Mauern verputzen, Estrich, Fliesen oder Bewehrung anlegen, Holzbau.
„Am Geld kann es nicht liegen, dass wir Nachwuchssorgen haben“
Verdienst: Im ersten Lehrjahr verdient man rund 920 Euro monatlich, im zweiten 1230 Euro und im dritten Lehrjahr 1495 Euro – der Geselle liegt bei 2500 und 3000 Euro. „Am Geld kann es also nicht liegen, dass wir Nachwuchssorgen haben“, urteilt Braitschink.
Der Fachkräftemangel sei hausgemacht. Es wurde nicht ausgebildet, weil man sich seit einigen Jahren in manchen Bauberufen (z.B Fliesenleger) auch ohne den Meisterbrief selbstständig machen, allerdings nicht ohne Meister ausbilden kann. Außerdem haben die Corona-Jahre den praktischen Berufen deutlich geschadet. Wobei relativ Wenige tatsächlich an Covid 19 erkrankt seien: „Wir arbeiten viel an der frischen Luft.“
Seit mehreren Jahren läuft im Kreis Kleve das Pilotprojekt, mit dem auch die Kammer einverstanden ist: Der Besuch der Berufsschule wird hier nicht auch noch als Blockunterricht erteilt, wie die überbetriebliche Ausbildung, sondern erstreckt sich durch das ganze Jahr. So kommen die Jungs -- und es sind meistens junge Männer -- wenigstens ab und zu mit auf die Baustelle. Was für die Azubis und für die Firmen deutlich vorteilhafter sei, sieht der Lehrlingswart.
„Am 1. August ist Ausbildungsbeginn, aber man kann auch später noch einsteigen“
Abschlüsse: Die Ausbildung kann man abschließen mit dem Facharbeiterbrief Hochbau nach zwei Jahren oder als Geselle nach drei Jahren. Fortbildungen möglich zum Polier (Vorarbeiter), Techniker, Meister mit der Berechtigung zum Ingenieur-Studium an der Fachhochschule. Es gibt auch die anspruchsvolle Duale Ausbildung.
„Am 1. August ist Ausbildungsbeginn, aber man kann auch später noch einsteigen.“
Thomas Braitschink ist ehrenamtlich als Lehrlingswart tätig. Die Kreishandwerkerschaft fungiert als Bindeglied zwischen Innung und der Kammer in Düsseldorf. Der Klever sitzt im Gesellenprüfungsausschuss und nimmt Prüfungen ab.
Um die Zukunft des Baugewerbes muss man sich keine Sorgen machen
Um die Zukunft des Baugewerbes muss man sich keine Sorgen machen. Die Preissteigerung und Materialverfügbarkeiten in den letzten Monaten lassen zwar Häuslebauer zurückschrecken, aber die öffentliche Hand ist oft gezwungen, die Aufträge durchzuführen. Die Konjunkturdelle schlage im Baugewerbe stets antizyklisch zu. „Bis wir die spüren, sind die heutigen Auszubildenden schon in Lohn und Brot“, ist er sicher. „Nach 2025 ist Bauen wahrscheinlich günstiger“, schätzt der Maurermeister ein.
Zum Baugewerbe gehören die Berufe Maurer, Estrichleger, Fliesenleger, Beton- und Stahlbetonbauer, Dachdecker, Zimmerer u.a. (weitere Infos unter bzb.de).