Goch. Die Kinderarztpraxis Graf-Froebrich kann nicht weitergeführt werden. Eine Nachfolge gibt es bislang noch nicht. Was das für Patienten bedeutet
Die Kinderarztpraxis Graf-Froebrich in Goch kann nicht mehr weitergeführt werden. Ärztin Dorothee Graf-Froebrich sucht derzeit aus gesundheitlichen Gründen dringenden Ersatz, da sie ihre Tätigkeit nicht weiterführen kann. Derzeit vertritt sie der in Rente gegangene Klever Kinderarzt Dr. Wolfgang Brüninghaus, um ein Mindestmaß an Versorgung sicherzustellen. Er schaffe es aber nicht die Praxisleistungen in vollem Umfang aufzufangen. „Die Grundversorgung ist derzeit nicht in der Weise sichergestellt, dass man damit als Eltern und Kinder zufrieden sein könnte“, sagt er im Gespräch mit der NRZ.
Goch bald ohne Kinderarzt?
Was nun langfristig geschieht, ist noch unklar und könnte dramatische Folgen haben. Momentan scheint es so, dass die Praxis zum 1. Oktober 2022 geschlossen werden muss, darauf weißt die Praxis auch in ihrer Internetpräsenz hin. In Goch würde es in diesem Fall keine Kinderarztpraxis mehr geben. Graf-Froebrich hat die Kinderarztpraxis 2015 von Reiner Friedrichs übernommen, der damals in Pension ging. Wird die Praxis geschlossen, werden laut Dr. Brüninghaus über 1000 Patienten ihre kinderärztliche Anlaufstelle verlieren. In der vergangenen Woche gab es eine Konferenz von regionalen Kinderärzten, sie sicherten zu, vorübergehend die Patienten von Graf-Froebrich zu versorgen.
Diese Anzahl an Patienten könne allerdings nicht dauerhaft durch die anderen Praxen in der Region aufgefangen werden. „Die umliegenden Kinderarztpraxen sind so schon mehr als ausgelastet, die haben eigentlich keinen Spielraum mehr“, weiß Dr. Brüninghaus. Die umliegenden Kinder- und auch Hausarztpraxen erreichen nun aber noch mehr Anfragen durch die Situation in Goch. „Das können die Ärzte nicht leisten“, so Brüninghaus. Denn die Versorgung durch Hausärzte in Goch und im gesamten Kreis Kleve sei auch alles andere als optimal. Zudem weißt Dr. Brüninghaus darauf hin: „Mit zunehmender Belastung der Praxen, steigt dort auch der Krankenstand.“ Dies verschärfe die Gesamtlage zusätzlich.
Kinderärzte sind rar gesät im Kreis Kleve
Für die Patienten führt dies zu massiven Problemen, da sie lange nach einem bereitwilligen Arzt suchen müssen und darüber hinaus gezwungen sind, weite Wege in Kauf zu nehmen. Die nächste Kinderarztpraxis wäre in Uedem. Weiter entfernte Praxen gibt es dann erst in Kleve und Kevelaer. Generell ist der Klever Südkreis besser mit Ärzten versorgt als der Nordkreis. „Lange Fahrten sind nicht zumutbar. Das kann man ja mal mit einem fieberkranken Kind versuchen“, erklärt Dr. Brüninghaus. Hier führe auch das mäßige ÖPNV-Netz im Kreis zu Problemen, falls Patienten beispielsweise kein Auto zur Verfügung haben.
In so kurzer Zeit einen Ersatz für die Praxis zu finden ist enorm schwer. „Als ich meine Praxis in Kleve abgeben wollte, hat das vier Jahre gedauert“, erzählt Dr. Brüninghaus aus eigener Erfahrung. Die ländliche Region sei nicht so attraktiv für junge Ärzte, um sich niederzulassen. Es müssen alle Rahmenbedingungen für die Ärzte stimmen, da gehöre dann zum Beispiel auch ein Arbeitsplatz für den eventuellen Partner zu. Aus der in Frage kommenden Ärzteschaft hat sich bislang noch kein potenzieller Nachfolger gemeldet.
Die KV hat die Nachbesetzung ausgeschrieben
Die zuständige Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) erklärte, dass durch einen Antrag von Dorothee Graf-Froebich ein sogenanntes „Nachbesetzungsverfahren“ eingeleitet wurde. „Das heißt die Zulassung der Ärztin wird nun in den kommenden Wochen über die offiziellen Plattformen der KV Nordrhein öffentlich ausgeschrieben“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage der NRZ. So soll eine höhere Reichweite bei potenziellen Interessenten erreicht werden.
Die KVNO weiß allerdings auch darauf hin, dass sich die Nachfolge-Suche für Arztpraxen insbesondere im kinderärztlichen Bereich grundsätzlich angespannt sei. Meist können Praxen nicht eins zu eins übernommen werden. Dies sei aber nicht nur ein Problem im Kreis Kleve, vor allem Flächenkreise seien davon stark betroffen – also ländliche Regionen.
Brüninghaus kritisiert die Planung der KV
Laut der KVNO ist die kinderärztliche Versorgungslage im Kreis Kleve mit 20 ambulanten Kinderärzten formal ausreichend, zumindest gemessen an den gesetzlichen Planungskriterien. Trotzdem wird die Praxis in Goch eine große Lücke reißen, wenn kein Ersatz gefunden wird.
Dr. Brüninghaus kritisiert die generelle Planung der Behörden: „Über Jahre wurde zugelassen, dass die Planung so knapp ist, dass wenn ein Arzt ausfällt, es keinen Ersatz gibt.“ Er habe schon vor Jahren und immer wieder beispielsweise mit der Elterninitiative auf die kritische Versorgungslage im Kreis Kleve hingewiesen, die über Jahre schlechter wurde. „Die Verwaltung erkennt die Not als nicht so groß an, wie sie tatsächlich ist“, erklärt Brüninghaus, wobei er bürokratische Spielräume sehe, die den Ärzten zumindest mehr Zeit bei der Übernahme und Abrechnung der Patienten verschaffen würde.
Vorbefunden sollen in Goch abgeholt werden.
Im Internet bittet die Praxis von Dorothee Graf-Froebrich ihre Patienten, die wichtigsten Vorbefunde aus der Praxis anzufordern und dann abzuholen. Weiter heißt es: „Wir wünschen Ihnen und Ihren Kindern für die Zukunft alles Gute. Dorothee Graf und das gesamte Praxisteam“