Kleve. Das SOS-Kinderdorf Niederrhein hilft seit Monaten 33 Mütter und Kinder aus der Ukraine. Eine Bilanz aus gegebenen Anlass.

Es ging dann alles ganz schnell. Der russische Angriff gegen die Ukraine begann am 24. Februar. Am 6. März konnte das SOS Kinderdorf Niederrhein die ersten neun Mütter mit ihren Kindern unterbringen, und schon Ende März hatte es in seinen Räumlichkeiten insgesamt 30 Wohn- und Schlafplätze für Flüchtlinge aus der Ukraine organisiert. Heute leben hier 16 Erwachsene, 17 Kinder und eine Katze. Von den Kindern sind zwei unbegleitet, die anderen sind mit ihren Müttern da. Dazu kommen einige Flüchtlinge im Rentenalter. „Allerdings brauchen wir ein Haus bald für eine andere Maßnahme, daher suchen wir noch Wohnraum für zehn Frauen mit Kindern“, sagt Einrichtungsleiter Peter Schönrock.

Ebenfalls sehr schnell konnte man eine Russisch und Ukrainisch sprechende Fachkraft einstellen, um neben ehrenamtlichen Helfern erst einmal den Alltag zu organisieren.

Die schulpflichtigen Kinder konnten alle schnell Plätze an Schulen bekommen. Zusätzlich erhalten sie nachmittags noch Online-Unterricht aus der Ukraine: „Das funktioniert ausgezeichnet“, freut sich Schönrock. SOS hat dazu eine Spielgruppe eingerichtet, eine zweite steht kurz vor dem Start. Niederschwellige Sprachkurse, bislang ohne öffentliche Förderung, hat es auch organisiert.

Kita-Plätze fehlen

Ein Problem sind aber die fehlenden Kita-Plätze. Das SOS Kinderdorf Niederrhein betreibt selbst zwei Kitas und weiß um die Schwierigkeiten: „Wir haben ohnehin schon Wartelisten“, sagt Schönrock. Wenn die elf Frauen im Integrationskurs der VHS sind, müssen ihre Kinder aber irgendwie betreut werden. Schönrock: „Da appelliere ich an die künftige neue Landesregierung, schnell aktiver zu werden.“ Wobei: „Die Frauen sind sehr eigenständig und nehmen die Dinge selber in die Hand“, so Schönrock. Weil sie gut ausgebildet sind, meist mit Bachelor-Abschluss, hätten sie auch gute Arbeitsperspektiven in Deutschland, wenn die Sprachbarrieren erst überwunden sind. Eine Frau arbeitet sogar bereits als Lehrerin an der Joseph-Beuys-Gesamtschule, eine andere ist ehrenamtlich in einer der Spielgruppen beschäftigt. Was zu der Frage führt, wie sie ihre Zukunft sehen. Viele kämen aus den östlichen Regionen der Ukraine, wo sie keine Lebensgrundlage mehr sehen. Etwa ein Viertel sähe Deutschland auch als Chance und wolle ohnehin hierbleiben. „Der ukrainische Botschafter behauptet zwar, dass die meisten so schnell wie möglich wieder zurückwollen, das sehen wir aber nicht“, sagt Schönrock.

Umso wichtiger ist die Integration. Hier bietet das SOS Kinderdorf Niederrhein nun auch eine kostenlose Unterstützung und Beratung für Kinder, Jugendliche und Angehörige, die psychologische Hilfe benötigen. Hierzu hat SOS die Traumafachberaterin und Traumapädagogin Barbara Mühlenhoff sowie die Dolmetscherin und Psychologin Daria Stetsenko eingestellt. Sie haben ein Büro im Franziskushaus, kommen aber auch zu Betroffenen nach Hause, um dabei zu helfen, traumatische Folgestörungen in den Griff zu bekommen. Viele litten beispielsweise unter Schlaflosigkeit und Flashbacks, zudem sorgen sie sich um die Daheimgebliebenen. Finanziert wird die Traumahilfe von Aktion Mensch.

„Wir helfen allen“

Schönrock freut sich über die vielen Spenden von Schulen, Firmen, Stiftungen und Personen. „Viele wollen helfen.“ Auch das SOS-Kinderdorf selbst hat Geld zur Verfügung gestellt. Ganz wichtig dabei: „Wir schauen nicht darauf, woher Flüchtende kommen, sondern wir helfen allen“, betont Katrin Wißen, Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim SOS Kinderdorf.