Kreis Kleve. Nach Schützenfesten in Donsbrüggen und Zyfflich gab es mehrere Corona-Ausbrüche. Warum die Kreisverwaltung nicht informiert war.

Zwei Volksfeste, angeblich Hunderte Infizierte, die wahre Zahl kennt niemand. Die Schützenfeste in Zyfflich und Donsbrüggen blieben nicht ohne Folgen. Macht die Corona-Lage im Kreis Kleve wieder Sorgen? Die NRZ hörte sich um.

Auch der Bürgermeister ist nach dem Schützenfest erkrankt

„Den Bürgermeister von Kranenburg hat es selbst getroffen und auch das Wirtsehepaar“, weiß Joachim Jansen vom Kirmeskomitee Kranenburg. Es gab definitiv -zig Corona-Infizierte nach dem Fest in Kranenburg-Zyfflich. Trotzdem plant Janßen für den 12. bis 15. August die Kranenburger Kirmes. „Ich will das nicht verharmlosen, aber wenn der Staat selbst locker damit umgeht, sollte uns das nicht von einer Veranstaltung abhalten“, findet er. „Die Menschen wollen einfach wieder feiern. Im Moment gibt es keine Auflagen.“ Sogar im vorigen Jahr hatte Kranenburg die weit und breit einzige Kirmes unter hohen Sicherheitsauflagen gefeiert. „Letztes Jahr hatten wir nur Musik aus der Konserve . Dieses Jahr treten vier Bands live auf.“ Die freuten sich auf den Act ebenso wie das Publikum, vermutet Janßen. An allen vier Kirmestagen ist übrigens Eintritt frei.

Wenn Sie mich fragen, würdest du es nochmal so machen, würde ich sagen: Ja!

Auch nach dem Schützenfest in Donsbrüggen vom 26. bis 29. Mai mit viel Durchlüftung im großen Zelt gab es eine große Anzahl Infizierter. Und doch sagt der Vorsitzende der St. Johannes Bruderschaft Donsbrüggen, Helmut Lintzen: „Wenn Sie mich fragen, würdest du es nochmal so machen, auch mit dem Wissen um die Verantwortung? Würde ich sagen: Ja! Der Mehrwert nach zwei Jahren Pause ist unübertroffen.“ Seines Wissens seien nur diejenigen angesteckt worden, die vorher kein Corona hatten. „Wir Vereine leben von der Tradition des Königsschießens, Leben von gemeinsamen Treffen, Feiern vom Miteinander-Umgehen. Wir haben eine Menge älterer Mitglieder. Sie verkümmern sonst zu Hause“, sagt der Vorsitzende. Der Schützenverein aus dem Jahr 1532 hat zum Glück keine Nachwuchssorgen. Erstmals 34 Personen, alle zwischen 25 und 30 Jahren, stellen diesmal den Thron.

„Bei den Infizierten gibt es ja jetzt meist einen milden Verlauf“

„Bei den Infizierten gibt es ja jetzt meist einen milden Verlauf. Ich selbst war betroffen am Samstag und wenn ich nicht gewusst hätte, dass es Corona gibt, hätte ich gedacht, mich hat ein kleiner grippaler Infekt erwischt“, sagt der Mann, der dreifach geimpft ist. Er hatte auch die Gastvereine nach dem Fest über die große Zahl Corona-Erkrankter informiert und bei ihnen nachgefragt. „In Schottheide habe es ebenfalls infizierte Schützen, in Reichswalde nicht.“

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Beim Dorffest Donsbrüggen an Pfingsten wurde hauptsächlich draußen gefeiert. „Da ist die Ansteckungsgefahr gering“, sagt Mitorganisator Paul-Heinz Böhmer. Es weiß von keinen auffallenden Coroanzahlen in der Folge.

Tim Verfondern betreibt die Covid-19-Teststation in der Klever Innenstadt, Kavariner Straße. „Wir haben hohen Zuspruch, weil wir fachlich ausgebildetes Personal beschäftigen“, sagt er. Vor jeder Großveranstaltung wie einem Schützenfest hat er merklich mehr zu tun. „Zu einer Inzidenz lässt sich aber nichts sagen“, stellt er klar. Je weniger Leute sich testen lassen, umso höher steigt die Inzidenz im Verhältnis.

Keine Meldung an den Kreis und keine Kontaktlisten mehr

Das Kreisgesundheitsamt bekommt nicht immer Informationen geliefert. „Dem Kreis Kleve ist keine Veranstaltung in Zyfflich / Wyler als großes Ausbruchsgeschehen gemeldet worden“, antwortet Sprecher Benedikt Giesbers der NRZ auf Nachfrage. Wegen der Vorgaben des Landes NRW ist es bei Volksfesten und Veranstaltungen nicht mehr verpflichtend, eine Anwesenheits- beziehungsweise Kontaktliste zu führen. „Daher kann nicht nachvollzogen werden, wer eine Veranstaltung besucht hat“, so Giesbers. „Infizierte Personen haben nicht vermehrt darüber berichtet, dort gewesen zu sein.“

Die Fallzahlen steigen im Kreis Kleve aber aktuell an (wie berichtet). Hat das möglicherweise Auswirkungen auf weitere Volksfeste – Schützenfeste, Kirmessen, Parookaville? Werden Masken wieder verpflichtend? Immer mehr Supermärkte haben ihre Desinfektionsständer abgebaut. Kann und wird man sie von kommunaler Ebene aus erneut zu Vorsichtsmaßnahmen auffordern? Benedikt Giesbers sagt im Namen der Kreisverwaltung Kleve: Auf Volksfesten und bei Veranstaltungen mit vielen Menschen sei aufgrund der pandemischen Lage und des Verhaltens vieler Besucherinnen und Besucher weiterhin mit höheren Ansteckungsrisiken zu rechnen. „Die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes und der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes NRW setzen insbesondere auf die Vernunft und Eigenverantwortung aller.“ Das Gesundheitsamt und die Kommunen hätten aktuell keine rechtliche Handhabe, auf Volksfesten zum Tragen von Masken oder in Supermärkten zum Aufbau von Desinfektionsspendern zu verpflichten. „Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten“, so Giesbers.