Goch. Malermeister Jens ist ein Hammerhar(d)ter Werbeträger. Der Gocher ist mit Song und provozierenden Sprüchen auf Social Media unterwegs.
Den „Pinsel am Ohr“ hat der gerade 40 Jahre alt gewordene Gocher Malermeister Jens Hardt nur für das Foto der NRZ noch einmal umgehängt. Denn das gleichnamige Lied, das von ihm 2017 aus einer Bierlaune heraus als Werbesong für seinen Malermeisterbetrieb kreiert wurde, hat längst Kultstatus in seiner Fangemeinde – Eigenwerbung überflüssig. Zurzeit sorgt der rastlose Hardt eher mit seiner Kandidatur für den Titel „Mister Handwerk“ für Furore.
Und die Aussichten auf den Titel, der vom Zentralverband des Deutschen Handwerks vergeben wird, sind nicht schlecht. Beim Online-Voting steht Hardt auf Platz 1. Die Frist beim Voting läuft noch bis zum 8. Juni.
Für den Malermeister spricht als erstes seine fachliche Qualifikation. Aber auch die Berühmtheit, die der Mann mit dem Drang, seinem Ärger über hohe Spritpreise, Behördenwillkür, respektlose Jugend, mangelnde Azubis und schlechte Zahlungsmoral einiger Kunden lauthals Luft zu machen, mittlerweile erreicht hat. Ob auf Facebook, Instagram oder YouTube...
Das Video „Pinsel am Ohr“ sahen in der Erstauflage Millionen – neue Version aktuell
„Läuft“, lacht Hardt. Auf Facebook folgen ihm 17.000 Fans. Und das Video „Pinsel am Ohr“ sahen in der Erstauflage Millionen! Mittlerweile ist eine modernere Version aufgelegt worden, die auch schon weit mehr als 20.000 User sahen und hörten. „Aber ich bin kein Sänger. Da mach’ ich mir nichts vor. Wirklich nicht. Das hört ja auch jeder. Deswegen habe ich auch einem Plattenvertrag nicht zugestimmt, den man mir angeboten hat,“ so Hardt.
Lieber provoziert er mit Sprüchen und Meinungen. „Ich gehe schnell hoch, wenn mich was aufregt. Aber ich fahre auch genauso schnell wieder runter“, beruhigt er. Gerade erst ist er zur Mini-Demo gegen überteuerte Dieselpreise mit seinem Auto bis zur Kölner Domplatte gefahren. „Dauerte keine 20 Minuten, da war unter anderen die Bildzeitung da.“ Der Malermeister setzt sich gerne für andere Menschen ein, ist zwar direkt in seinen Äußerungen, aber nie nachtragend. Einer seiner Arbeitskollegen meint allerdings, dass sein Chef eher „zu gutmütig“ sei.
Einer, der sagt, was der denkt – „Ein dicker Bierbauch ist kein so schöner Anblick“
Viele Medien, auch Fernsehsender, lieben Hardt, der sagt, was er denkt. Immer. Und jetzt noch dazu ausgesprochen körperbetont auftritt. Das ist ihm wichtig – schließlich hat er sich mit viel Fleiß zur heutigen Form über drei Jahre hin trainiert. „Es herrscht bei vielen immer noch die Meinung, dass Handwerker alle dreckig sind und ihr Maurer-Dekollete zur Schau stellen“, ärgert sich der Gocher. „Ein dicker Bierbauch ist kein so schöner Anblick“, sagte sich Hardt dann nach einer Bandscheiben-OP vor einigen Jahren selbstkritisch. Denn da hatte er noch dreißig Kilogramm mehr auf den Rippen. Was er der NRZ auch umgehend auf einem alten Foto beweist. „Sieht heute anders aus“, lacht er und auch angezogen glaubt man ihm das sofort. Mit Sixpack und stattlicher Armmuskulatur ausgestattet würde er sich auch optisch im Handwerkskalender gut verkaufen können.
Schwer zu glauben, dass Hardt mit seinem Sport auch gegen eine Angststörung kämpft, die er nach dem Tod seines Vaters mit sich trägt. „Das ist schon hart. Verlustängste haben mich eine zeitlang völlig gelähmt. Jetzt habe ich das gut im Griff und atme sie weg“, betont der 40-Jährige.
„Ich will das Handwerk sexy machen“, definiert er sein jüngstes Ziel. Als Mister Handwerk könnte er das. Aber dazu muss er erst nach dem Abschlussvoting durch eine Jury nach dem 8, Juni zu den auserwählten Handwerkern gehören, die für das Kalendershooting in Frage kommen. Danach werden dann alle Kalenderstars zur Endausscheidung für den Titel Miss und Mister Handwerk zur Internationalen Handwerksmesse nach München eingeladen.
„Ich brauche weitere Mitarbeiter, die auch nicht zu bekommen sind“
rückenstraße seinen Malermeisterbetrieb Hardt mit 15 Mitarbeitern. „Die Auftragsbücher sind voll“, freut sich der Meister. „Aber es ist schwer, an Materialien, die immer teurer werden, zu kommen. Kalkulierbar sind die Preise auch für uns nicht mehr. Sie gehen durch die Decke. Und ich brauche weitere Mitarbeiter, die auch nicht zu bekommen sind.“ So ist er schon ganz froh über sein zweites Standbein: der Maler- und Paketshop (mit vier Diensten) „Hammerhardt“.
So gut wie heute lief es längst nicht immer. Jens Hardt erinnert sich an die schweren Zeiten. Als er nach der Hauptschule Maler wurde und dann in der Abendschule seine Fachoberschulreife nachholte. Dann traute er sich, nach drei Berufsjahren den Meister zu machen. „Das kostete viel, viel Geld und ich hatte eine junge Familie“, gibt er zu bedenken.
Ein Studium musste er abbrechen, Arbeit gab’s für den Meister nicht und er rutschte ab in Hartz IV. „Nicht übers Amt, sondern über die gelben Seiten fand ich dann einen Job in Düsseldorf. Und nach einem Jahr traute ich mich, in die Selbstständigkeit zu gehen. Das war wieder sehr, sehr hart. Meine drei Kinder habe ich nicht aufwachsen sehen, weil ich nie da war. Das hat meine Frau alleine gestemmt. Respekt“, gibt er zu.
Dafür macht aber gerade einer seiner Söhne bei ihm die Ausbildung zum Maler. Ein Hoffnungsschimmer für die Zukunft. Man könnte auch sagen: Hammerhardt.