Kreis Kleve. Eine neue Zählung offenbart, dass innerhalb von 16 Jahren die Kiebitzbestände im Kreis Kleve um bis zu 60 Prozent abgenommen haben.

Eine neue Veröffentlichung des Landesamtes für Natur (Natur in NRW 1/2022) dokumentiert den dramatischen Einbruch der Kiebitzbestände im Kreis Kleve. Die Autoren veröffentlichen die Zählungen aus dem Jahr 2020 und haben sie mit den Ergebnissen der letzten Zählung aus dem Jahr 2004 verglichen. Die Kiebitzbestände sind demnach im Kreis Kleve um bis zu 60 Prozent zurückgegangen. Besonders drastisch falle das Ergebnis im Bereich „Bylerwaard“ in Bedburg-Hau aus. Wurden viele Wiesen und Äcker 2004 von Vögeln noch genutzt, weist die aktuelle Erfassung kein Brutvorkommen mehr aus.

Schutzmaßnahmen reichen nicht aus

Der Fachbeitrag des Landesamtes für Natur ist ernüchtert. Dokumentiert er doch eindringlich, dass die in den vergangenen Jahren getroffenen Maßnahmen in den Schutzgebieten keine Wirkung gezeigt haben. Im Gegenteil: Der Rückgang des Kiebitz – und mit ihm sein Lebensraum – ist auffälliger denn je.

Im Jahr 2004 wurden im Kreis Kleve 1033 Kiebitzpaare gezählt. Da man damals allerdings nicht alle Bereiche bearbeitet hat, schätzte man den Bestand auf 1500 bis 1600 Paare. Bei der neuerlichen Zählung 2020 wurden 850 bis 950 Kiebitzpaare gezählt. Bezogen auf den Kreis Kleve stellen die Autoren fest, dass das Kiebitzvorkommen sich auf einige Bereiche konzentriert hat.

Die Vorkommen sind sehr unterschiedlich. In Kranenburg und Kleve ist im allgemeinen eine deutliche Abnahme der Brutpaare festzustellen. Im Bereich des Griethausener Altrheins gibt es kaum noch Kiebitze. Dafür sind weiter westlich in der Düffel zwei Gebiete stärker mit Kiebitzen besetzt als noch 2004. „Der weitaus größere Teil der im Jahr 2004 nachgewiesenen Revierpaare rund um Kleve konnte 2020 nicht mehr nachgewiesen werden“, schreiben die Autoren Mareike Büdding, Mona Kuhnigk, Stefan Sudmann und Stefan Wallney.

Deutliche Rückgänge in der Fläche

Deutliche Rückgänge könne man für Bedburg-Hau und Kalkar feststellen, ebenso für Emmerich und Rees. So haben die Kiebitze die einstigen Brutgebiete in Grietherort und Bienener Altrhein vollständig verlassen. Auch in Rheinnähe fehle die Art heute. „Auch im Naturschutzgebiet Hetter, dass 2020 am Stichtag der Synchronzählung mit 31 Revierpaaren pro Minutenfeld die zweithöchste Dichte im Kreis Kleve aufweist, ist eine Abnahme zu verzeichnen.“ 2004 habe es hier noch 52 Brutpaare gegeben.

In Uedem war der Kiebitz 2004 noch flächig vertreten, jetzt komme er nur noch vereinzelt vor. Deutliche Abnahmen gibt es auch in Goch, Weeze und Kevelaer.

Die Landschaft trocknet aus

Als mögliche Gründe für das Artensterben nennen die Autoren die intensive landwirtschaftliche Nutzung der Flächen, die Eutrophierung (Anreicherung von Nährstoffen) und Austrocknung der Landschaft, natürliche Räuber und die zunehmende Verbuschung von Saumstrukturen.

Der Kreis Kleve trägt eine hohe Verantwortung für den Kiebitz. Nur in den Kreisen Borken und Steinfurt gibt es noch mehr Kiebitze als im Kreis Kleve. Insgesamt leben hier 13 Prozent der landesweit vorkommenden Kiebitze im Kreis Kleve.

Weitere Schutzmaßnahmen seien notwendig

Um den Kiebitz - und damit verbunden seinen Lebensraum - zu retten, halten die Autoren weitere Schutzmaßnahmen für notwendig: Lokale Schwerpunktvorkommen müssten geschützt und mit speziellen Maßnahmen gefördert werden: „Dies ist zur Sicherung der Vorkommen unabdingbar, da ansonsten das Aussterben der Art im Kreis Kleve in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten droht“, so die Autoren.