Kreis Kleve. Fahrradhändler im Kreis Kleve hofften auf ein gutes Weihnachtsgeschäft. Der weltweite Rohstoffmangel sorgt aber für lange Wartezeiten.

Mit dem Fahrrad über die Emmericher Rheinpromenade radeln, mit dem E-Bike in die Niederlande fahren, oder doch eine Radtour in den archäologischen Park nach Xanten? Für Radfahrende bietet die Klever Region viele Ausflugsziele.

Wer sich kurz entschlossen ein E-Bike oder ein herkömmliches Fahrrad neben den Weihnachtsbaum stellen will, kommt aber womöglich zu spät. Aufgrund des weltweiten Rohstoffmangels herrscht auch bei Fahrradhändlern im Kreis Kleve Ebbe in den Lagern. Kunden, die sich ein elektrisch angetriebenes Fahrrad kaufen möchten, schauen deswegen nun oft in die Röhre - und müssen mit langen Wartezeiten rechnen.

Wartezeiten bis ins Jahr 2023 hinein

„Wir haben teilweise horrende Lieferengpässe bis zum kommenden Sommer“, verrät Markus Daute. In Kleve betreibt er den Laden Zweirad Daute. Beim Klever Fahrradspezialisten können sich Hobbyradler ihren elektrischen Drahtesel selber zusammenstellen. Wegen der globalen Materialknappheit kommt es aber zu weitreichenden Lieferschwierigkeiten.

Viele Radfahrer wollen nun elektrisch fahren, weil sie damit ihren Aktionsradius deutlich vergrößern.
Viele Radfahrer wollen nun elektrisch fahren, weil sie damit ihren Aktionsradius deutlich vergrößern. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Sowohl Komplett-Räder als auch Einzelteile seien je nach Marke, nur schwer zu bekommen, berichtet Daute. „Wir setzen bei uns auf das Baukastensystem. Kunden können ihr Rad oder ihr E-Bike individuell zusammenstellen. Aber weil in den Herstellerländern China und Kambodscha ebenfalls Teile fehlen, müssen Kunden sehr lange auf ihre Bestellungen warten. Aber das ist ein weltweites Problem.“

Die Nachfrage nach E-Bikes bleibt dennoch ungebrochen. Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) wurden im ersten Halbjahr diesen Jahres bundesweit 1,2 Millionen E-Bikes verkauft. Dass viele Menschen während der Corona-Pandemie ihre Leidenschaft für das Radfahren (wieder-) entdeckt haben, schlägt sich auch in Kleve nieder: „Wir haben mit Sicherheit 60 Prozent mehr Kunden als vor der Corona-Krise. Meine Kollegen und ich haben noch nie so viele Räder bestellt“, so der Ladenbesitzer.

Mittlerweile reiche die Liste mit Bestellungen bis ins Jahr 2023. „Wir können den Kunden aktuell einfach keine verbindlichen Liefertermine nennen, weil wir selber nicht wissen, wann Ware bei uns ankommt.“ Seine Kunden sollen daher Geduld mitbringen, auch wenn die gewünschte individuelle Zusammenstellung eines E-Bikes nicht immer klappen werde, kündigt der Ladeninhaber an.

Ersatzteile werden knapp

Für die Weihnachtszeit sieht sich Markus Daute trotz der derzeitigen Engpässe gut gerüstet. „Wir haben noch genug Räder im Laden. Außerdem haben wir eine Werkstatt, in der wir vielleicht den ein oder anderen Wunsch umsetzen können.“ Weil Daute und seine Mitarbeiter vor Ort auch Reparaturen durchführen, droht auch dort bald ein Leerlauf: „Wir haben ja auch viele Kunden, die bei uns nur ihr Rad reparieren lassen möchten. Aber auch Ersatzteile sind kaum bis gar nicht lieferbar.“

Fahrräder boomen enorm.
Fahrräder boomen enorm. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Zwar habe der Mechanikermeister noch Einiges im Lager, neue Ersatzteillieferungen seien bislang aber noch nicht eingetroffen. Bei Fahrrad Lörper in Goch wird es ebenfalls bald knapp, sagt Verkaufsleiterin Jenny van Meegen. „Man merkt, gerade beim Zubehör und den Ersatzteilen, dass aktuell eine Materialknappheit herrscht und nichts zu bekommen ist.“

Deswegen werden im Gocher Fahrradladen auch keine Angaben zum Lieferzeitpunkt der Waren genannt. Komplette Räder seien aber weiterhin vorhanden, verrät van Meegen: „Bei den Fahrrädern geht es tatsächlich, weil wir ein größeres Lager haben und dort auch noch Ware haben. Bei einigen Marken haben wir aber auch Lieferprobleme. Deswegen verkaufen wir dann auch verfügbare Ausstellungsstücke.

Stillstand bei elektrischen Teilen

Bei Zweirad Gertzen in Kranenburg-Nütterden spitzt sich die Situation in der Vorweihnachtszeit ebenfalls zu. „Die Lage ist total prekär, unser Lager ist wie leer gefegt. Und aktuell gibt es so gut wie nichts bei den Herstellern“, sagt Inhaber Ewald Gertzen. Über 100 Kunden stehen mittlerweile bei ihm auf der Warteliste. Wer beim Kranenburger Fahrradhändler ein E-Bike bestellt hat, muss lange Lieferzeiten in Kauf nehmen. „Bei kompletten E-Bikes und „normalen“ Fahrrädern gibt es zwischen drei und acht Monaten Wartezeiten.“

Wegen des Rohstoffmangels drohe bald auch ein Leerstand im gesamten Sortiment. „Vorbestellte Waren wie Reifen haben auch eine Mindestwartezeit von vier Monaten, Auch bei allen elektrischen Teilen herrscht Stillstand. Kleinmotorische Teile wie Zahnräder und Gummidichtungen werden ebenfalls knapp“, erklärt Gertzen.

Eine Besserung der Situation sei auch in absehbarer Zeit nicht in Sicht. „Aktuell herrscht ein riesengroßes Chaos was Bestellungen und Warenlieferungen angeht. Das Problem wird uns und auch anderen Händlern im ganzen Jahr 2022 begleiten, weil keine Rohstoffe vorhanden sind und kaum noch Teile produziert werden können“, glaubt Zweiradmeister Ewald Gertzen.