Goch-Hassum. Nicole Feldbusch hatte eine harte Kindheit und heute ein Herz für Alpakas und hilfsbedürftige Menschen. In Hassum gründete sie die Alpakawelt.

Das entzückte Erstaunen in den Gesichtern der Bewohner in den Altenheimen am Niederrhein ist immer riesig. Es kommt ja auch nicht alle Tage vor, dass einem in der zweiten oder dritten Etage einer Seniorenresidenz aus dem Aufzug Alpakas entgegen kommen. Gandalf und Pumbaa sind zwei von rund einem Dutzend dieser Kulleraugen-Tiere, die bei Nicole Feldbusch auf ihrem Hof in Hassum ein Zuhause gefunden haben. Und oft gemeinsam mit ihr Seniorenheime in der Region besuchen.

Nicole Feldbusch (36) und ihre fleißige Pflegetochter (14) haben schon unzähligen Menschen mit den sanftmütigen, plüschigen Tieren Lächeln in die Gesichter und ein Stückchen Glück in die Herzen gebracht. Ein Traumjob – für Mensch und Tier, so scheint es. Denn beim Besuch der Alpakawelt von Nicole Feldbusch am Bruchweg in Hassum machen Zwei- und Vierbeiner einen gleichermaßen zufriedenen Eindruck. Das war nicht immer so. Denn der Weg der Hausherrin bis hierher war eher steil und steinig. Die NRZ durfte einen Blick auf die bewegte Geschichte der agilen Frau werfen.

„Sie riechen so herrlich nach Karamell-Popcorn“, sagt Nicole Feldbusch über ihre Alpakas.
„Sie riechen so herrlich nach Karamell-Popcorn“, sagt Nicole Feldbusch über ihre Alpakas. © Anke Gellert-Helpenstein

Vor 36 Jahren wurde die Blondine in Krefeld-Uerdingen geboren. Bis sie acht Jahre alt war, lebte sie in Hüls, um dann mit der Familie nach Kervenheim zu ziehen. Die Wohnorte wechselten danach zwischen Hommersum, Goch, Hassum. „So viele Wohnorte, wie ich kennen lernte, so viele Schulen besuchte ich auch“, erinnert sich Nicole Feldbusch nicht gerne an ihre Kindheit und Jugend. Mit drei Geschwistern wurde sie mehr schlecht als recht groß und erlitt schwere seelische und körperliche Misshandlungen durch ihre eigenen Eltern. Zu den Geschwistern hat sie heute noch Kontakt, zu den Eltern nicht.

Misshandlungen in der Familie

Kurz vor ihrem 16. Geburtstag kam sie in die Obhut des Jugendamtes. Dann folgte der erste Freund, und es kam, wie so oft in solchen Fällen: Auch der Freund war nicht nett, sie verließ ihn, kam in einer vom Jugendheim Kevelaer betreuten Wohngemeinschaft unter, kehrte zum Freund zurück und scheiterte erneut mit der Beziehung, weil Misshandlungen die Regel waren. Es gab auch eine Zeit, in der sie eine eigene Wohnung hatte, sich mit vielen Jobs über Wasser hielt und die Berufsschule mit Realschulabschluss absolvierte und eine zweijährige kombinierte Ausbildung zur staatlichen Sozialhelferin machte.

„Aber ich war eben auch eine Zeitlang quasi wohnungslos. Das war eine echt miese und schwere Zeit“, gibt die heute selbstbewusste und im Leben angekommene Frau zu. Dabei wird sie den von ihr sehr geliebten Ziehvater Dieter van den Heuvel nie vergessen. „Er starb leider viel zu früh, aber ihm verdanke ich mein heutiges Leben. Er hat mir so sehr geholfen. Vorurteilslos. Uneigennützig.“

Das war eine neue Erfahrung für die junge Nicole Feldbusch. „Er hat mir damals eine Wohnung vermietet, einen Job gegeben und mir sogar finanziell unter die Arme gegriffen. Er war meine Familie. Er hat mir sogar diesen Hof hier am Bruchweg vermittelt und mir so zu einem echten Zuhause verholfen.“ Bei den Gedanken an ihren geliebten Ziehvater Dieter kommen der sonst so tough wirkenden Nicole Feldbusch die Tränen.

Gelernt im Haus am Heiligenweg

Zurück zum beruflichen Werdegang: „Ich habe auch bei einer niederländischen Zeitarbeitsfirma gearbeitet. Im Akkord. Das hab ich dann hingeschmissen und als Altenpflegehelferin im Haus am Heiligenweg in Goch gearbeitet. Da habe ich meinen Lebensgefährten Jörg vor fünf Jahren kennen gelernt“, verrät sie. Er unterstützt sie auch heute auf dem Hof, den sie gemeinsam restaurieren. „Am Heiligenweg habe ich dann nach drei Jahren auch die Ausbildung zur examinierten Kraft gemacht.“

Dann wechselte sie zur LVR-Klinik und dort in die Aufnahme der Forensik. Ein Job, der der jungen Frau bald zu gefährlich wurde – es folgte ein neuerlicher Wechsel in den ebenfalls erlernten Beruf als Erzieherin. Seit April 2020 hilft sie für einen Verein, der ihr Arbeitgeber ist, jungen Leuten bei der Verselbstständigung. Als sie 2019 auf den Hof am Bruchweg zog, wurde auch eine Projektstelle in Vollzeit für intensiv pädagogisch geförderte Kinder und Jugendliche im Verein frei. „Die Stelle bekam ich, und in diesem Rahmen lebt unsere Pflegetochter bei uns“, schildert Nicole Feldbusch.

Zum Hof gehörten von Anfang an Alpakas. Obwohl hier ursprünglich Pferde einziehen sollten. Aber Nicole Feldbusch hatte sich die plüschigen Leisetreter auf einem anderen Hof angeschaut – und Pferde waren Geschichte. Denn sie hatte eine Warnung nicht beachtet: „Schau einem Alpaka nie zu tief in seine großen Augen, sonst ist es um dich geschehen.“ Zu spät. „Außerdem riechen sie so herrlich nach Karamell-Popcorn“, sagt Feldbusch lachend. Die kleinen Alpakas stahlen ihr Herz mit einem einzigen Blick und ihrem Duft.

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Die „Delfine der Weiden“

Friedfertig sind die Vierbeiner von der kunterbunten Alpaka-Welt aus Goch-Hassum übrigens in erster Linie, weil Nicole Feldbusch die Tiere regelmäßig trainiert und mit ihnen artgerecht arbeitet. Denn Alpakas sind eher scheue Fluchttiere, die sich nur anfassen oder gar umarmen lassen, wenn sie die Personen kennen und mögen. Da spiegeln sie ihre Besitzerin wieder, die andere Menschen auch nicht einfach an sich heran lässt.

„Mittlerweile weiß man um die vielen positiven Einflüsse, die diese Tiere auf Menschen haben. Alpakas sind extrem sensibel und empathisch. Das bin ich übrigens auch. Aber ich bin nicht so geduldig“, meint Feldbusch mit einem Lachen. „Nicht umsonst werden die kleinen Andentiere auch als ‚Delfine der Weiden‘ bezeichnet“, weiß die Frau, die sich mittlerweile zu einer echten Alpakaflüsterin entwickelt hat und gerne auch anderen den Umgang mit den kostbaren Woll-Lieferanten auf ihrem Hof näher bringt. Gandalf, Pumba, Olaf, Monte, Balou, Pluto, Bambi oder Sid und Co. bekommen demnächst auch weiteren Zuwachs: Der Hof am Bruchweg nimmt Alpaka-Einstaller auf.

Am Sonntag, 3. Oktober, können Interessierte von 13 bis 17 Uhr im Rahmen eines kleinen Tags der offenen Tür die Alpakas auf dem Hof am Bruchweg 72 in Goch-Hassum besuchen. Kontakt: 0177/7199570, E-Mail: Alpakawelt@gmx.net