Kleve. Die Hochschule Rhein-Waal und die Nabu-Naturstation entwickeln schwimmende Pflanzeninseln, um den Spoykanal endlich vom Algenbewuchs zu befreien.

Der schwimmende Holzkasten sieht aus wie eine überdimensionierte, sechseckige Bienenwabe. Mit zwei Personen ist der leichte Bausatz schnell vom Anhänger ins Wasser gehievt. Hannes Jaschinski (33) hat vier Wasserpflanzen hineingesetzt: Die Wasser-Minze, den Rohrkolben, ein Blutweiderich und ein Wasser-Ehrenpreis. Alles heimische Pflanzen, die in Kürze ihre Arbeit im Spoykanal aufnehmen sollen. Die Wasserpflanzen werden auf der „schwimmenden Insel“ wachsen und damit überschüssige Nährstoffe aus dem Wasser ziehen. Auf diese natürliche Art sollen die Pflanzen der Algenblüte im Spoykanal endlich ein Ende bereiten.

Dicker Algenteppich auf dem Kanal

Die schwimmende Insel in Wabenform. Zehn Elemente sollen im Wendehafen platziert werden.  
Die schwimmende Insel in Wabenform. Zehn Elemente sollen im Wendehafen platziert werden.   © NRZ | Andreas Gebbink

Die Stadt Kleve hat bereits eine Menge ausprobiert und diskutiert, um das Wasser im Kanal von Algen zu befreien. Mehrmals im Jahr liegt ein dicker, grüner Teppich auf dem Wasser, der in seiner vollen Ausprägung nicht nur ekelig anzuschauen ist, sondern auch ganz schön riecht. Für das Umfeld zwischen Königsgarten und Hochschule ist das keine schöne Sache. Und auch die Ruderer können sich angenehmeres vorstellen, als eine dicke Algenpampe vom Skull zu entfernen. Das schön Ziele „Kleve am Wasser“ wird erst dann richtig Erfolg haben können, wenn der Spoykanal nicht mehr als „Kloake“ wahrgenommen wird.

Graskarpfen waren einst eine Idee, die allerdings bis heute nicht zum Tragen gekommen ist. Währenddessen ist der Tuxor, ein kleines Amphibienfahrzeug der Klever Umweltbetriebe, regelmäßig im Einsatz, um die schlimmsten Algenbestände zu entfernen.

Wasserpflanzen sollen die Arbeit verrichten

Wasserminze, Flatterbinse, Blutweiderich, Rohrkolben, Wasser-Sumpfkresse und Wasser-Ehrenpreis sollen im Spoykanal zum Einsatz kommen.  
Wasserminze, Flatterbinse, Blutweiderich, Rohrkolben, Wasser-Sumpfkresse und Wasser-Ehrenpreis sollen im Spoykanal zum Einsatz kommen.   © NRZ | Andreas Gebbink

Die Hochschule Rhein-Waal möchte jetzt in enger Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund den Wasserpflanzen eine Chance geben. In einem gemeinsamen Projekt haben das „Green FabLab“ der Hochschule und die Nabu-Naturschutzstation in Rindern mehrere Prototypen von hölzernen Schwimmkörpern erarbeitet, die bald im Verbund in Höhe des Wendehafens eingesetzt werden sollen. Hannes Jaschinski hat sie entworfen.

Der 33-jährige Bioniker aus Kleve erklärt, dass die ausgesuchten Wasserpflanzen alle heimischen Ursprungs sind und viel Nährstoffe benötigen. Das Projekt soll Aufschluss darüber geben, welche Pflanzen sich besonders gut eigenen und schnell wachsen. Den Anfang möchte man auf einer Fläche von zehn Quadratmetern machen: „Damit retten wir noch nicht den Spoykanal, aber wir erhoffen uns wichtige Erkenntnisse über die Wirkungsweise der Pflanzen“, so Jaschinski.

Das Projekt ist auch auf andere Gewässer übertragbar

Die Holzwaben sind gefüllt mit sehr leichtem Holzglasschotter. Ein Dämmstoff, der biologisch abbaubar ist und durch das Einbringen von Luft in geschmolzenes Glas gewonnen wird.

Die Inseln wurden von Jaschinksi am Computer entworfen und mit Hilfe einer CNC-Fräse am Hochschulstandort in Kamp-Lintfort ausgeschnitten. „Mein Part liegt eindeutig auf dem technischen Teil. Die Expertise zu den Pflanzen kommt von der Naturschutzstation“, erklärt Jaschinski. Sollte das Projekt im Spoykanal erfolgreich sein, könnte man diese Inseln auch in anderen Gewässern als Filter nutzen.

Der Tuxor ist mit der Entfernung von Algen beschäftigt. 
Der Tuxor ist mit der Entfernung von Algen beschäftigt.  © NRZ | Andreas Gebbink

Damit man für den Kanal einen Effekt erzielen kann, müsste man mindestens 50 Quadratmeter mit den Inseln bedecken, so Jaschinski. Allerdings sollen sie auch nicht die Wassersportler behindern, daher möchte man die Pflanzenschiffchen erst im Wendebecken ausprobieren. Für weitere Inseln gibt es Ideen im Bereich des Kermisdahls. Durch ein Gewicht werden die Holzkästen an einer Stelle justiert, sodass sie nicht im Wasser herumtreiben.

Ein Kampf zwischen Algen und Wasserpflanzen

Der junge Bioniker rechnet damit, dass es einen jährlichen Kampf zwischen Algen und Wasserpflanzen um die Nährstoffe geben wird. Auf den Inseln sollen die Pflanzen üppig wachsen und damit auch die fehlende Uferbepflanzung des Spoykanals kaschieren. Die Spundwände werden von Wasserminze und Blut-Weiderich bedeckt und idealerweise bieten die Pflanzen Insekten, Fischbrut, Libellen und Vögeln einen neuen Lebensraum. Wenn die Wasserpflanzen in die Höhe schießen, bleiben weniger Nährstoffe für die Algen – so die Idee.

Hier gibt es mehr Artikel und Bilder aus Kleve und Umland%7besc#225921483}[teaser]Welche Pflanzen gut wachsen, hängt auch von der Wassertemperatur ab. Im Spoykanal herrschen im Sommer an manchen Stellen tropische Wassertemperaturen. Durch den heißen Asphalt heizt sich bei Regen das Abwasser der Straßen auf bis zu 80 Grad auf. Wenn es in den Kermisdahl eingeleitet wird, steigt die Temperatur des Kanals im Sommer auf bis zu 25 Grad, berichtet Jaschinski aus einem jüngst vorgestellten Bericht der Stadt Kleve. Im Winter ist das Wasser entsprechend deutlich kälter - mit diesen starken Temperaturschwankungen müssen robuste Pflanzen auskommen können.

Pflanzen müssen regelmäßig geschnitten werden

Das Projekt

Das Projekt „Schwimmende Inseln“ wird von der Europäischen Union und der Kurt-Lange-Stiftung finanziell unterstützt. Die Kosten belaufen sich auf 66.000 Euro.

Darin enthalten sich auch die Entsorgungskosten der Wasserpflanzen. Wasserminze, Flatterbinse, Blutweiderich, Rohrkolben, Wasser-Sumpfkresse und Wasser-Ehrenpreis sollen im Spoykanal eingesetzt werden.

Die Umsetzung des Projektes soll zeitnah erfolgen, wenn die Gelder der Kurt-Lange-Stiftung bewilligt worden sind.

Einmal im Jahr müsse man dann die Pflanzen schneiden, die im Pflanzengrün gebundenen Nährstoffe quasi abernten. Die Pflanzenreste sollen dann biologisch kompostiert werden.

Um der Idee Flügel zu verleihen, hat Bianca Paschen ein Start-Up gegründet: „Ways4Water“. „Unser Produkt hilft nicht nur dabei, die Wasserqualität zu verbessern. Gleichzeitig verschönern wird die Gewässerflächen und erhöhen die Aufenthaltsqualität am Wasser für Anwohner und Besucher“, so Paschen.