Kleve. Eine Ausstellung im Euregio-Forum in Kleve zeigt die Geschichte der deutsch-niederländischen Bahnverbindungen. Es gibt gespielte Szenen in 3D.
Der Kaiser war auch schon da. Natürlich. Die Eisenbahn war schließlich das Verkehrsmittel der Wahl, auch für den Kaiser. 1909 besuchte er niederländische Adlige, man traf sich im Salonwagen. Als Besucher der neuen Ausstellung im Euregio-Forum in Kellen kann man dabei sein. Live. Man kann sich umsehen, den Gesprächen lauschen und unverfroren die Barttracht begaffen. Eine kleine Schauspiel-Szene, natürlich, aber eingefangen mit einer 360-Grad-Kamera. Mittels VR-Brille wirkt es, als stünde man dabei.
„Eine deutsch-niederländische Geschichte auf Schienen“ ist der Titel der Ausstellung. Elf Museen, kunsthistorische Institutionen und Universitäten beiderseits der Grenze haben zusammengearbeitet. „Sie haben gemeinsam eine Perspektive auf die Geschichte unserer Region gefunden“, freut sich Heidi de Ruiter von der Euregio Rhein-Waal. Grundlage ist das Projekt „Die Geschichte von Krieg und Freiheit ohne Grenzen“, das im Rahmen eines EU-Projektes seit einigen Jahren durchgeführt wird. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann, ist die aktuelle Ausstellung.
Gemeinsame Eisenbahngeschichte
Was sieht man? Da sind einmal ein 20-minütiger informativer Eröffnungsfilm. Dazu gibt es zahlreiche Informationstafeln zu einzelnen Aspekten der gemeinsamen Eisenbahngeschichte zwischen 1874 und 1945. Warum ausgerechnet dieser Zeitraum? „Ausgangspunkt ist die Ruine der Eisenbahnbrücke in Wesel“, erläutert Felix Hildebrand vom LVR-Niederrheinmuseum Wesel. 1874 weihte man sie ein, da war sie die längste Eisenbahnbrücke Europas. Und 1945 sprengte die Wehrmacht sie beim Rückzug. Dazwischen gab es mehrere Bahnstrecken, darunter die bedeutende Boxteler Bahn, die England mit Zentraleuropa verband. „Es war zeitweise die schnellste Ost-West-Verbindung in Europa“, sagt Hildebrand.
Die Eisenbahn brachte Waren und Post quer durch Europa, sie bot den Vermögenden aus Ost und West eine bequeme Reisemöglichkeit, und mit der Zeit nutzten auch die normalen Menschen aus grenznahen Regionen die Bahn. Etwa während des sogenannten Kulturkampfes in Bismarck-Zeiten oder während des Prozessions-Verbots in den Niederlanden. Da reisten die Niederländer mit dem Zug zur Wallfahrt nach Kevelaer. Da ist die Geschichte der Eisenbahn plötzlich auch eine Geschichte des Staatsverständnisses und der Frage nach der Stellung von Religion in der Gesellschaft. Ziemlich aktuell.
Zweisprachige Ausstellung
Neben den Spielszenen mit dem Kaiser haben die Ausstellungsmacher daher auch Wallfahrer in einem Sonderzug nach Kevelaer nachstellen lassen. Außerdem gibt es eine Szene, die im Jahr 1923 spielt. Die Hyperinflation in Deutschland ermöglichte Niederländern, für umgerechnet einen Gulden nach Berlin zu fahren. Und 1939 sieht man eine jüdische Familie aus Goch, die ihre Kinder in die Niederlande schickt, in die vermeintliche Sicherheit.
Die Ausstellung ist komplett zweisprachig. Denn sie wird von Kleve aus weiterziehen in andere deutsche und niederländische Städte. Für die Finanzierung haben neben der Europäischen Union auch das Wirtschaftsministerium NRW sowie die niederländischen Provinzen Gelderland und Limburg gesorgt.
Die Ausstellung ist im Euregio-Forum, Emmericher Straße 24, vom 12. Juli bis zum 13. August zu sehen. Öffnungszeiten sind montags bis donnerstags zwischen 9:30 Uhr und 16:30 Uhr sowie freitags bis 13 Uhr. Eine Anmeldung ist erforderlich, telefonisch unter (02821) 79300 oder per E-Mail an info@euregio.org.