Kreis Kleve. Elmar Hannen hat 8 Jahre lang seinen Hof biologisch geführt und musste dies einstellen. Jetzt will der Kreis die Öko-Landwirtschaft neu fördern.

Der Weg zur Biolandwirtschaft ist beschwerlich. 1995 stellte Elmar Hannen aus Kleve-Reichswalde voller Elan seinen Milchviehbetrieb an der Engelsstraße um. 140 Tiere sollten künftig nach ökologischen Kriterien gehalten, gefüttert und versorgt werden. Die gesamte Kette der landwirtschaftlichen Produktion baute Hannen um. Doch acht Jahre später musste er damit aufgeben: Die höheren Preise für Milch- und Fleischprodukte ließen sich am Markt nicht durchsetzen.

Bioanteil fast verzehnfachen

Frische Milch ab Hof: Durch eine regionale Vermarktung sehen Landwirte noch Überlebenschancen.
Frische Milch ab Hof: Durch eine regionale Vermarktung sehen Landwirte noch Überlebenschancen. © NRZ | Andreas Gebbink

Das Beispiel Hannen zeigt, welch dickes Brett die Kreise Kleve und Wesel zu bohren haben, wenn sie am unteren Niederrhein den Anteil der Biolandwirtschaft auf 20 Prozent anheben wollen (wir meldeten dies gestern). Aktuell werden in beiden Kreisen zusammen nur 2,4 Prozent der Flächen nach ökologischen Kriterien bewirtschaftet. Das heißt unter anderem: Es werden keine zusätzlichen mineralischen Dünger ausgebracht und keine Unkrautvernichtungsmittel, zudem beschränkt sich der Viehbestand auf zweieinhalb Tiereinheiten pro Hektar, und es wird insgesamt eine nachhaltige Produktionsweise nachgewiesen.

Die beiden Kreise wollen diese Art der Landwirtschaft gerne ausbauen und wurden dafür vom Land jetzt als Öko-Modellregion in NRW benannt. Der Niederrhein wird quasi zum Versuchslabor für eine regionale und nachhaltige Landwirtschaft.

Auf die Produktionskosten der Landwirte Rücksicht nehmen

Bauer Elmar Hannen findet diese Entwicklung erst einmal grundsätzlich gut, auch wenn er selbst seine Öko-Ambitionen 2003 wieder einstellen musste. Er ist sich sicher, dass man vor allem eine regionale Wertschöpfungskette aufbauen muss. Dies sei nachhaltig und klimafreundlich. Die vollmundigen Versprechungen des Lebensmitteldiscounters Aldi, künftig nur noch die Haltungsformen 3 und 4 zu verkaufen, sieht er skeptisch: Denn Aldi wolle seine Preise nicht wesentlich anpassen: „Die Preisgestaltung der Discounter nimmt auf die Produktionskosten der Landwirte keine Rücksicht“, beklagt Hannen.

Es kommt auf das Marketing an

Und gerade darauf komme es ja an. Aktuell produziere er Lebensmittel für 40 Cent je Liter, müsse sie aber zu 30 Cent verkaufen. „Das geht so nicht mehr weiter“, klagt Hannen. Er zweifelt mittlerweile sogar daran, ob man überhaupt unbedingt Bio produzieren muss, um eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern: „Die Biomilch bei Lidl kostet 99 Cent. Die Bärenmarke, die mal so gar nichts mit Bio zu tun hat, sondern nur mit einem Bärchen, das Milch auf einer Alpenwiese verschüttet, kostet 1,10 Euro. Es kommt also auf das geschickte Marketing an“, sagt Hannen.

Er selbst hat sich jetzt auch regionale Absatzmärkte geschaffen. Auf seinem Hof gibt es eine Milchtankstelle, und mit den örtlichen Edeka-Händlern Schroff und Kusenberg habe er Verträge. Mit den Händlern spricht er ab, welche Lebenshaltungsformen und Fleischqualitäten sie wünschen, und kalkuliert dazu den passenden Preis. So kommt man ins Geschäft -- auch ohne Ausbeutung und Selbstaufgabe.

Strukturen wieder aufbauen

Damit das Projekt „Öko-Modellregion“ auch erfolgreich wird, müssen auch regionale Strukturen geschaffen werden, stellt Elmar Hannen fest. Schlachtereien, Käsereien, Molkereien seien in den vergangenen Jahren reihenweise geschlossen worden. Dies gelte es wieder mühsam aufzubauen.