Kreis Kleve/Niederlande. Seit den 90er-Jahren arbeiten deutsche und niederländische Kliniken eng zusammen. Zu den Erfolgsgeschichten gehören die Trauma-Helikopter.

Wenn man auf fünf Jahrzehnte Euregio Rhein-Waal zurückblickt, bedeutet diese Geschichte des Zusammenwachsens beider Seiten der Grenze auch einen Blick auf die Entwicklung der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung zu werfen. Thea Remers koordiniert die entsprechenden Projekte seit 1997.

Blick auf das St.-Antonius-Hospital Kleve aus der Luft.
Blick auf das St.-Antonius-Hospital Kleve aus der Luft. © KKLE | KKLE

„Es hatte schon zwei Jahre zuvor eine Machbarkeitsstudie gegeben, unter Beteiligung der AOK Rheinland-Hamburg, der Katholischen Karl Leisner Kliniken Kleve, der Radboudklinik Nimwegen und der niederländischen Krankenversicherungsträger CZ Zorgverzekeraar und VGZ“, erinnert sie sich an die Anfänge. Inzwischen gebe es ein Netzwerk von 50 Krankenhäusern, Organisationen wie den Ärztekammern und Versicherungen. Dreimal im Jahr werden seither Projekte initiiert und besprochen. „Eine gute Gelegenheit sich kennenzulernen“, sagt Remers. „Ziel war und ist es, die grenzüberschreitende Versorgung zu optimieren und zu ermöglichen, Ärzte beiderseits der Grenze aufsuchen zu können“, erklärt sie.

Ein sichtbarer Erfolg

In den Niederlanden habe es zum Beispiel lange Wartezeiten bei Augenärzten und anderen Fachärzten gegeben. 2004 beispielsweise wurde das Projekt „Grenzüberschreitender Einsatz der Trauma-Helikopter“ ausgeführt. „Das war ein großer und für die Bevölkerung auch sichtbarer Erfolg“, meint die Koordinatorin. „Unsere Gesundheitssysteme sind sehr unterschiedlich. Da können und müssen wir voneinander lernen.“

Die Universitätsklinik UMC Radboud in Nimwegen.
Die Universitätsklinik UMC Radboud in Nimwegen. © NRZ | AG

In den letzten Jahren habe man Kontakte zwischen Radboud-Klinik und der Uniklinik Düsseldorf aufgenommen. Auch eine enge Zusammenarbeit zwischen der Nimweger Klinik und der LVR-Klinik Bedburg-Hau gebe es. Krankenhäuser in Emmerich, Moers und Krefeld beteiligen sich an mit Hilfe der Euregio angestoßenen Projekten.

Studien zu Bluthochdruck

So wurde zwischen 2016 und 2019 eine deutsch-niederländische Studie zu Bluthochdruck bei Schwangeren der Kardiologin an der Radboud, Prof. Dr. Angela Maas, begleitet. Entwickelt wurde zudem eine digitale Methode, um Frauen nach Krebserkrankung oder bei Depressionen zu betreuen. Mehrere Kliniken in der Region beteiligten sich an diesen Projekten.

Patienten profitieren von der Zusammenarbeit zwischen Katholischem Karl-Leisner-Klinikum und Radboud Uniklinik im Bereich der plastischen Chirurgie. Seit 2016 arbeitet man hier unbürokratisch zusammen. Auch dies nach dem Ende eines erfolgreichen Euregio-Projektes. Die Kinderklinik des Klever St. Antonius-Hospitals steht in gutem Kontakt mit den Kinderkliniken der Radboud. „Es gibt viele Beziehungspunkte“, freut sich Thea Remers. „All diese Projekte brauchen Zeit, aber jedes von ihnen ist bisher ein Erfolg gewesen“, zieht sie eine positive Bilanz.

Wichtige Kooperationen wurden eingegangen

Dr. Christoph Baumsteiger, Chefarzt der Neurologie an der LVR-Klinik Bedburg-Hau, hält Aufnahmen eines Gehirns in den Händen und Thea Remers von der Euregio.
Dr. Christoph Baumsteiger, Chefarzt der Neurologie an der LVR-Klinik Bedburg-Hau, hält Aufnahmen eines Gehirns in den Händen und Thea Remers von der Euregio. © NRZ | Claudia Gronewald

Das gilt auch für die LVR-Klinik Bedburg-Hau. „Wir haben 2004 mit der wichtigen Kooperation begonnen“, berichtet der Chefarzt der Neurologie, Dr. Christoph Baumsteiger. Er sei sehr dankbar, dass Euregio und AOK das Projekt unterstützten und lobte insbesondere die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Nimweger Neurochirurgen Dr. Jeroen Boogaarts bei der Behandlung von Schlaganfall-Patienten. Von den 920 dieser Patienten in 2019 seien 20 so schwer erkrankt, dass sie nach Nimwegen verlegt werden mussten. „Von der Kooperation mit Nimwegen zur Durchführung der sogenannten mechanischen Thrombektomie (Entfernung eines Blutgerinnsels aus einem Blutgefäß) profitieren die Menschen dramatisch“, so Baumsteiger.

Der Faktor Zeit sei bei einem Schlaganfall ganz entscheidend. „Die Kliniken in Essen oder Düsseldorf wären so schnell einfach nicht erreichbar.“ Der ländliche Raum sei hier benachteiligt. Die Zusammenarbeit werde deshalb weiter verbessert. „Patienten von überall in der Region werden nach Nimwegen geschickt,“ weiß der Chefarzt. Zukünftig solle dies auch für die schnelle Datenübertragung gelten. Denn auch hier geht es um Zeit: „Wir müssen die Daten schnell und vollständig zur Verfügung haben und in die Niederlande weiterleiten können.“ Entsprechende Portale würden dafür gerade getestet.

„Gleichzeitig arbeiten wir daran“, ergänzt Baumsteiger, „dass die Behandlung keine Einbahnstraße bleibt und nehmen deutsche Patienten nach ihrer Akutbehandlung etwa zur Rehabilitation zurück.“

Gute Kontakte bewähren sich

Gerade in der Coronazeit hätten sich diese guten Kontakte bewährt, betont Thea Remers. „Als es in den Niederlanden in 2020 nicht genug Intensivplätze gab, wurden die Menschen auf dem kurzen Weg in Deutschland aufgenommen.“

Natürlich gibt es auch Probleme. „Der grenzüberschreitende Einsatz von Krankenwagen bleibt ein schwieriges Thema, seine Genehmigung ist ein großes Ziel“, so Remers. Erlaubt sei bisher lediglich der Helikopter. „Auf deutscher Seite ist immer noch der Datenschutz problematisch. Das Thema steht immer wieder auf der Tagesordnung.“