Kreis Kleve. 50 Prozent aller Kreis Klever Einwohner und dabei 80 Prozent aller Senioren haben ein Anrecht auf eine sozial geförderte Wohnung. Bedarf steigt.
Menschen brauchen bezahlbaren Wohnraum. Weil das ein Grundpfeiler sozialer Daseinsvorsorge sei, engagiert sich neuerdings die Kreis Kleve Bauverwaltungs-Gesellschaft Kreis Kleve dafür. Ein Haus mit 28 Wohnungen in Goch macht den Anfang, Issum, Rheurdt, Kerken und Straelen folgen. Das stellte Landrat Wolfgang Spreen jetzt der Öffentlichkeit vor.
Wie die Hälfte aller NRW-Kreise hatte sich auch der Kreis Kleve nicht in der Wohnungswirtschaft engagiert. Er tat es 2018 auf Spreens Wunsch und Kreistagsbeschluss. „Denn die Marktstörung ist durchaus nachhaltig“, sagt Spreen. Störung bedeute, dass sich das Problem über ein bis zwei Jahrzehnte zieht, erklärte er. Den neuen Geschäftszweig baute Bettina Keysers als Geschäftsführerin auf. Sie stellte sich bei allen Bürgermeistern, Banken, bei Bauträgern und Architekten vor und erklärte den Auftrag: „Wir sind keine Konkurrenz.“
Der Bedarf ist schon groß – und der Kreis Kleve ein attraktives Zuzugsgebiet
Der Bedarf ist groß, besonders an Wohnungen bis 50 Quadratmeter für Einzelpersonen und ab 90 qm für zwei. Die Zahl öffentlich geförderter Bestands-Mietwohnungen geht rapide zurück, zeigte Spreen anhand einer Grafik (Gründe: Antragsverfahren kompliziert, Bauzinsen niedrig). Die NRW.Bank prognostiziert 2019, dass der Bestand an preisgebundenen Wohnungen im Kreis Kleve bis 2030 um 35,7 Prozent sinke – das entspricht etwa 1800 Wohnungen. Das werde wohl nicht durch Neubauten kompensiert. Der Kreis ist attraktives Zuzugsgebiet.
Der Kreis Kleve hatte fürs neue KKB-Standbein in 2018 eine Wohnungsmarktanalyse erstellen lassen. Tendenziell werde die Suche für Menschen, die preiswerten Wohnraum brauchen, „sehr, sehr viel schwieriger“, so Spreen. Er räumt mit dem Vorurteil auf, dass es sich um eine Randgruppe handele. „50 Prozent der gesamten Bevölkerung aus dem Kreis Kleve und 80 Prozent aller hiesigen Senioren haben ein Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein (unter 19.350 Euro Jahreseinkommen für Einzelperson, 23.310 Euro für zwei).
Appell an Kommunen, das in die Bauleitplanungen aufzunehmen
Landrat Spreen appelliert dringend an die Kommunen, sich aktiv an der Schaffung öffentlichen Wohnraums zu beteiligen und mit der KKB zusammen zu arbeiten. „Stellen Sie ausreichend Bauland für Mehrfamilienhäuser zur Verfügung und nehmen es in Ihre Bauleitplanungen auf!“ Es sei Aufgabe der Kommunen, vor Ort für mehr Akzeptanz für die öffentliche Wohnraumförderung zu werben. „Das ist keine Sache von fünf Jahren. Ziel ist ein nennenswerter Zuwachs von Hunderten Wohnungen in den nächsten zehn bis 15 Jahren,“ so Spreen. Dazu braucht es mehr Grundstücke und Häuser von Kommunen, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Privatleuten, zu niedrigen, fairen Preisen. Auch Abriss alter Häuser sei denkbar, „aber nur, wenn es sich rechnet. Wir wollen nicht daran verdienen, aber verlieren wollen wir auch nicht. Wir machen keine Städtesanierung“, macht der Landrat klar.
Sozialwohnungsbau zu unterstützen, zahle sich für die Städte und Gemeinden auch aus, denn sie tragen für SGB-II-Bezieher die Hälfte der Kosten der Unterkunft, die andere Hälfte der Kreis – insgesamt jährlich 30 Millionen Euro.
Die KKB kann erste Erfolge vorweisen. Bislang wurden elf Millionen Euro investiert. Der KKB habe zum Glück Hochbau, Planung und Baubetreuung unter einem Dach.
Baubeginn in Goch und in weiteren Gemeinden vorerst im Südkreis
Den Anfang machte der Neubau von 28 Wohnungen in Goch an der Mittelstraße, im Mai 2021 bezugsfertig. Darauf gibt es bereits 58 Bewerber, ohne dass Werbung gemacht worden wäre. Weitere zehn Wohnungen werden in Issum neu gebaut (zwei rollstuhlgerechte, 14 Anfragen), Erstbezug im Oktober 2021. In der Planung stecken der Neubau von zehn öffentlich geförderten Wohnungen in Rheurdt. Die KKB erwarb Grundstücke und Immobilien in Kerken, Rheurdt und Straelen. Kurzfristig stünden 75 Wohneinheiten bereit, weitere 90 entstehen bis 2025. Anreize müssten bedarfsorientiert geschaffen werden, vielleicht auch durch Quotenregelung für öffentlich geförderten Wohnungsbau oder günstige Erbbaupacht, so Spreen.