Kranenburg. Der Kranenburger Bürgermeister und der Eigentümer der Halle waren über die Vorgänge nicht informiert. Das THW baute die Anlagen ab.

In direkter Nähe des Ortszentrums von Kranenburg haben Kriminelle fast vier Jahre lang illegal Zigaretten produziert (wir berichteten). Der entscheidende Hinweise zur Ergreifung der Täter kam von der polnischen Polizei. Wie konnten das verbrecherische Treiben am Ort des Geschehens so lange unentdeckt bleiben? Warum wurde niemand misstrauisch?

Gewerbe seit 2017 abgemeldet

In dieser Halle wurde die Zigarettenfabrik betrieben.
In dieser Halle wurde die Zigarettenfabrik betrieben. © Marc Cattelaens

Bürgermeister Günter Steins erkundigte sich am Mittwoch bei Mitarbeitern seiner Verwaltung, was man über die Liegenschaft in dem kleinen, zentrumsnahen Gewerbegebiet weiß. „2017 wurde durch den Eigentümer der Halle ein Gewerbe abgemeldet“, sagt Steins. Er und die Verwaltungsmitarbeiter seien davon ausgegangen, dass die Halle anschließend auch nicht mehr gewerblich genutzt wurde. „Wir dachten, dass in der Halle lediglich Stellplätze zur Unterbringung von Wohnmobilen oder Wohnwagen vermietet wurden“, sagt Steins. Hinweise auf kriminelle Machenschaften in der Halle habe die Verwaltung zu keinem Zeitpunkt erhalten. „Dem wären wir natürlich sofort nachgegangen“, betont Steins.

In der Zigarettenfabrik wurden laut der Zollfahndung in Essen beim Zugriff sechs Tonnen Tabak, Filter- und Zigarettenpapier, Umverpackungen und elf Millionen Zigaretten entdeckt. Zudem verließen zehn Millionen Zigaretten Woche für Woche die Fabrikhalle. So etwas verlangt eine umfangreiche Logistik. Dennoch sei der Verwaltung nie aufgefallen, dass in der Halle jahrelang umfängliches kriminelles geschäftliches Treiben vor sich gegangen ist, so Steins. „In dem kleinen Gewerbegebiet fahren auch regelmäßig Lkw zu anderen Betrieben. Zudem haben die Betreiber der illegalen Zigarettenfabrik die Halle offenbar so gut isoliert, dass nach außen nicht wahrnehmbar war, dass dort etwas produziert wurde“, sagt Steins.

Eigentümer hatte keine Ahnung

Für die kommunale Wirtschaftsförderung – Stichwort Steuereinnahmen – sei die Halle kein Thema gewesen. „Sie ist ja nicht so groß“, findet Steins. Auch der Vermieter der Halle, der ehemalige Kranenburger Karnevalsprinz Theo Stoffelen, war völlig überrascht, als er plötzlich Zollfahnder auf seinem Grundstück erblickte. Das sagte er dem WDR in einem TV-Interview. Er habe erst vom Zoll erfahren, dass dort jahrelang in großem Umfang illegal Zigaretten produziert wurden.

Das THW setzte großes Gerät ein.
Das THW setzte großes Gerät ein. © THW | THW

Um die große Aktion überhaupt stemmen zu können, hat der Zoll die Mithilfe des Technischen Hilswerks angefordert. Das THW hat die Zigarettenproduktion abgebaut und für den Zoll sichergestellt. Es handelte sich dabei um mehrere Maschinenstraßen, Versorgungsaggregaten und sogar ein Gabelstapler wurden für den Transport der Rohwaren und verpackten Zigaretten benutzt.

Großer Arbeitsaufwand für das THW

Noch am 18. August hat der zuständige THW-Fachberater aus Kleve die Anlage mit dem Zoll in Augenschein genommen. Dabei wurde die Dimension und Arbeitsaufwand deutlich. Am Nachmittag des 19. August trafen dann die ersten Kräfte des THW an der Einsatzstelle ein. Zur sicheren Demontage wurde das Gebäude stromlos geschaltet. Damit auch bei einsetzender Dämmerung weitergearbeitet werden konnte haben hinzugezogene THW-Kameraden aus Bocholt das Gebäude taghell ausgeleuchtet.

Bis 22 Uhr dauerten die Arbeiten an, dann waren die Maschinen weitgehend aufgetrennt und in transportable Größen zerlegt. Das THW Geldern steuerte Verpflegung dazu, auch aus Wesel kamen Kameraden zum Einsatz hinzu. Bis zu 32 Einsatzkräfte waren an diesem Tag aktiv.

Vier Tage wurde gearbeitet

Vier Tage wurde gearbeitet, um die Anlage zu entfernen.
Vier Tage wurde gearbeitet, um die Anlage zu entfernen. © THW | THW

Am Donnerstag war die Aufgabe: Verladen und abtransportieren. Zum Verladen kam eine besonders flexible Maschine zum Einsatz: Ein Teleskoplader vom THW-Ahaus. Diese Maschine mit einer Hubkraft von vier Tonnen hatte die Kraft, die schweren Maschinen präzise auf die Tieflader und Anhänger der blau lackierten Einsatzfahrzeuge zu setzen. Dazu ist sie durch die Knicklenkung so wendig, dass auch die beengten Platzverhältnisse kein Problem darstellten.

Vorher musste noch ein Zugang geschaffen werden: Die Fabrikmannschaft hatte das Rolltor von Ihnen mit einer gedämmten Wand versehen. Diese Wand musste weggebrochen werden. Bis 17 Uhr wurde die ganze Anlage verladen, große Maschinenteile, Stromaggregate, was alles so nötig ist um im großen Stile Zigaretten zu produzieren. Am Ende stand eine Kolonne von fünf LKW mit Anhängern, einem Führungsfahrzeug und einem Zollfahrzeug zur Abfahrt bereit. Das Ziel war eine Lagerhalle der Zollverwaltung.