Kranenburg-Mehr. Fred Kahm aus Kranenburg-Mehr veröffentlicht ein wunderbar emotionales Zeitzeugnis, wie Corona die Welt verändert und ein Dorf all das spiegelt.

Eine kleine Chronik, ein Lebensabschnitt. Zwei Monate in dem Jahr, als Corona die Welt veränderte. Und ein Dorf – Mehr bei Kranenburg. Darin lebt Fred Kahm. Ein ehemaliger Lehrer, ein vielseitig engagierter Bürger. Er hat jetzt Erlebnisse aus diesem Dorf aus Juli und August 2020 zusammen getragen und gedruckt. „Vielleicht wollen wir eines Tages gerne lesen, wie es uns damals ergangen ist“, überlegt er. Sein 40-seitiges Heft ist ein wunderbar emotionales Zeitzeugnis.

Im Büchlein geht es um 20 Schicksale, die alle von Corona bestimmt wurden. Herzliches, Berührendes und Fröhliches. „Ich denke, dass das Hauptanliegen dieser Schrift, Menschen wieder etwas näher zusammenzubringen, zurzeit vielerorts aktuell ist“, sagt Kahm. „Die Welt geht gerade in die Knie angesichts der Bedrohung durch ein Virus, aber in unserem kleinen Dorf geschieht anscheinend nichts… Anscheinend...“ so beginnt er sein Vorwort. So war seine Ausgangslage. Er hatte den Sozialamtsleiter Willi Fleskes nach Kranenburger Coronazahlen gefragt, der verweis ihn dann an die erste Interviewpartnerin, die an den nächsten, der an die Nachbarin. „Es war wie ein Wollknäuel, an dem man zieht“, beschreibt Fred Kahm.

Der Vierjährige will mit einer Holzkiste eine „Corona-Falle“ bauen

Er lernte Neubürger kennen, etwa die niederländische Sopranistin Catharina Jansen, die online ihren Gesangsunterricht gab. Oder das Paar mit zwei Kindern, das gerade ein Haus gebaut hat und deren vierjähriger Sohn mit einer Holzkiste eine „Corona-Falle“ bauen will.

Die kleine Publikation erzählt in lesenswerten Geschichten, wie die Zeit des Lockdowns erlebt wurde, was Online-Unterricht bedeutete. Was sich weltweit zutrug, fand sich im Spektrum der rund 500 Dorfbewohner wieder, erkannte der Autor.

Das tröstende Umarmen der Mutter im Altenheim vermisste Jungunternehmer Thomas Marzian von Herzen. Kein mitfühlender Händedruck am offenen Grab, darunter litt Pastor Monier mit. Und doch lädt seine Geschichte zum Schmunzeln, wenn er seine ersten Interneterfahrungen beschreibt, um die extra aufwändig vorbereitete Ostermesse zu streamen.

Kahm erzählt von der einzigen Corona-Infizierte aus Mehr und ihrer Ärzte-Odyssee, bis sie endlich den von ihr gewünschten Coronatest machen durfte. Wie für sie Eis wie Gummipampe schmeckte, dafür roch sie die Gülle nicht mehr.

Wie „Alex“ einfach so an jede Haustür eine Tüte Blumen hängte. Wie durch eine „trojanisches Pferd“ das Virus Einlass ins Seniorenheim fand. Nachzulesen ist, was für Bauern Günther Nisch damit zusammen hing, dass seine Schweine nicht mehr bei Tönnies geschlachtet wurden.

Und trotz allem gab es auch eine wohltuende Entschleunigung

Da gibt es Hintergründe und Daten, zu leeren Kneipen und Cafés. Die Dorfbewohner wurden sich bewusst, wie glücklich sie sich mit der Nahversorgung durch den Speetenhof schätzen können, aber wie dort Anne van de Sand Sorgen hat, weil für ihre Molkerei die 51 Kindergärten als Abnehmer entfallen.

„Der Lockdown hatte einen besonderen Anteil, die Familie in Mehr heimisch werden zu lassen“, ist parallel Familie Camp sogar dankbar. Auch Familie van Heukelum empfand „wohltuende Entschleunigung“ und das ohne Handy. Und Friedhelm Kahm? „Ich habe mir ein Keyboard angeschafft, sitze daran oben am Fenster mit dem Blick in die Natur,“ sagt der 72-Jährige. Und er brachte das Buch heraus. Im Eigenverlag. Bei der Plastikrückenbindung halfen ihm Freunde aus der Flüchtlingsarbeit, sie kommen aus Tadschikistan.

Inzwischen hat das Kreisarchiv Kleve um ein Exemplar angefragt. Für fünf Euro Unkostenbeitrag wird das Heft verkauft.

Anfragen bei Friedhelm Kahm unter oder 0163 1327053.