Kleve. Drei Monate lang wurden die Schüler in Kleve quasi nicht unterrichtet. KAG-Schulleiter Bernd Westerhoff erklärt, was sich verbessern muss.

Bernd Westerhoff (50) redet nicht um den heißen Brei: Die Corona-Zeit war „Mist“. Drei Monate lang gab es quasi keinen Präsenzunterricht und das digitale Lernen verlief mehr schlecht als recht: „Das ist eine absolute Krisensituation für alle Beteiligten, für Schüler, Eltern, Lehrer. Die Corona-Pandemie hat wie ein Brennglas gewirkt und uns gezeigt, wie abhängig das System Familie vom Staat ist und wie schlecht wir auf die Digitalisierung vorbereitet sind.“

Digitales Lernen ist Zukunftsmusik

Im Gespräch mit der NRZ berichtet Westerhoff über die Erfahrungen, die er in den vergangenen Monaten hat machen müssen. Und die waren zum Teil sehr frustrierend. „Wir Schulen fühlen uns oft mit den Problemen allein gelassen. Und das ist vielleicht auch eine wichtige Erkenntnis aus dieser Zeit: Die Zusammenarbeit mit den übergeordneten Behörden sollte optimiert werden“, so Westerhoff. Corona habe knallhart gezeigt, was in einer Krise geht und was nicht.

Bernd Westerhoff will im neuen Schuljahr digital besser aufgestellt sein. Corona habe viele Mängel aufgedeckt.
Bernd Westerhoff will im neuen Schuljahr digital besser aufgestellt sein. Corona habe viele Mängel aufgedeckt. © NRZ | Andreas Gebbink

In Kleve geht offenbar vieles nicht. Auf das digitale Lernen sei man nicht vorbereitet. Es fehlen Laptops für Lehrer, Materialien für Schüler, es gibt keine Breitbandversorgung für schnelles Internet und es mangelt am Personal. Bernd Westerhoff muss einen Krankenstand von acht bis zehn Prozent akzeptieren. „Es ist nicht geklärt, wie wir das auffangen sollen.“ Im Gegenteil: Selbst kurzfristige Springerstellen laufen aus und Westerhoff hat bislang kein Okay, diese zu verlängern. Es gehe immerhin um vier Lehrkräfte, die er gerne halten möchte.

Digitales Lernen ist Neuland

Noch vor den Osterferien dachte die Schulleitung, dass man nach den Feiertagen wieder den Unterricht aufgreifen könne: „Das war im Nachhinein betrachtet vielleicht etwas naiv“, gibt Westerhoff zu. Nach Ostern hat die Schule dann versucht, mit dem Programm Microsoft Teams zu arbeiten. Aber hier zeigten sich schnell die Grenzen: Für Lehrer, Schüler und Eltern ist digitales Lernen Neuland. Von einem vollwertigen Unterricht konnte keine Rede sein. Vereinzelte digitale Stunden engagierter Lehrer konnten den Präsenzunterricht nicht ersetzen. Während der Pandemiezeit waren die Klassen 5 bis 8 jeweils nur drei Mal in der Schule, die 9er sieben Mal und die Oberstufe sechs Mal.

Bernd Westerhoff hofft, dass nach den Sommerferien wieder ein normaler Regelbetrieb möglich ist. Die Abstandsregelungen sollen dafür aufgehoben werden. Ausweichmöglichkeiten auf weitere Klassenräume der Montessori-Schule gibt es nicht. Denn auch diese wird wegen Bauverzögerungen erst verspätet in das neue Gebäude an der Spyckstraße einziehen können. Auch ein Mensabetrieb werde nach den Ferien nicht ohne weiteres möglich sein. Es dürfen nur 26 Schüler zugleich in die Mensa: „Bei 1000 Personen würde das Mittagessen Stunden dauern“, sagt Westerhoff. Es werde nach einer Lösung gesucht.

Hoffen auf den Regelbetrieb

Sollte es allerdings zu größeren Corona-Ausbrüchen kommen, dann droht erneut eine dürre Lernzeit. Denn die Schulen werden vermutlich auch nach den Sommerferien noch keinen digitalen Unterricht anbieten können. Zwar hat die Stadt Kleve die ersten Endgeräte jetzt bestellt (wir berichteten gestern) und es sollen weitere Mittel auf den Weg gebracht werden. Aber nach wie vor sei die Breitband- und Internetversorgung der Flaschenhals, so Westerhoff. Wenn fünf Lehrer zugleich das Handy benutzen, gehe nichts mehr. Nach Auskunft der Stadt sollen die ersten Computer und Laptops in der letzten Woche der Sommerferien geliefert werden.

Bernd Westerhoff will im neuen Schuljahr digital besser aufgestellt sein. Corona habe viele Mängel aufgedeckt.
Bernd Westerhoff will im neuen Schuljahr digital besser aufgestellt sein. Corona habe viele Mängel aufgedeckt. © NRZ | Andreas Gebbink

Auch rechtliche Hürden machen den Schulen zu schaffen. „Wir dürfen zum Beispiel kein WhatsApp benutzen, um mit den Schülern zu kommunizieren“, erzählt Westerhoff. In den Ferien werde man interne Fortbildungen anbieten, damit die Lehrer mit den Internetplattformen wie zum Beispiel Microsoft Teams besser vertraut sind. „Wir wollen besser aufgestellt sein“, sagt der Schulleiter. Was gut funktioniert habe, sei die Erteilung von Aufgaben über die Schulhomepage.

Technischen Hilfen sind notwendig

Wenn die Schulen ab dem Herbst mit mobilen Endgeräten wie Laptops und Tablets ausgestattet werden, benötige man allerdings auch technische Hilfen.

Wenn Westerhoff dieser Krise etwas Positives abringen kann, dann die Erkenntnis, dass Corona schonungslos gezeigt habe, wie rückständig alles ist. „Es gibt jetzt viel mehr Druck, die Schulen besser auszustatten“, sagt er. Und das sei gut. Viele Kollegen hätten Spaß daran, sich auf Neues einzulassen. Aber bis zum digitalen Unterricht ist es noch ein weiter Weg.

>>Stadt bestellt zahlreiche Geräte

Die Stadt Kleve hat am Donnerstag 1600 iPads, 300 Laptops und 300 Computer für die Schulen bestellt.

Die iPads werden voraussichtlich Mitte bis Ende August geliefert. Die Laptops und PCs sollen in der letzten Woche der Sommerferien vor Ort sein.