Kleve. In Kleve entstehen vielerorts neue Häuser, sogar ganze Stadtviertel. Trotzdem beklagen viele Klever einen Wohnraummangel. Wie kann das sein?

Die Rentnerin sucht schon seit Monaten eine neue Wohnung. Sie hat sogar schon selber annonciert, mehrfach sogar. „Aber da antworten immer nur ein, zwei Leute drauf, und bisher hat es nicht gepasst“, klagt sie. Sie möchte lieber anonym bleiben. Und klar, die Wohnung sollte möglichst ebenerdig sein oder einen Lift haben. Schließlich kann sie nicht mehr so gut Treppen steigen. Außerdem sollte die Wohnung bezahlbar sein. Und da fangen die Probleme auch schon an.

Wohnungen sind nicht bezahlbar

Weit mehr als die Hälfte der Befragten im NRZ-Bürgerbarometer teilen die Einschätzung der Rentnerin: Es gibt zu wenig Wohnraum in Kleve. Gerade Menschen über 50 Jahren sehen das so. Und mit weitem Abstand betonen die Befragten einen Missstand: Die Wohnungen sind nicht bezahlbar. Gleichzeitig entstehen überall in Kleve neue Wohnungen, Mehrfamilienhäuser vor allem, sogar am Bahnhof ein ganz neues Stadtviertel. Wie kann es sein, dass es trotzdem einen Wohnraummangel gibt?

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Heiner Brindöpke vom Immobilien Kontor Kleve kennt den Wohnungsmarkt genau. Der Makler prophezeit: „Der durchschnittliche Quadratmeterpreis wird sogar noch steigen.“ Momentan kann man Wohnungen für acht Euro pro Quadratmeter vermieten. „Neue Wohnungen haben Dreifachverglasung, Wärmepumpen, Fußbodenheizung – das Geld möchten die Investoren natürlich auch wieder rauskriegen“, sagt Brindöpke. Und weil derzeit alte Häuser oftmals abgerissen werden, um Platz für neue zu schaffen, sinkt das Angebot an günstigem Wohnraum zusätzlich. „Wohnungsvermieter haben heute kein Problem, man kriegt alles los.“

Wenige Grundstücke vorhanden

Das hat zur Folge, dass die Wohnungen für einen großen Personenkreis – Rentner beispielsweise, die nicht viel Geld zur Verfügung haben – viel zu teuer sind. „Beim Kauf ist das Angebot sogar noch geringer“, weiß Brindöpke. „Denn was will man mit dem Geld machen? Dafür kriegt man ja keine Zinsen. Mehrfamilienhäuser sind derzeit Steingold.“ Jüngere Leute mit Eigenkapital versuchten daher ebenfalls zunehmend, an Grundstücke zu kommen, um ein Eigenheim zu bauen. Für sie sind die niedrigen Zinsen ja geradezu ein Geschenk. Nur: Grundstücke sind ebenfalls kaum zu bekommen.

Wohnungen sind knapp in Kleve

In der Stadt Kleve gibt es eine hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien. Dies weiß auch Frank Ruffing, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Kleverland. Ruffing: „In Kleve werden nach wie vor Wohnungen gebraucht. Die Stadt prosperiert und die Bevölkerungsprognose ist positiv. Dies gilt übrigens für den gesamten Kreis Kleve. Sowohl Einfamilienhäuser, Reihenhäuser als Wohnungen lassen sich gut verkaufen und vermieten“, so Frank Ruffing.

Auch sein Geldinstitut ist verstärkt auf dem Immobiliensektor aktiv. Wenn auch weniger in Kleve. In der Stadt selbst wurden jetzt vermehrt Wohnungen fertiggestellt.

Wohnungsmangel beklagt

Aus dem NRZ-Bürgerbarometer wird ersichtlich, dass in nahezu allen Altersklassen der Wohnungsmangel als solcher wahrgenommen wird. Vor allem die Bevölkerung über 50 Jahre sagt, dass in Kleve Wohnungen fehlen. Auch die Gruppe der 20 bis 29-Jährigen empfindet dies so.

Als größtes Manko bewerteten die 400 Befragten die Bezahlbarkeit der Wohnungen. 45 Prozent der Klever sagten, dass die Wohnungen in Kleve nicht mehr bezahlbar sind. 20 Prozent vermissen eine familiengerechte Wohnung und 16 Prozent gaben an, dass auf dem Markt vor allem Einpersonen-Wohnung fehlen. Die fehlenden Altenwohnungen beklagten hingegen nur 14 Prozent der Befragten.

Neu ist das Problem mit dem Wohnungsmarkt übrigens nicht. Schon vor 40 Jahren gründete sich auf Initiative von Pfarrer Leinung ein Verein mit dem Namen „Mensch braucht Wohnung“. Schon damals gab es zu wenige preiswerte Wohnungen.

Und so ist es heute noch. „Gerade für Leute, die Sozialhilfe beziehen, ist es ganz schwierig, Wohnraum zu finden“, sagt Barbara Kortland, Diplom-Sozialarbeiterin bei der Caritas Kleve. Der Verein kümmert sich heute vornehmlich darum, Menschen mit Mietschulden, unbezahlten Energierechnungen oder sonstigen Mietrückständen zu helfen. „Wir konzentrieren uns darauf, ihnen den Wohnraum zu erhalten“, so Kortland.

Schnell Umlauf

Der Rentnerin auf Wohnungssuche nützt das alles überhaupt nichts. Sie braucht eine bezahlbare Wohnung, und sie braucht sie jetzt. Das geht offenbar vielen so. Makler Brindöpke hatte am Maifeiertag eine Wohnung online gestellt – und nach einer Stunde wieder rausgenommen. „Ständig haben Leute angerufen, dabei war doch Feiertag“, sagt er. Das Ergebnis: drei Angebote, zwei Besichtigungen, weg war sie.