Kreis Kleve. Die SPD ist empört, dass der Kreis Kleve die Leiharbeiter-Heime nicht überprüfen will. Landrat sieht keinen „Anknüpfungspunkt“, tätig zu werden.
„Wieder sucht der Landrat einen Ausweg, um nicht tätig werden zu müssen, statt er versucht, tätig werden zu können und ein Problem zu lösen“. Jürgen Franken, Vorsitzender der Kreis-SPD-Fraktion, ist „sehr, sehr erbost“, wie Landrat Wolfgang Spreen mit der aktuellen Überprüfung von Leiharbeiter-Unterkünften umgeht.
Anlass ist der Erlass des Arbeitsministeriums vom 13. Mai, der fordert: Gesundheitsämter hätten wegen der Corona-Pandemie nach dem Infektionsschutzgesetz „Ermittlungen anzustellen“, zu „besonderem hygienischen Gefahrenpotenzial“ – nach den Infektionen in Coesfeld gelte das auch für deutsche Kommunen, in denen Beschäftigte der niederländischen Fleischindustrie wohnen. Kontrolleure dürften Leiharbeiterwohnungen betreten. Der Kreis Heinsberg kontrolliert sogar Erntehelfer.
Nicht „mit hinreichender Sicherheit“ klar, wer wo wohnt
Auf Anfrage von Kreis Klever Bürgermeistern schreibt der Landrat: Es sei nicht bewiesen, dass hier lebende Arbeitsmigranten in der Fleischindustrie arbeiteten. „Dem Kreis als Untere Gesundheitsbehörde liegen bis auf ganz wenige Ausnahmen jedoch keine Informationen vor, aus denen sich mit hinreichender Sicherheit schließen ließe, wo solche Personen wohnen“, so Spreen. Darum gebe es keinen „Anknüpfungspunkt“, tätig zu werden. Die „bloße Möglichkeit“, dass solche Personen in Kreis Klever Grenzkommunen „leben könnten“, reiche nicht aus.
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Wenn in hiesigen Leiharbeiterunterkünften das Coronavirus ausbreche, sei der Kreis ganz schnell an der Grenze, wieder stärkere Lockdown-Maßnahmen verhängen zu müssen, ahnt Franken. Denn der Kreis Kleve habe – laut Auskunft aus dem Jahr 2018 – fünf Prozent Polen, Rumänen und Bulgaren in der Bevölkerung, überwiegend in der Branche Zeitarbeit tätig. Aus Kranenburg weiß Franken: 142 Personen in 26 Unterkünften.
Mehrfach schon wurden Anträge auf Kreisebene abgelehnt
Das liege an der Grenznähe, sagt Gerd Engler, gesundheitspolitischer Sprecher der Kreis-SPD. Niederländische Firmen dürften ihren Arbeitern keine Wohnung anbieten, also kauften „Uitzendburos“ billiger in Deutschland Immobilien auf und brächten dort auf engstem Raum Zeitarbeiter unter. „Wir verlangen nicht vom Landrat, dass er all die Adressen kennt, aber dass er Kreispolitik, kommunale Ordnungsämter, Bauämter, auch Wohlfahrtsverbände an einen Tisch holt,“ sagt Engler, der bei der Caritas oft mit den Betroffenen zu tun hatte.
Lange vor Corona versuchte die SPD-Fraktion mehrfach das Thema in den Kreistag zu bringen. Erst jüngst im Fachausschuss wurde für einen SPD-Antrag auf Überprüfung von Leiharbeiter-Unterkünften nach hygienischen, nach bau- und brandschutzrechtlichen Gesichtspunkten wieder Ablehnung empfohlen. Bereis am 13. Mai hatte die SPD für den Kreissozialausschuss (2. Juni) beantragt, ausführlich über Corona-Schutzmaßnahmen, u.a. auch bei Arbeitsmigrant/innen zu berichten.
„Aber auch wenn Corona vorbei ist, bleibt das Problem“, betont Engler. Gefahr von schneller Krankheitsverbreitung, Prostitution, nachgezogene Familienangehörige auch mit kleinen Kindern, ohne gemeldet zu sein. Und weil oft die Unterbringung an den Arbeitsplatz gekoppelt ist, folge auch Obdachlosigkeit auf Kreis Klever Straßen, weil niemand zuständig sei.