Kalkar/Kleve. Wilfried Porwol erzählt im NRZ-Gespräch warum er erneut das Kriegerdenkmal bemalt hat: „Es ist eine Verherrlichung von Verbrechen“.
Wilfried Porwol sitzt im Garten und ärgert sich über die NRZ. Seine Kunst als „Schmiererei“ zu bezeichnen, wie am Montag in der Lokalausgabe Kleve zu lesen war, findet er nicht gut. „Kunst hat nichts mit Schönheit zu tun. Diese Kunst hat eine politische Dimension“, sagt der 68-Jährige im Gespräch mit der NRZ. Zum Jahrestag der deutschen Kriegskapitulation am 9. Mai hatte er erneut das Kalkarer Kriegerdenkmal bemalt, um damit erneut zu provozieren. Für den Klever ist dieser Adler im Stadtpark ein „Stück nationalsozialistischer Propaganda“ und eine „Verherrlichung der Verbrechen der Wehrmacht“. Es gehöre entfernt.
Künstlerischer Arschtritt
Mit seinen Aktionen weckt Porwol Emotionen. In der Kalkarer Politik werden die „Schmierereien“ als Sachbeschädigung beurteilt. Er sollen mit den Fingern von allgemeinem Eigentum bleiben, heißt es. Um seinen Protest zu zeigen, könne er schließlich auch Plakate oder Transparente aufhängen. Wilfried Porwol jedoch möchte weiterhin zu diesem drastischen Mittel greifen: „Ich will diese Beschädigung, ganz bewusst. Anders funktioniert es ja auch nicht. Als Pazifist möchte ich den Ratsmitgliedern künstlerisch in den Arsch treten.“
Es fehlt eine klare Distanzierung
Die jüngsten Aussagen von Bürgermeisterin Britta Schulz, man werte das Kriegerdenkmal nicht als Kriegsverherrlichung, sondern als ein Mahnmal an die Zeit des Nationalsozialismus, hält Porwol für einen schlechten Witz: „Ein Mahnmal gegen das Verbrechen mit Hitlerzitat und Reichsadler? Das grenzt ja schon ein eine behandlungswürdige Wahrnehmungsstörung. Sie ist als Bürgermeisterin nicht geeignet. Wie lange wollen die Kalkarer es noch hinnehmen, Steuergelder für die Reinigung von NS-Propaganda auszugeben?“ Bis heute vermisse er eine klare Distanzierung des Stadtrates. Trotz zahlreicher Diskussion gebe es bis heute keine erklärende Tafel oder irgendeine Form der Relativierung.
Kriegerdenkmal wird versiegelt
Nach der jüngsten Bemalung des umstrittenen Kriegerdenkmals wappnet sich die Stadt Kalkar für einen erneuten Versuch. „Das Denkmal wird mit einer Substanz versiegelt, die das Aufbringen von Graffiti erschwert und das Entfernen erleichtert“, sagte Bürgermeisterin Britta Schulz in der Ratssitzung am Donnerstagabend. Der Klever Wilfried Porwol hatte sich dazu bekannt, am 9. Mai das „Kriegerdenkmal in Kalkar künstlerisch umgestaltet“ zu haben. Bereits Ende Juli 2019 war das Monument zweimal bemalt worden. Für die erste Aktion hatte ebenfalls Porwol die Verantwortung übernommen.
CDU-Bürgermeisterkandidat Sven Wolf wollte von Amtsinhaberin Britta Schulz wissen, warum die Schmierereien nicht direkt nach der Tat am Samstag entfernt worden seien. Nach seinen Informationen habe es dazu von der Polizei eine dreifache Aufforderung gegeben, behauptete Wolff, der selbst Polizeibeamter ist. Schulz entgegnete, dass sie keine Aufforderung erhalten habe. „Wir haben jetzt zum dritten Mal für sehr viel Geld Graffiti entfernt. Am Samstag hätten wir sogar doppelt so viel zahlen müssen. Das sehe ich nicht ein“, meinte die Bürgermeisterin.
Ende Mai oder Anfang Juni sollen laut Stadtsprecher Harald Münzner zwei Tafeln am Denkmal errichtet werden, die es historisch einordnen. Bislang hatte nur ein QR-Code zu ausführlichen Informationen auf der städtischen Internetseite geführt.
„Als ich am 8. Mai dort vorbeigeschaut habe und sich an der Situation immer noch nichts geändert hat, habe ich mir gedacht, dass hier wieder meine Kreativität gefragt ist“, sagt Porwol. Er habe bewusst die Namenstafeln nicht bemalt. Diese sollte man vielmehr sichern und für ein neues Mahnmal verwenden. Für die Aktion am 9. Mai habe er eine Stunde benötigt. Im Vorfeld hatte er sich Schablonen zurechtgelegt, um schneller arbeiten zu können. Als Sprühfarbe benutze er die gängige Marke „Molotow“.
Drohanrufe und Beleidigungen
Bereits im Juli 2019 hatte Porwol zur Sprühflasche gegriffen. Daraufhin gab es zwar eine Anzeige und eine Aufforderung des Staatsschutzes, eine Aussage in Kleve zu der „gemeinschädlichen Sachbeschädigung“ zu machen. Dies habe er aber ablehnt und erklärt, dass er gegenüber der Polizei nichts auszusagen habe. „Dies war auch eher eine ‘gemeinnützliche’ Sachbeschädigung“, so Porwol. Bis heute hat er nichts mehr gehört. Mit persönlichen Anfeindungen muss der 68-Jährige nun leben. Er habe anonyme Drohanrufe erhalten und werde von rechten Nazis im Netz beschimpft und mit dem Leben bedroht. In zwei Fällen habe er eine Anzeige erstattet. „Das macht mir schon Angst“, sagt er.
Zu seinen Interventionen stehe er nach wie vor: „Wenn jemand in der Stadt Kalkar Nazi-Parolen auf Hauswände malt, dann wird er zurecht belangt. Wenn die Stadt selbst ein Nazi-Denkmal stehen lässt, passiert nichts. Das kann man nicht unwidersprochen lassen.“