Kreis Kleve. Parookaville-Mitorganisator Bernd Dicks lobt das Vertrauen der Gäste, spricht über die Folgen Absage und die Pläne für eine Neuauflage 2021.
Die Coronakrise macht den Machern des Parookaville 2020 schwer zu schaffen. Einer der Veranstalter, Bernd Dicks, nimmt nun zu den vielen Folgen und den Plänen für 2021 Stellung.
Vor einigen Tagen habt Ihr die Käufer der 80.000 Tickets für Parookaville 2020 angeschrieben mit dem Angebot: Geldrückgabe oder Ticket-Umschreibung für 2021. Wie ist die Resonanz?
Bernd Dicks: „Es haben sich nach einer Woche bereits 80 Prozent der Ticketbesteller zurückgemeldet. Davon haben 70 Prozent gesagt, dass sie im Rückabwicklungsprozess direkt ein Ticket für 2021 kaufen. Darüber sind wir super glücklich und unheimlich dankbar. Wir haben von Anfang an bei der Rückabwicklung gesagt, dass diejenigen, die das Geld brauchen, dieses auch ohne Wenn und Aber zurückbekommen. Wir wissen, dass wir kein günstiges Festival sind. Deshalb waren und wollen wir immer fair bleiben.“
70 Prozent „Ja“ für 2021 ist eine hohe Quote – wie erklärt Ihr Euch das?
Dicks: „Es besteht offensichtlich ein großes Vertrauen, für das wir jetzt schon Danke sagen wollen! Das hilft uns auf jeden Fall sehr, die Planungen für Parookaville 2021 voranzutreiben, insbesondere weil wir auch wissen, dass einige andere Festivals einen deutlich geringeren Quotienten beim direkten Neukauf für das nächste Jahr haben.“
Welche Auswirkungen hat die Festival-Absage, aber auch diese positive Perspektive auf Eure Veranstalter-Firma, der Parookaville GmbH, mit rund 30 Festangestellten in Weeze?
Dicks: „Wir mussten keine Gehälter kürzen oder gar Mitarbeiter entlassen. Bis auf wenige Ausnahmen, bei denen wir im Einverständnis mit den Mitarbeitern Kurzarbeit eingeführt haben, arbeitet das gesamte Team an der Rückabwicklung und richtet den Blick bereit auf 2021.“
Die Frist, in der sich die Ticketkäufer entscheiden sollen, läuft nur noch wenige Tage. Was passiert, wenn man keine der beiden Optionen wählt?
Dicks: „Die Leute kriegen jetzt noch einmal eine Erinnerung, dass sie sich innerhalb der zwei Wochen festlegen müssen. Ob diejenigen, die sich dann noch nicht gemeldet haben, automatisch das Geld zurückbekommen oder aber Tickets für 2021 erhalten, können wir jetzt nicht sagen, da die gesetzliche Gutschein-Regelung noch durch den Bundesrat muss. Deshalb empfehlen wir dringend, sich aktiv zu entscheiden.“
Ihr habt auch eine Versicherung für das Festival abgeschlossen. Greift diese nach der Absage von Parookaville 2020?
Dicks: „Ja, die Versicherung greift zum Glück. Wir haben schon vor Jahren immer gesagt, dass wir drei Jungs vom Dorf (gemeint sind das Veranstalter-Trio Bernd Dicks und seine Partner Norbert Bergers und Georg van Wickeren) die Verantwortung für so viele Menschen nur dann in Gänze übernehmen können, wenn unsere Entscheidungen immer professionell und sachlich getroffen werden. Nehmen wir etwa die Gefahr durch ein nahendes Unwetter - dann sollte keiner sagen können, dass wir das Festival eventuell nur nicht abgebrochen haben, weil wir keine Versicherung hatten und das wirtschaftliche Risiko scheuten. Insofern gehörte die Versicherung von Anfang an für uns zur professionellen Ausstattung. An eine Pandemie hatten wir dabei allerdings nie gedacht und wussten zu dem Zeitpunkt auch gar nicht, ob das darin enthalten ist.“
Läuft die Versicherung automatisch über mehrere Jahre?
Dicks: „Solche Versicherungen sind grundsätzlich auf mehrere Jahre angelegt. Wenn sich Veranstalter ab dem nächsten Jahr für Epidemien und Pandemien versichern möchten, zahlen sie bei Festivals unserer Größenordnung sicherlich ein Vielfaches der aktuellen Versicherungssummen, die jetzt durchschnittlich schon sechsstellig sind.“
Für die Umsetzung von Parookaville arbeitet ihr mit zahlreichen externen Firmen, speziell aus der Region, zusammen? Wie hat hier die Abwicklung geklappt?
Dicks: „Wir haben zum Glück frühzeitig auf die Bremse getreten und viele Aufträge gar nicht vergeben und das den Handwerkern signalisiert. Es gab zahlreiche Vorgespräche, aber die Zeit der Vertragsabschlüsse fiel genau mit dem Start der Corona-Verbreitung zusammen. So konnten wir großen Schaden von unserem Unternehmen abwenden und Arbeitsplätze sichern.“
Für die Region ist der Ausfall von Parookaville wirtschaftlich ein enormer Verlust – welchen Wirtschaftsfaktor macht das Festival für die Umgebung aus? Allein die Ticketeinnahmen liegen ja schon grob hochgerechnet bei 20 Millionen Euro plus Getränke- und Speisen-Verkauf sowie Sponsoring während des Events…
Dicks: „Da wir als Veranstalter ein Weezer Unternehmen sind, bleibt einiges in der Gemeinde -- allein schon durch die Gewerbesteuer. Zudem geben wir jedes Jahr Aufträge in Millionenhöhe an lokale Unternehmen aus - davon 40 Firmen aus Weeze und 40 weitere aus dem Kreis Kleve. Durch die relativ frühzeitige Absage haben die nun wenigstens die Chance, über den Sommer im klassischen Baugewerbe andere Aufträge anzunehmen, die sie sonst wegen Parookaville abgesagt hätten. Auch die Miete an den Airport Weeze ist nicht unerheblich. Wir sind ein großer Investor in der Region. Dazu geben die Gäste von Parookaville, die abseits des Geländes Geschäfte wie Bäcker, Metzger, Tankstellen und anderes ansteuern, zwischen fünf und sieben Millionen Euro pro Jahr aus.“
Bleibt denn die Planung für die 200 Meter breite Mainstage sowie andere Bühnen und Gebäude auf dem Festival-Gelände für 2021 genauso bestehen oder nutzt ihr das Jahr zusätzliche Zeit, um das Stadtkonzept von Parookaville mit all seinen Details weiter zu verfeinern?
Dicks: „Wir würden gerne weiter daran feilen, müssen aber zunächst die Entwicklungen in den kommenden Monaten abwarten. Hinzu kommt leider die Ungewissheit, ob all die Unternehmen, mit denen wir in diesem Jahr geplant hatten, nächstes Jahr überhaupt noch existieren.“
Die Planung von Großveranstaltungen für 2021 birgt noch viele Ungewissheiten – wie geht Ihr damit um?
Dicks: „Es ist vieles noch lange offen. Wir wissen zum Beispiel nicht, wie groß nächstes Jahr das Festival überhaupt sein darf. Stand jetzt, wird es im Vorverkauf für Parookaville 2021 in jeder Kategorie noch Tickets geben – wie viele können wir nicht sagen. Wir warten jetzt die weitere Entwicklung ab und werden dann zum Vorverkauf genaue Zahlen bei den noch vorhandenen Kapazitäten bekanntgeben.“
Das heißt, es gibt auch noch keinen Fahrplan, wann der neue Vorverkauf startet?
Dicks: „Wir müssen uns wegen der aktuellen Situation alle Optionen offenhalten. Es kann auch sein, dass es Ende des Jahres eine zweite Corona-Welle gibt und keiner mehr Tickets kauft.“
Was wäre denn, wenn die maximale Festival-Größe kleiner wäre, als die Zahl der bereits vergebenen Tickets durch die Umschreibungen auf 2021?
Dicks: „Das ist sehr hypothetisch. Aber ich glaube nicht, dass sich die Frage nach einer stark reduzierten Festival-Größe überhaupt stellt: Entweder wird es Veranstaltungen wieder im großen Stil geben oder nur mit maximal ein paar hundert Leuten. Es kann auch sein, dass wir alle mit Mundschutz durch die Gegend laufen müssen, was ich allerdings wirklich nicht hoffe.“
Plant ihr unabhängig von eventuellen Vorschriften der Gesundheitsämter Änderungen bei den Hygiene-Maßnahmen?
Dicks: „Im Vergleich zu vielen anderen Festivals sind unsere Dusch- und Waschzelte im Campingbereich bereits großzügig und dezentral konzipiert, alle Toiletten haben einen schönen mit Wasser gespülten Komfort. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass jeder sein eigenes kleines Fläschchen mit Desinfektionsmittel mitbringt – wenn wir uns da auch noch drum kümmern müssten, würden die Ticketpreise automatisch noch einmal teurer werden. Da wünsche ich mir etwas Eigenverantwortung von unseren Bürgern.“
Wie sieht es mit dem Line up von Parookaville 2021 aus?
Dicks: „Wir würden natürlich gerne schnellstmöglich die Headliner für 2021 sichern. Aber wir sind da vorsichtig und wollen nicht jetzt schon wilde Versprechen machen. Aber das Line up wird gut.“
Ideen gibt es also schon?
Dicks: „Es wird bestimmt sehr ähnlich zu dem sein, was wir für 2020 angekündigt hatten. Da müssen sich die Gäste keine Sorgen machen, die sich wegen des Programms für dieses Jahr ein Ticket besorgt haben. Vielleicht wird es sogar noch besser, denn es tun sich gerade ein paar Möglichkeiten auf, wo man den einen oder anderen Künstler für nächstes Jahr noch zusätzlich buchen kann, den wir 2020 nicht bekommen hatten.“
Viele große Festivals wie etwa Tomorrowland oder der World Club Dome versuchen die Nähe zu ihren Fans über Livestream-Events aus den Wohnzimmern oder Studios der Stars zu halten. Warum habt Ihr Euch da bisher zurückgehalten?
Dicks: „Wir haben schon zu Beginn des Lockdowns einen Re-Stream der kompletten Live-Übertragung von Parookaville 2019 gemacht. Das Feedback war unfassbar positiv. Bei den neuen Livestreams von DJs ohne Publikum haben wir schnell gemerkt, dass das nicht wirklich Parookaville wäre und haben uns deshalb dagegen entschieden. Wir haben aber in unserem Archiv echt coole Aufnahmen, die wir in den nächsten Wochen nach und nach als das Beste aus den letzten fünf Jahren veröffentlichen werden. Denn nur Original-Parookaville-Material bringt auch das Parookaville-Feeling rüber.“
Plant ihr denn vom 17. bis 19. Juli etwas Besonderes? Für das Wochenende, an dem sich eigentlich die Tore zur Festivalstadt Parookaville öffnen sollten…?
Dicks: „Da stecken wir gerade viel Grips rein und spielen schon eine Idee durch. Aber es wird definitiv kein Autokino – so viel ist sicher. Die Details, was es als Parookaville-Ersatz gibt, werden wir – wenn alles glatt geht – wohl erst Ende Juni verraten.“
Was wünschst Du Dir für die nächsten Monate?
Dicks: „Dass alle gesund bleiben und im nächsten Jahr wieder mit uns feiern. Daumen drücken und stay safe!“