Kreis Kleve. Kleve geht davon aus, dass fünf Millionen Euro Gewerbesteuer fehlen werden. Auch Goch und Kalkar rechnen mit starken Einnahmeausfällen.

Kleves Kämmerer Willibrord Haas rechnet mit deutlichen Gewerbesteuerausfällen für das Jahr 2020. Im Gespräch mit der NRZ wagte der Klever Haushaltsexperte eine erste vorsichtige Schätzung: „Ich gehe zurzeit von einem Minus von fünf Millionen Euro aus.“ Diese Zahl sei aber nur vorläufig und könne bereits in drei Wochen schon wieder Makulatur sein. Fest stehe aber, dass sowohl die Gewerbesteuer als auch die Anteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer 2020 zurückgehen werden.

Ausfälle bei der Gewerbesteuer

Allein im Zeitraum zwischen dem 17. März und dem 14. April habe es einen Rückgang bei der Gewerbesteuer um 640.000 Euro gegeben. In Kleve gebe es 1000 Betriebe, die Gewerbesteuer zahlen. Insgesamt wirtschaften in der Kreisstadt 4170 Gewerbetreibende. Haas teilte mit, dass erst 27 Anträge auf Herabsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen gestellt worden seien. Meist handele es sich dann aber um größere Betriebe: Wer in Kleve Steuern zahle, der habe auch bereits eine gewisse Betriebsgröße.

Willibrord Haas.
Willibrord Haas. © NRZ | AG

So gebe es auch Anträge von größeren Industriebetrieben, bei denen möglicherweise Wertschöpfungsketten nicht mehr so reibungslos funktionieren. Größere Probleme verzeichnen Gastronomie, Handel und Industrie. Das Handwerk und hier vor allem das Baugewerbe laufe relativ reibungslos weiter. Insgesamt hat Kleve mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 19 Millionen Euro für das Jahr 2020 eingeplant.

Ausfälle bei Kita-Beiträgen und Parkgebühren

Ausfälle wird es auch bei der Kinderbetreuung geben. Haas rechnet hier mit 180.000 Euro, die fehlen werden. Auch die Parkgebühren werden im Haushalt geringer zu Buche schlagen als geplant. Eine Million Euro waren angesetzt. Der Kämmerer rechnet jetzt mit 200.000 Euro weniger. „Aber bitte, das ist alles eine Momentaufnahme und kann sich bei Fortlauf der Krise noch deutlich ändern“, warnt Haas vor vorschnellen Rückschlüssen.

Sollte sich die Krise zu einer Dauerkrise entwickeln, dann müsse man auch über Einsparungen reden. „Wir sind in der Vergangenheit wirtschaftlich immer gut unterwegs gewesen“, so Haas. Aber bei einer Dauerkrise müsse man auch Beschlüsse aus der Vergangenheit hinterfragen.

Corona bereitet Kopfzerbrechen

Bettina Gansen.
Bettina Gansen. © Torsten Matenaers/Stadt Goch

Auch den Finanzexperten in der Gocher Verwaltung bereitet die Corona-Krise Kopfzerbrechen. Nach aktuellen Berechnungen beträgt das Minus bei den Gewerbesteuereinnahmen im bisherigen Jahr bereits 2,7 Millionen Euro. Geplant hatte die Stadt Goch mit 16 Millionen an Gewerbesteuern. „Das ist eine ganz relevante Größe, die sofort durchschlägt, denn unser Haushalt war auf der Nulllinie“, stellt Kämmerin Bettina Gansen gegenüber der NRZ fest. „Die fehlenden Einnahmen lassen sich in diesem Jahr nicht mehr kompensieren.“

Weniger Anteile an Bundessteuern

Neben den wichtigen Gewerbesteuererträgen drohen auch die Gemeindeanteile an der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer wegzubrechen. „Wir müssen von Einbußen ausgehen“, sagt Gansen und schätzt vorsichtig eine Verringerung von 25 bis 30 Prozent. Doch verlässliche Zahlen für die Zukunft kann in dieser sich dynamisch verändernden Krise noch niemand liefern. „Die Unsicherheit ist groß, weil nicht klar ist, wohin die Entwicklung geht und wie lange sie andauert. Unsere ganze Jahresplanung ist über den Haufen geworfen“, sagt Gochs Kämmerin.

Kleve freut sich über guten Jahresabschluss 2019

Erfreulich ist der Jahresabschluss 2019 in Kleve. Die Stadt weist einen Überschuss in Höhe von 8,6 Millionen Euro aus. Mit den guten Ergebnissen der vergangenen Jahre könne man jetzt auch eine Durststrecke überstehen, so Haas.

Im vergangenen Jahr stiegen in Kleve die Erträge um 7,1 Millionen Euro und die Aufwendungen gingen um 1,5 Millionen Euro zurück.

Ursprünglich hatte die Verwaltung für 2020 vorgesehen, die Kassenkredite, die am Jahresende 2019 bei 15,5 Millionen Euro lagen, deutlich zu tilgen. Fünf Millionen Euro sollten zurückgeführt werden. „Das kann nun nicht mehr passieren. Das Geld wird aufgezehrt sein. Wir werden umschulden und darüber hinaus neue Kredite aufnehmen müssen“, erklärt Bettina Gansen.

Freiwillige Ausgaben prüfen

Auch Bürgermeister Ulrich Knickrehm sprach jüngst bei „Goch erleben live“ von einer „sehr, sehr schweren Zeit für den städtischen Haushalt. Es wird aber nicht so sein, dass wir unter den finanziellen Lasten zusammenbrechen und nicht mehr handlungsfähig werden. Das ist ausgeschlossen“. Gleichwohl werde zukünftig jede freiwillige Ausgabe der Stadt auf den Prüfstand kommen. „Wir wollen aber keine Investitionsmaßnahme aus dem Haushalt 2020 bewusst zurückstellen, sondern versuchen, das Geplante durchzuführen, um auch die heimische Wirtschaft zu unterstützen“, betont Gansen. 5,3 Millionen für Investitionen stehen im aktuellen Budget bereit.

Bürgermeister Knickrehm lobte die Unterstützung der NRW-Landesregierung für die Kommunen in den sich plötzlich und unerwartet stellenden Haushaltsfragen. So soll es beispielsweise einen gesonderten Topf geben, der alle Corona-spezifischen Aufwendungen sammelt. Diese können über einen langen Zeitraum von 50 Jahren abgeschrieben werden. „Das würde uns sehr viel Luft verschaffen, mit den Konsequenzen der Krise umzugehen. Wir müssten dann nicht die komplette Ausgleichsrücklage entnehmen“, sagt Gansen. Diese lag am Jahresende 2019 bei 8,9 Millionen Euro.

Investitionen laufen weiter

Stefan Jaspers.
Stefan Jaspers. © NRZ | Astrid Hoyer-Holderberg

In Kalkar hatte Kämmerer Stefan Jaspers für das laufende Jahr mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 4,5 Millionen Euro gerechnet. „Das war vorsichtig kalkuliert“, sagt er. Dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung zu Jahresbeginn liegt dieser Posten bislang sogar über dem Plan, doch auch in Kalkar werden die Corona-Folgen zu spüren sein. In einer finanziell nicht auf Rosen gebetteten Stadt, in der „die Pläne stets auf Kante genäht sind“, wie Jaspers sagt. Durch Corona-bedingte Herabsetzungsanträge fehlen derzeit rund 300.000 Euro an Gewerbesteuern, so der Kämmerer. „Das ist aber nur eine Momentaufnahme. Faktisch sehen wir die Auswirkungen erst im nächsten Jahr.“

Die Sonderausgaben in der Krise, etwa für zusätzliches Desinfektionsmittel oder die Aussetzung der Elternbeiträge, liegen bislang in Kalkar noch im überschaubaren vierstelligen und perspektivisch im kleinen fünfstelligen Bereich und summieren sich derzeit noch auf deutlich unter 100.000 Euro, stellt Jaspers fest. Die aktuell geplanten Investitionen – satte 17 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren – seien „in weiten Teilen alternativlos. Wir können nicht an der Schulsanierung herumschrauben, und auch beim Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Wissel besteht Handlungsdruck“, sagt Kalkars Kämmerer. „Ohnehin ist ein Kaputtsparen auch in der Krise nicht nachhaltig.“