Kreis Kleve. Corona-Lockerungen: Die bislang geschlossenen Geschäfte im Kreis Kleve bereiten sich auf die Wiedereröffnung in der kommenden Woche vor.

„Wir sind total happy. Der Einzelhandel kann Montag Vollgas geben“, erwartet der Klever Wirtschaftsförderer Dr. Joachim Rasch. „Für die Händler ist das unheimlich wichtig“, sagt er über die Entscheidung von Bund und Ländern. Fast alle Geschäfte in der Innenstadt Kleves, in Goch und Kalkar werden ab Montag öffnen dürfen, weil sie unter 800 Quadratmetern Größe liegen.

In Kleve sind wohl nur sechs größer. Rasch überlegt: „Wenn diese einen Verkaufsbereich absperren, sich selbst verkleinern und Saisonware zentral aufstellen, dürfen sie dann auch öffnen? Vielleicht kann etwa der Kaufhof die Rolltreppen nach oben absperren.“ Die NRZ fragte bei der Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve nach. Andreas Henseler: „Ich sehe kein Argument, warum das nicht gehen sollte. Die Frage haben auch andere schon an die Landesregierung gerichtet. Wir erwarten, dass es tatsächlich Anfang nächster Woche eine Rechtsverordnung dazu geben könnte. Es kommt uns aber nicht auf einen Tag an. Wir sind für einen klaren Fahrplan.“

Kurzarbeit-Kollegen kommen zurück

Sven Verfondern darf ab Montag wieder frühlingsbunte Schuhe verkaufen. 
Sven Verfondern darf ab Montag wieder frühlingsbunte Schuhe verkaufen.  © Astrid Hoyer-Holderberg

Als einziger in der Kavariner Straße in Kleve hatte bisher auch schon Sven Verfondern die Ladentür geöffnet, aber er durfte nicht seine bunte Frühjahr-Schuhmode verkaufen, sondern nur Kunden zur Fußorthopädie einlassen. Erst ab Montag darf er wieder Schuhe verkaufen – in den letzten Wochen tat er es verstärkt online. „Wenn drei Kunden gleichzeitig im Laden sind, stehen sie weiter auseinander als im Supermarkt“, versichert er. Seine bisher eingeschränkten Öffnungszeiten wird er verlängern, die Kurzarbeit-Kollegen zurückholen. Mit der finanziellen Soforthilfe des Bundes könne er die gelieferte Saisonware bezahlen. „Der Antrag wurde sehr schnell bewilligt, ich war positiv überrascht“, so Verfondern.

Nina Kiesow (bags and travel) hat sich auf der Großen Straße auf den Öffnungstag vorbereitet. Spuckschutzwände für den Kassenbereich hat sie beim heimischen Messebauer bestellt, mit Desinfektionsmitteln, Mundschutz, Handschuhen für die Mitarbeiter vorgesorgt. Sie hofft nun, „dass die Kunden Einkäufe nachholen“, sonst war gerade rund um Ostern ihr Lederwaren-Sortiment gefragt.

Der Lieferservice bleibt bestehen beim Geschenkehaus Peters

Karin Arntz in Goch ist „dankbar und froh“ über die beschlossenen Corona-Lockerungen für Geschäfte. „Ich kann aber noch nicht einschätzen, was ab Montag passieren wird. Gehen die Leute weiterhin selbstverantwortlich mit der Situation um oder begreifen sie es als Freifahrtsschein zum Bummeln?“, fragt sich die Inhaberin des Geschenkehauses Peters, die als Vorstand des Werberings Goch auch die Gesamtsituation des Einzelhandels im Blick hat. „Die Innenstadt ist wie tot, ein Trauerspiel“, sagt Arntz. „Jetzt gibt es ein Zeichen, dass es irgendwie weiter geht.“

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Auch im Geschenkehaus Peters laufen die Vorbereitungen auf die Wiedereröffnung am Montag. Karin Arntz hat eine Spuckwand für den Kassenbereich besorgt, der Boden ist mit Abstandsmarkierungen beklebt, es gibt ausreichend Desinfektionsmittel und die Nähmaschine rattert, damit alle Mitarbeitenden mit Mundschutzmasken ausgestattet sind. „Unser Laden ist groß genug, dass sich zehn Leute gleichzeitig darin aufhalten können“, schätzt die Chefin, die trotz der Wiedereröffnung auch ihren Lieferservice aufrecht erhalten möchte: „Das ist Dienst am Kunden.“ Selbst wenn der Umsatz für ein paar bis nach Kleve gelieferte Plätzchenaustechförmchen nur knapp über zehn Euro liegt wie über Ostern bei einer Kundin.

Warten auf die konkreten Vorgaben

Ein „gutes Zeichen für die Wirtschaft“ nennt Gochs Stadtsprecher Torsten Matenaers die Wiedereröffnung der Geschäfte, möchte jedoch zurückhaltend bleiben, bis konkrete Beschlüsse der Landesregierung etwa zu erforderlichen Abstand- und Hygienemaßnahmen vorliegen. „Die konkrete Umsetzung wird zur spannenden Frage. Es ist wie bereits häufig in der Corona-Krise erlebt: Am Ende der Kette warten wir bis zum Schluss“, sagt Matenaers. „Wir richten uns auf ein arbeitsreiches Wochenende ein.“

Harald Münzner, Touristiker in Kalkar, meint: „Zu sagen ,Jetzt geht es los’ wäre eine falsche Botschaft. Vorsicht und Abstand sind geboten. Kalkar lebt von der Gastronomie, Corona bedeutet für uns einen ganz heftigen Einschnitt.“ Wobei sich Wirtschaftsförderer Bruno Ketteler verhalten auf Montag freut: „Eine Reihe Einzelhändler sind dringend auf die Umsätze angewiesen.“ Ihn freut, dass inzwischen 29 Kalkarer Unternehmen bei der Aktion „Kalkar liefert“ mitmachen und auch jetzt bereits den Kunden umfassenden Service trotz geschlossener Läden bieten.