Kleve. Christian Bomblat, bisher Direktor des Zentrums für Angewandte Ökologie in Santa Cruz in Bolivien, ist nun der erste Klimaschutzmanager in Kleve.
Kleve waren seine prägenden Jahre, sagt er. Jetzt ist er wieder da und wird Kleve prägen. Christian Bomblat ist der erste Klimaschutzmanager der Stadt und bringt faszinierende Erfahrungen mit. Die längste Zeit seines Lebens verbrachte er in Bolivien.
Cochabamba im Hochland und Santa Cruz im tropischen Tiefland hießen seine beiden Wahlheimaten. In Santa Cruz war er noch bis Februar Direktor des Zentrums für Angewandte Ökologie der Schweizer „Simón I. Patiño Stiftung“. Und jetzt die Stadtverwaltung Kleve? Warum macht man das?
„Es passte jetzt einfach gut. Deutschland hat mich ausgebildet. Ich möchte etwas zurückgeben. In der Stellenausschreibung für den Klimaschutzmanager stand vieles, was ich gemacht habe. Ich finde es spannend“, sagt Bomblat.
Im Alter von acht Jahren war er mit der Familie hergezogen. Abitur am Konrad-Adenauer-Gymnasium, Wehrdienst (Sanitäter), dann entschied er sich für einen freiwilligen, selbstbezahlten Sozialdienst in einem Waisenhaus in Cochabamba. Nach Bachelor und Master in Umweltwissenschaften in den USA, University of Arkansas, zog es ihn nach Bolivien zurück.
Er war 2006 Gründungsmitglied der Simón I. Patiño Universität, hatte die Studiengänge der Umweltwissenschaften, Umweltingenieurswissenschaften und Biotechnologie nach internationalen Standards konzipiert. Von 2007-20 wurde das 1996 gegründete Zentrum für Angewandte Ökologie von ihm verantwortet. Es entwickelt und evaluiert nachhaltige landwirtschaftliche Produktionsmethoden im Kontext von Klimawandel. CO2 zu reduzieren durch Photovoltaik, Solarthermie und Wiederaufforstung waren Teil seines Berufs.
Er koordinierte Studiengänge der Umweltwissenschaften nach internationalen Standards
Er koordinierte Projekte mit Umweltschutzorganisationen und sorgte selbst für Planung und Finanzierung (in Koordination mit der Gemeinde von Santa Cruz, der Landesregierung und Schweizer Geldgebern). Sein Budget: 600.000 Euro.
Bomblat kennt sich aus mit Passivhausstandards und Lehmbauweise – Architekturstudenten kamen regelmäßig nach Cochabamba und Santa Cruz –, mit Abfall und Abwasser, Luftqualitätsüberwachung. Schon 1999 initiierte er den autofreien Sonntag (mit Uni, Handelskammer und Rat), der mittlerweile fast landesweit dreimal jährlich läuft.
Wie man auf schlechten Böden nachhaltige Landwirtschaft betreibt, hat er gelehrt. In einem 13.000 Hektar großen Naturschutzgebiet in Santa Cruz hat er gewohnt, 15 Kilometer vor Boliviens größter Stadt, „ein grüner Fleck an der Millionenstadt, fantastisch“, schwärmt Bomblat. „Das Zentrum ist mit Haus Riswick vergleichbar.“
Eine andere Sicht
Vermisst er das nicht, wenn er nun Kleve und dazu auch noch ein einer deutschen Verwaltung arbeiten wird? „Vermissen, ja, auf jeden Fall. Aber man bekommt eine andere Sicht, wird flexibler und hat viel Geduld“, betrachtet er seinen Lebensweg.
Seine 80-jährige Mutter lebt in Kellen und war der Grund, weshalb er zwischenzeitlich immer wieder nach Kleve kam und die Entwicklung der Stadt „im Zeitraffer“ erlebte. Der Wandel hier von einer schmutzigen Industrie am Hafen zu einem Zentrum der Bildung „war fortschrittlich gedacht“, lobt er.
Auch dass Kleve schon 2014 einen Klimaschutzfahrplan begann, den 2019 fortschrieb. Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien, Stadtbegrünung, Energieeinsparung gibt es „noch so schöne Pläne“. Bomblat ahnt „breiten Konsens, ohne den man nicht viel bewegen könne. Aber bisher hat das kein Hauptamtlicher koordiniert“. Nun ist er da.
Aspekte von Umwelt- und Klimaschutz nun noch mehr im Mittelpunkt
„Aspekte von Umwelt- und Klimaschutz sind auch in Kleve immer mitgefahren, standen aber nie im Mittelpunkt“, überblickt er. „Die Fridays For Future gibt es nicht umsonst. Dass Kleve den Klimanotstand ausgerufen hat, war eine gute Signalwirkung – nach innen und nach außen. Alle Entscheidungen werden nun auf ihre Klimawirkung hin abgeklopft“, sagt Bomblat. Auch die Hochschule Rhein-Waal sieht er als Partner. „Ich kenne einige Leute aus dem Bereich sustainable agriculture“ (nachhaltige Landwirtschaft), denn Bomblat hielt hier bereits Vorträge und hatte auch Klever Studierende an seinem Zentrum in Bolivien zu Gast.
„Ich habe Glück gehabt, so viel zu sehen und die Pflicht, das zu teilen“
Was macht Christian Bomblat privat? „Ich fahre unheimlich gern Fahrrad und habe früher Tischtennis beim DJK Kellen gespielt. Das werde ich vielleicht wieder anfangen.“ Außerdem ist Fotografie seine Leidenschaft. „Ich habe Glück gehabt, so viel zu sehen und die Pflicht, das zu teilen.“ Vorträge hatte er bereits in den Vorjahren in Kleve gehalten, an der Hochschule, im Haus Riswick, an der Realschule, hat Umweltthemen für interessierte Laien erklärt.
Christian Bomblat hat zwei Töchter, die eine geht noch in Bolivien zur Schule und interessiert sich für nachhaltige Architektur. Die andere ist Grafikerin und „sehr gute“ Tätowiererin in den USA, sagt der Vater stolz. Hat auch der Papa ein Tattoo? „Nein, ich würde mir eines auf Schweinehaut an die Wand hängen“, sagt der Mann lächelnd, der Ehrenmitglied im Verband der Umweltingenieure und Ehrenbürger von Cochabamba in Bolivien ist.