Kleve. Anstaltsarzt Peter Andries kann für seine Diagnosen in der JVA Kleve jetzt auf einen schnellen Übersetzerdienst aus Wien zurückgreifen.
Mit einem Klick ist viel geregelt. Anstaltsarzt Peter Andries hat in seiner Klever JVA-Praxis viele Menschen, die ihn nicht verstehen, und umgekehrt genauso. Seit fünf Jahren arbeitet der ehemalige Hausarzt aus Elten in der Justizvollzugsanstalt in Kleve an der Krohnestraße und hat hier mit den unterschiedlichsten Menschen aus aller Welt zu tun. Zwar spricht der gewandte Niederländer vier Sprachen, aber bei Arabisch, Polnisch oder afrikanischen Dialekten ist er dann raus. Aber Peter Andries hat ja seinen Computer und seit Neuestem einen Dolmetscherdienst in Wien. Nur einen Klick weit entfernt kann sich ein professioneller Übersetzer hinzuschalten und echte Hilfe leisten.
Neuer Service für die NRW-Anstalten wird in Kleve erprobt
Die JVA Kleve ist eine von drei Justizvollzugsanstalten in NRW, die diesen neuen Service ausprobiert. „Und bislang haben wir nur sehr positive Erfahrungen gemacht“, sagt Pressesprecher Peter Neyenhuys. Egal, ob der Gefangene Kurdisch, Farsi, Rumänisch oder Ungarisch spricht, das Übersetzerbüro in Wien kann bei 66 Sprachen dieser Welt und 22 afrikanischen Dialekten weiterhelfen: „Für die Erstellung einer zuverlässigen Diagnose ist die Kommunikation ganz wichtig“, sagt Arzt Peter Andries.
Bislang habe man mit der Bestellung von Dolmetschern viel Zeit verloren. Termine mussten abgesprochen werden oder man hat sich zur Not der Hilfe von Mitgefangenen bedient. „Aber da weiß man nie, ob die Übersetzung auch korrekt ist“, sagt Andries. Zudem gibt es das Problem des Datenschutzes und der Intimsphäre. Der neue Dienst stehe dem Arzt innerhalb von 120 Sekunden zur Verfügung.
Schnelle Hilfe durch einen Dolmetscher
Mit dem Dolmetscherdienst aus Wien sei beides gewährleistet. Wenn der Patient komplett untersucht werde, könne man die Kamera wegschalten, so Andries. Der 76-jährige Arzt aus Elten macht jede Eingangsuntersuchung in Kleve und die müsse sehr gründlich sein. Zudem gebe es in Kleve eine hohe Fluktuation an Gefangenen, entsprechend auch viele Untersuchungen.
Drei Ärzte sind hier tätig: Neben Drs. Andries, der Klever Hausarzt Jörg Küppers und LVR-Psychologe Jack Kreutz. Hinzu kommt noch ein Zahnarzt. Aktuell befinden sich in der JVA Kleve 203 Gefangene, ausgelegt ist die Anstalt für 234 Menschen.
Fast täglich bietet Andries eine Sprechstunde im Gefängnis an. Zwischen acht und 20 Patienten laufen dann bei ihm auf, mit den unterschiedlichsten Beschwerden. Es sei sehr wichtig, auf einen kompetenten Übersetzer zurückgreifen zu können, der auch Fachausdrücke spielend übermitteln kann.
Projekt soll auf weitere Gefängnisse in NRW ausgeweitet werden
In der JVA-Kleve wird der neue Tele-Dienst nicht nur bei den ärztlichen Untersuchungen eingesetzt, sondern auch beim Sozialdienst oder im Hafthaus. Wenn es juristische Fragen in Sachen Abschiebung gibt, dann könne man auch in diesen Fällen auf die Hilfe aus Wien zurückgreifen, erzählt Neyenhuys.
Das NRW-Justizministerium teilt auf NRZ-Nachfrage mit, dass das Projekt auf weitere JVA-Einrichtungen in NRW ausgeweitet werden soll. Die bisherigen Erfahrungen seien ermutigend.