Kleve. Die Klever „Fridays for Future“-Bewegung bekommt die Folgen der Coronakrise zu spüren. Aktuell hat die Politik das Klima-Thema ausgeblendet.
Die Klimabewegung Fridays for Future hat Spuren hinterlassen – auch in Kleve. Vor einem Jahr zogen die Aktivisten erstmals durch die Kreisstadt. Anfangs beteiligten sich 150 Kinder und Jugendliche an den bunten Protesten, im September vergangenen Jahres waren es dann 3000. Der Höhepunkt: die öffentlichkeitswirksame Ausrufung des Klimanotstands im Juni 2019. „Wir haben das Klima in Kleve zum Thema gemacht“, sagt Daniel Boßmann-van Husen, der mit Jannik Berbalk zum Gesicht der hiesigen FFF-Bewegung avancierte.
Jannik Berbalk hat im klimapolitisch heißen Sommer 2019 eine Leidenschaft entdeckt: das Demonstrieren. Insgesamt 54 Protestmärsche habe er bereits angemeldet – und ein buntes Themenspektrum bedient. Berbalk protestierte mit seinen Kollegen für mehr Demokratie, gegen die Alternative für Deutschland, für die europäische Idee. Und vor allem: für mehr Klimaschutz.
Mit seinen Demos öffnete Jannik Berbalk den Weg für die Klever Klimabewegung
Mit seinen Demonstrationen ebnete der Gelderner den Weg für die Kreis Klever Klimabewegung. Schnell fand er Gleichgesinnte und in Greta Thunberg ein Vorbild. „Junge Menschen gehen endlich wieder für ihre Anliegen auf die Straße. Sei es gegen den Upload-Filter oder für mehr Klimaschutz. Meine Generation ist politisch“, sagt Berbalk.
Dennoch seien die vergangenen 365 Tage für ihn auch ein Auf und Ab gewesen. Die Demonstrationen und Gespräche mit Politikern hätten Mut gemacht. Allerdings, so meint er, sei bis dato noch zu wenig fürs Klima passiert. „Viele Themen werden von den Verantwortlichen einfach verpennt“, sagt Berbalk.
Ähnlich sieht’s auch Boßmann-van Husen. „Außer einer Blumenwiese vor dem Rathaus ist in Kleve eigentlich noch nichts passiert“, sagt der angehende Student. Die Ausrufung des Klimanotstands sei als Symbol wichtig gewesen. Noch entscheidender sei allerdings, dass der Klever Stadtrat stärker daran arbeite, effektiv Emissionen einzusparen.
Seine Vorschläge sind weitreichend: Alle öffentlichen Gebäude in Kleve sollen mit Solaranlagen ausgestattet, die Verkehrswende vorangetrieben, Fahrradwege ausgebaut und der ÖPNV, wenn irgendwie möglich, kostenlos gestaltet werden. Auch Berbalk sieht noch große Herausforderungen auf die Politik zukommen. Und zwar auf allen Ebenen. Brüssel müsse mehr anstoßen, die Bundesregierung zupackender werden, doch auch Kreistag und Stadtrat sollen ihm zu Folge mehr Aktionismus zeigen.
Die Coronakrise hat die politische Debatte in Kleve verändert
Die Corona-Krise habe die politische Debatte zuletzt jedoch stark verändert, und das zu ungunsten der FFF-Bewegung. „Es ist klar, dass aktuell alles vom Coronavirus bestimmt wird. Doch die Klimakrise hört nicht auf, nur, weil wir nicht mehr über sie sprechen – ganz im Gegenteil“, sagt Berbalk, der seit einigen Monaten Mitglied der SPD ist. Wichtiger Faktor dafür, sich nicht den Bündnisgrünen angeschlossen zu haben, sei die Co2-Steuer. „Ich bin kein Freund der Co2-Steuer. Sie darf nicht zu Lasten der ärmeren Bevölkerung gehen. Es gibt nun einmal Menschen, die auf das Auto angewiesen sind und das auch bleiben werden“, sagt Berbalk. Die Sozialdemokraten sehe er als „Anwalt“ dieser Leute. Boßmann-van Husen hat sich wiederum Bündnis 90/Die Grünen angeschlossen. Schließlich sei es sein Anspruch, nicht nur gegen schlechte Politik auf die Straße zu ziehen, sondern bessere Politik auch selbst mitzugestalten. In die Kommunalparlamente zieht es ihn dennoch nicht. Fürs Studium wird er Kleve verlassen, dann fehle ihm die Zeit, ein solches Mandat anzunehmen.
Der Blick auf die Politik sorgt in Corona-Zeiten für Frust
Der Blick auf die Politik in Zeiten der Corona-Pandemie sorgt bei ihm jedoch für Frust. „Es ist schon bemerkenswert, wie schnell die Politik handeln kann, wenn sie will. Da werden Maßnahmenpakete plötzlich innerhalb von einem Tag durch den Bundestag gepeitscht“, sagt Boßmann-van Husen. Diese Umtriebigkeit habe er bei der Klimaschutzpolitik nie beobachtet.
Für Berbalk könne die Zeit der Ausgangsbeschränkungen allerdings auch eine Art Blaupause für die Bundesrepublik sein. „Die Leute lernen plötzlich den Urlaub in der Heimat schätzen. Vielleicht merken sie dann auch, in welch schlechtem Zustand unsere Wälder sind. Darauf weisen wir schon seit langer Zeit hin“, sagt er. Auch Homeoffice könne zum Arbeitsmodell der Zukunft avancieren, gleichzeitig spare man dabei eine Menge Co2 ein.
Klimaschützer sind sich sicher: „Es gibt auch eine Zeit nach Corona“
Berbalk und Boßmann-van Husen wollen weiter Herzblut in ihr Engagement bei Fridays for Future investieren. „Es gibt auch eine Zeit nach Corona“, sagt Boßmann-van Husen. Dann seien auch wieder Aktionen geplant. Das Aktivisten-Duo geht nicht davon aus, in diesem Jahr noch allzu viel ausrichten zu können. Dabei hatte man groß gedacht. So sollte im Spätsommer erneut eine Großdemonstration stattfinden, prominente Musiker waren bereits angefragt worden. „Unter diesen Umständen macht es aber auch keinen Sinn, irgendetwas zu planen“, sagt Berbalk. Auch die Eröffnung der Geschäftsstelle an der Van-den-Bergh-Straße sei ausgefallen. Wenn sich die Corona-Krise aufgelöst hätte, wolle man aber wieder angreifen. Berbalk zu Folge sei es dann besonders wichtig, die Vernetzung mit Politikern, Verbänden und Ehrenamtlern voranzutreiben. Das Ziel: die FFF-Forderungen mit noch mehr Nachdruck in die Öffentlichkeit tragen.