Kreis Kleve. Kulturschaffende im Kreis Kleve müssen wegen der Coronakrise alle Veranstaltungen und auch Workshops mit den Schulen absagen.
Das Spiel ist tägliches Brot der Kultur. Aber in Zeiten des Coronavirus ist es hart. Veranstaltungen und Kurse laufen nicht.
Spielbetrieb einstellen, Workshops entfallen – „Wir sind umzingelt von Absagen“, sagt Crischa Ohler vom freien Kinder- und Jugendtheater Miniart in Bedburg-Hau. Jedes Jahr um diese Zeit proben beispielsweise die Viertklässler an der St. Antoniusschule Bedburg-Hau mit den Mini-Artlern Crischa Ohler und Sjef van der Linden ein eigenes Stück als Rückblick auf vier Jahre Grundschulzeit. „Aber die Kinder dürfen nicht zu uns kommen. Das Ministerium hat den Schulen jeden Außenkontakt untersagt – und das bis zum Jahresende!“, ist Crischa Ohler entsetzt.
„Wenn wir mit den Schulen nicht arbeiten dürfen, betrifft das zwei Drittel unseres Publikums.“ Ausfallen müssen auch ein großes Projekt mit der Lebenshilfe mit Premiere im Mai sowie eine eigene Tournee von Miniart in Hessen und nach Essen, obendrein Veranstaltungen im eigenen Theater. „Es trifft uns sehr, sehr, sehr heftig“, so Ohler.
Einnahmeverluste für sie selbst als Schauspieler, für Regie, Kostümfrau, Techniker kann die Einmalzahlung des Landes – nach komplizierten Anträgen – nicht auffangen. „Wir stehen mit den Händen in den Haaren, wie man in den Niederlanden sagt“, beschreibt die Theaterfrau. Theater lebe nur mal von der direkten Kommunikation. Da helfen auch keine kurzen Online-Szenen.
Ein wenig Freude können die beide Theatermacher in Bedburg-Hau zwar melden. ‚Ein Schaf fürs Leben‘ in der Regie von Rinus Knobel wurde von zwei Auswahljurys zu zwei der wichtigsten NRW-Festivals eingeladen: „Westwind“ in Castrop-Rauxel (es hätte im Mai laufen sollen) und zu „Spielarten“ im Herbst in unterschiedlichen NRW-Städten. Ob diese Begegnungen mit Kollegen möglich werden, ist unklar.
Auch das Theater im Fluss in Kleve lebt von jungen Leuten. „Die Schul-Aufträge sind uns weggebrochen, alle vier Osterferien-Kurse sind abgesagt und zwölf fortlaufende auch“, zählt Harald Kleinecke, Theater- und Kulturpädagoge, Schauspieler, Regisseur und Theaterdozent, traurig auf. „In den Schulen bleibt auch die Kultur- und Persönlichkeitsbildung auf der Strecke“, sagt er. Denn etwa an der Karl-Kisters-Realschule Kleve wird diese Art der Berufsvorbereitung ausfallen. Fürs Theater danach probt Schauspieler Andi Giese „Das Herz des Boxers“, unter Corona natürlich ein Zwei-Mann-Stück.
Ausflippen, wenn’s wieder los geht
Ebenso bestätigt Bruno Schmitz vom Kulturbüro Niederrhein in Kleve und Cinque Kleinkunstverein : „Wir leben ausschließlich von der Kultur. Ab April fahren wir Kurzarbeit. Es ist ein Vakuum“. Auch da hilft die Unterstützung vom Staat nur ein kleines bisschen.
Seit 13. März sind alle Veranstaltungen weggebrochen. Ausverkauft waren Ingrid Kühne in Weeze, Sven Pistor in Rees, Jürgen Becker in Xanten, Jürgen Hausmann in Kleve, „Hart an der Grenze“ mit dem WDR in Goch, Stunk unplugged in Kevelaer, Gerburg Jahnke in Ahaus und so weiter.
„Wir sind froh, dass wir viele haben verschieben können“ in den September, Dezember und in 2021. „Aber ich hatte den Herbst eigentlich schon fertig durchgeplant mit anderen Künstlern. Ich befürchte, dass dann nicht mehr so viel Publikum kommt,“ ahnt Bruno Schmitz.
Andererseits: „Ich glaube, es wird wie eine Explosion sein, alle werden ausflippen, wenn wieder Veranstaltungen erlaubt sind. Ich glaube daran, dass Herr Laschet ab 19. April kleine Lockerungen erlaubt und die Leute etwas nach Luft schnappen dürfen“, hofft er. Drum hat er Herbert Knebel im Aussichtsturm Ende April noch nicht gecancelt.
Wie sehr sich das Publikum nach Live-Unterhaltung sehnt, sieht er an den Vorverkaufszahlen zur Cinque Sommernacht am 22. August. „Draußen Party und Show“, das werde doch hoffentlich erlaubt sein.
Theater im Fluss baut zurzeit um – Stadtteilfest im Quartier ist geplant
Unter anderen Umständen hätte das Theater im Fluss in Kleve Grund zur Freude. Entgegen seinen Befürchtungen erweist sich der Käufer des Geländes zwischen Ackerstraße, Brahmsstraße, Mozartstraße als verlässlicher Partner, wie er es schon an anderen Klever Ecken (Bahnhof, ehemalige Post) bewiesen hatte. An der Ackerstraße in Kleve will er das Quartier entwickeln, zusammen mit den Nachbarn, mit der Gesamtschule und dem soziokulturellen Zentrum des Theaters im Fluss. Das wird dort bleiben. „Wir haben uns gut geeinigt“, sagt der Leiter des freien Theaters, Harald Kleinecke.
Jetzt wird umgebaut. Heizung und Sanitär erledigt der Vermieter. Umgestaltungen aber machen die Theaterleute selbst. Und das bedeutet hohe Kosten. Ausgerechnet jetzt, wo in Corona-Zeiten die Einnahmen wegbrechen. Ausgerechnet jetzt, wo man nicht in Mannschaftsstärke anpacken darf, sondern nur zu zweit. Ein Zettel mit der Bitte um Spenden hängt am verschlossenen Eingang, „an dem ich jeden Tag die Klinke mit Desinfektionsmittel reinige“, beschreibt Harald Kleinecke.
Theaterraum größer und ein kleiner Ersatz für die Kulturgarage
An der Rückseite des Hauses schwingt Andi Giese der Vorschlaghammer und holt an der Rückseite ein Stück Mauer heraus (Foto oben). Hier wird es ein großes Fenster geben, mehr Durchblick im künftigen Büro. Auch nach hinten zur Freifläche Mozartstraße hin wurde eine neue Fluchttür heraus gebrochen. Der erste Bauabschnitt schafft ein neues Foyer, neues Büro. Der Theaterraum wird im zweiten Bauabschnitt ab Sommer größer, eine Wand wird versetzt. Dahinter entsteht eine neue kleine Kulturbühne (bisher Büro/Aufenthaltsraum) als Ersatz für die „Kulturgarage“ nebenan – die entfällt. Als letzter, vierter Bauabschnitt folgt die Renovierung von Werkstatt und Lager.
„Am 1. April sollte eigentlich ein Treffen aller Beteiligten im Quartier sein“, erzählt Kleinecke. „Für ein Stadtteil- und Nachbarschaftsfest, das am 21. Juni steigen sollte.“ Nun hofft er, dass Anfang Mai ein Corona-Begegnungsverbot beendet sein wird und man mit den Vorbereitungen beginnen kann.