Kreis Kleve. In der Corona-Krise versuchen die Kommunen im Kreis Kleve, politisch handlungsfähig zu bleiben. In Videokonferenzen fallen nun Entscheidungen.

Abstandsgebot, angeordnetes Home-Office, besser fremde Personen meiden – was im alltäglichen Leben schon schwerfällt, ist auch im politischen Betrieb während der Corona-Krise eine Herausforderung. Wie soll die kommunale Ratsarbeit funktionieren, wenn sich die Vertreter politischer Parteien und Gruppierungen mit Blick auf die Viruseindämmung aktuell besser nicht zur Debatte zusammenfinden sollten?

In Kleve sind zurzeit alle Versammlungen abgesagt, keine Ausschüsse, kein Publikumsverkehr im Rathaus, keine Versammlungen in den Parteien. Und doch muss es einige Gremien geben, die wichtige Beschlüsse fassen, um etwa Bauaufträge vergeben zu können oder grundsätzliche Projekte demokratisch-legitimiert auf den Weg zu bringen. Bürgermeisterin Sonja Northing erklärt, dass der Rat und der Vergabeausschuss nach Ostern wieder tagen wird.

Umlaufverfahren: Landtag berät über Gesetzesänderung

Aktuell berät der Landtag über den Entwurf eines Gesetzes, das unter anderem Änderungen zur Fassung von Beschlüssen im vereinfachten Verfahren in der Gemeinde- und Kreisordnung vorsieht.

In Ausnahmefällen wie der aktuellen Corona-Krise könnten eilbedürftige Angelegenheiten dann im Umlaufverfahren, also schriftlich ohne Zusammenkunft, entschieden werden.

„Wir warten diese Überarbeitung ab und beschränkten uns bis dahin auf Dringlichkeitsentscheidungen in Telefonkonferenzen“, sagt Willi van Beek (SPD) über die Ratsarbeit in Bedburg-Hau.

Sitzung in der Stadthalle geplant

Wie genau man diese mache, stehe noch nicht fest. Ins Auge gefasst wurde die Stadthalle, da man hier mit dem nötigen Abstand sitzen könne, so Northing. Ob Publikum zugelassen wird, ist auch noch nicht geklärt. „Ich gehe davon aus, dass wir größere Abstände einhalten“, so die Bürgermeisterin. Auch wäre es möglich, mit weniger Ratsvertretern zu tagen, das Stimmenverhältnis müsste allerdings gewahrt bleiben. „Wir müssen überlegen, was für uns das beste Mittel ist“, so Northing.

Zwischen der Verwaltung und den Fraktionsspitzen wird jetzt viel telefoniert. Northings Verwaltung arbeitet zurzeit mittels Dringlichkeitsbeschlüssen. Die Zustimmung zu den Maßnahmen sei groß.

Mit Hilfe des Kommunikationstools Skype verbindet sich Kalkars Bürgermeisterin Britta Schulz aktuell einmal pro Woche digital mit den Fraktionsvorsitzenden. „Das ist eine relativ einfache Variante der Videokonferenz, die für uns gut funktioniert“, sagt Schulz. Sie leite dabei Informationen beispielsweise von der Landesregierung oder der Wirtschaftsförderung weiter.

Britta Schulz: Dringlichkeitsentscheidungen nur Notfallinstrument

„Wir waren bislang in der glücklichen Lage, dass wir keine unbedingt nötigen Beschlüsse fassen mussten“, so die Bürgermeisterin, die zunächst bis zum Ende der Osterferien am 19. April schaut. Für den 30. April ist derzeit noch eine reguläre Bauausschusssitzung angesetzt. „Wir wissen nicht, wie dann die Lage ist. Doch irgendwann müssen wir wieder tagen, sonst kommen wir nicht voran“, sagt Britta Schulz. Dringlichkeitsentscheidungen sehe sie nur als Notfallinstrument an.

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In Goch wurde damit jüngst die vorübergehende Aussetzung der Parkgebühren und Kita-Beiträge beschlossen. „Ansonsten gibt es nur eine sehr reduzierte Ratsarbeit“, stellt der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus-Dieter Nikutowski fest. Zusammen mit Bürgermeister Ulrich Knickrehm sprechen die Gocher Fraktionsspitzen nun regelmäßig in Videokonferenzen über dringende Anliegen. „Die Verwaltung muss ja handlungsfähig bleiben und zumindest Signale aus der Politik erhalten“, meint Nikutowski. „Es ist aber sehr schwierig, derzeit perspektivisch zu arbeiten. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir strukturell weitermachen werden.“ Der SPD-Fraktionschef appelliert, die Corona-Krise nicht zum Wahlkampfthema zu machen. „Das wäre unanständig“, findet Nikutowski.

Werden Fördermittel weiter fließen?

Die Kranenburger Fraktionsvorsitzenden und Bürgermeister Günter Steins verabredeten vor zwei Wochen noch bei einer klassischen interfraktionellen Runde, „aber mit gebührendem Abstand“, wie Joachim Janßen (CDU) sagt, das weitere Vorgehen. „Der Austausch findet nun vor allem per E-Mail statt. Und in einer kleinen Kommune wie bei uns in Kranenburg geht es manchmal auch recht schnell per WhatsApp“, erzählt der Christdemokrat. Auf wohl alle Städte und Gemeinden – ob groß oder klein – sieht Janßen nach dem Höhepunkt der Krise jedoch eine entscheidende Aufgabe zukommen: „Der Haushalt muss völlig neu bewertet werden, da Gewerbesteuereinnahmen oder auch Fördergelder möglicherweise nicht wie geplant fließen werden.“

Im politischen Kalender des Kreises Kleve steht derzeit noch die Kreistagssitzung am 30. April. Eine abschließende Entscheidung über die Durchführung sei noch nicht erfolgt, teilt Kreissprecherin Elke Sanders mit. Auf Grundlage von einvernehmlichen Absprachen zwischen Verwaltung, Fraktionen und Kreistagsmitgliedern gebe für unbedingt erforderliche Kreistags- oder Ausschusssitzungen verschiedene Optionen. Sanders nennt die Pairing-Vereinbarung als Beispiel, bei der auch mit weniger teilnehmenden Parlamentariern die Mehrheitsverhältnisse gewahrt werden. Auch Kapazitätsbeschränkungen für und die Registrierung von Besuchern kämen demnach in Betracht.