Kreis Kleve. Auch in Zeiten des Coronavirus sind die ambulanten Pflegedienste extrem wichtig. Oft sind sie der einzige soziale Kontakt für ihre Kunden.
Zu den besonders gefährdeten Personenkreisen in Zeiten der Coronakrise zählen nicht nur ältere Menschen, sondern auch alle, die aufgrund einer Krankheit ans Bett gefesselt sind. Zu ihnen gehört auch die Pfalzdorferin Helga Ripkens (56), die aufgrund ihrer ALS-Erkrankung vollständig gelähmt ist und künstlich beatmet werden muss (die NRZ berichtete in der Weihnachtsausgabe ausführlich).
„Aber ich habe keine Angst davor“, erklärte Helga Ripkens per WhatsApp Nachricht auf Anfrage der NRZ. „Ich atme durch Filter.“
Kontakte übers Internet
Allerdings muss auch sie nun mit der veränderten Situation, dass sie keinen Besuch empfangen kann, umgehen. Soziale Verbindungen hält sie über Mails, WhatsApp und Internet mittels ihres über die Augen gesteuerten Computers aufrecht. Und dann ist da ihr Clivia-Pflegeteam, dass ihr zuverlässig zur Seite steht – ein lebenswichtiger Kontakt.
Wie wichtig der Kontakt durch die häuslichen Pflegedienste ist, das weiß auch Christel Schoof von der gleichnamigen ambulanten häuslichen Krankenpflege in Kalkar. Sie versorgt mit ihrem 20-köpfigen Team Pflegebedürftige im Gebiet Kalkar und Rees. Die Gemütslage ihrer Schützlinge ist unterschiedlich: „Während einige unserer Patienten das Virus noch verlachen gibt es andere, die große Angst haben. Wir brauchen da wirklich Fingerspitzengefühl, um jeweils den richtigen Ton zu finden.“ Ein großer Aspekt ist auch die Schutzkleidung, die nach den RKI-Richtlinien (Robert Koch Institut) zwingend getragen werden muss. „Die Handschuhe und der Mundschutz verängstigen auch einige Patienten“, weiß Schoof.
Dabei ist sie froh, dass sie überhaupt noch entsprechende Schutzkleidung hat. Der Markt ist wie leer gefegt. „Den Mundschutz haben wir teils unseren sehr kreativen und mitdenkenden Patienten zu verdanken. Denn es gibt wirklich keine Gesichtsschutzmasken mehr auf dem Markt. Und da haben einige zu Nadel und Faden gegriffen und uns kochfeste Masken genäht“, freut sich die Pflegefachfrau, die auch um genügend Desinfektionsmittel kämpfen muss. Lediglich Einweghandschuhe seien noch recht gut zu bekommen
Pflege geht nicht im Home-Office
Aber eben auch nur zu mittlerweile stark überhöhten Preisen. „Haben die Einmalhandschuhe noch vor einiger Zeit zwei Euro gekostet, müssen wir da nun 6,50 für die Packung zahlen“, bedauert auch Simone Grohmann, Pflegedienstleiterin bei Pflege Schwalger GmbH aus Kleve. Auch die Mundschutzmasken, die im Einkauf sonst nur einige Cent gekostet haben, sind mittlerweile fast Gold wert. Und eben nicht mehr zu bekommen. Aber auch beim Pflege-Schwalger-Team sind Angehörige der Pflegekräfte kreativ geworden und haben aus Stoffresten und Gummis haltbare und entsprechend waschbare Masken selbst genäht. „Wo unsere Masken früher bei jedem Patienten frisch angezogen wurden, da müssen sie heute einen ganzen Tag lang halten. Aber wir müssen uns ja um unsere Leute kümmern, sie und uns durch die intensiven Hygienemaßnahmen schützen und unsere Patienten pflegen.“ Pflege geht eben nicht im Home-Office und eben auch nicht aus zwei Meter Entfernung.
Da geht’s in Zeiten wie jetzt nicht ohne entsprechende Ideen und auch nicht ohne Kreativität, Zusammenhalt und Hilfe von außen. „Immerhin sind die Menschen, die wir pflegerisch betreuen, gut drauf“, freut sich Simone Grohmann, „es sind ja auch erst circa zehn Tage, in denen die sozialen Kontakte eingestellt wurden. Mal schauen, wie es in zwei oder drei Wochen aussieht.“
Diszipliniertes Arbeiten
„Gut drauf“ sind auch die Teams der ambulanten Pflegedienste von der Caritas im Kreis Kleve. „Alle bei uns sind wirklich engagiert und sehr bemüht mit der schwierigen Situation gut umzugehen“, betont Alexia Meyer, Leiterin des Fachbereichs Pflege und Gesundheit bei der Caritas in Kleve. „Wir halten den bestmöglichen Abstand und handeln ausnahmslos höchst diszipliniert. Bezüglich der Schutzmaßnahmen geht’s uns in der Pflege wohl allen ähnlich. Wir haben noch Vorräte, aber auch wir brauchen Nachschub – und den gibt’s nur zu irren Preisen.“
Masken werden auch hier selbst genäht – nur im Falle einer Corona-Infizierung reichen die nicht aus. Da werden FFP 2 bzw. 3 Schutzmasken gebraucht. „Die setzen wir auch nur dann ein, denn die dürfen wir nicht aufbrauchen, sonst haben wir für eventuell spätere hohe Infizierungsraten keine mehr auf Lager. Aber“, so ergänzt Meyer erfreut, „andere Unternehmen haben uns schon Schutzmaterialien angeboten und allgemein ist ein großer Zusammenhalt zu spüren. Das baut auf und gibt uns allen Kraft in dieser schweren Krise.“