Kleve. Tamara Müller ist Vorsitzende des Vereins Wildgehege Reichswalde. Es ist eine kleine Idylle – wenn nur manches nicht mutwillig zerstört würde.
Das Schaf heißt Flauschi und ist der Liebling aller Kinder. Flauschi schaut einen ganz munter an, auch ein bisschen fordernd. Die Ziegen haben nämlich gerade Futter bekommen. Wo bleibt Flauschis Futter? Her damit, aber plötzlich!
Unterdessen grunzen die drei Wildschweine wohlig. Sie mampfen vor sich hin, ohne aufzuschauen. „Manchmal kann man sie sogar streicheln“, sagt Tamara Müller. „Im Wald würde ich solchen Tieren allerdings nicht gerne begegnen.“
Im Wildgehege Reichswalde dagegen geht alles friedlich zu. Zumindest, was die Tiere angeht. Mit manchen Menschen hat Tamara Müller allerdings schlechte Erfahrungen gemacht. Vandalismus, leere Schnapsflaschen, Glasscherben und Müll in den Gehegen – das ist an der Tagesordnung.
Fürs Füttern sind zwei Paare zuständig
Falls sie es mitbekommt, ist Tamara Müller schnell zur Stelle. Sie wohnt in unmittelbarer Nähe zum Wildgehege. Und sie ist Vorsitzende des Vereins, der das Gehege unterhält. Fürs Füttern sind zwei Paare zuständig, die Jüngeren kümmern sich um den Erhalt der Zäune, um die Hütten und die Spielzeuge für die Tiere.
„Wir haben jetzt wieder eine Bank aufgestellt für die vielen Spaziergänger“, sagt Tamara Müller. Ein Pilotprojekt. Sie wollen schauen, ob wieder irgendwer versucht, alles kaputt zu machen. Falls nicht, sollen mehr Bänke hinzukommen. Alles in ehrenamtlicher Arbeit.
„Wir haben das Gehege schon im Kinderwagen kennengelernt“, erzählt Tamara Müller. Die examinierte Altenpflegerin wohnte als Kind in Materborn, da sind ihre Mutter und ihre Oma mit ihr nach Reichswalde gelaufen. „Ich möchte, dass es so bleibt, wie ich es erlebt habe – für die heutigen Kinder.“
Für Tamara Müller war die Natur ihr Spielplatz. Mit ihrer Cousine Katharina Maas, die auch im Verein aktiv ist, war sie als Kind immer draußen. Auch in der Waldjugend waren die beiden aktiv. Smartphones gab es nicht, aber Bäume, in die man klettern konnte. Noch heute gehen sie gerne und regelmäßig gemeinsam wandern.
Zehn Rothirsche, neun Ziegen, drei Wildschweine und ein Schaf
Im Wildgehege leben neben neun Ziegen, einem Schaf und drei Wildschweinen auch zehn Rothirsche. Anfangs betrieb die Stadt das Gelände, und zwar beidseits der Straße Richtung Grunewald. Irgendwann wollte die Stadt nicht mehr, seither hat der Verein die Anlage auf der Reichswalder Seite übernommen. Mit dem Tierpark Weeze tauscht das Wildgehege Reichswalde manchmal Tiere aus. Zuletzt übernahm es einige Tiere aus einem Gnadenhof, der geschlossen wurde. Darunter Flauschi.
Aber es sind nicht nur große Tiere, die hier ihr Zuhause finden. Nistkästchen, Bienenstöcke, demnächst auch ein Igelhäuschen und Insektenhotels bieten Entfaltungsräume für kleinere Lebensformen.
Falls es ein großes Ostereisuchen am 12. April geben sollte (wenn, dann ab 14 Uhr), dann wären die Gehege auch wieder für die Kleinen zugänglich. 600 Eier verstecken die Helfer üblicherweise. „Die sind dann in ein, eineinhalb Stunden alle weg“, schmunzelt Tamara Müller.
Solche Aktionstage – Ostereisuchen, Waldfest und Adventsfest – werden von der Bevölkerung gut angenommen. Sie sollen das Gehege verstärkt ins Bewusstsein bringen. Und damit die Tatsache, dass es das Gehe überhaupt nur gibt, weil Menschen dafür spenden und dem Verein beitreten.