Kleve. Klever Landwirt Markus Tißen: Die Nitratbelastungen im Boden sind in den letzten Jahren landesweit um mehr als ein Drittel zurück gegangen.

„Der Zusammenhalt unter den Landwirten ist ganz gut,“ findet Markus Tißen aus Düffelward. „Die Demonstrationen waren wichtig, um aufzuklären und mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu bekommen.“ Denn „die Bauern demonstrieren nicht gegen, sondern für etwas. Wir sind nicht gegen weniger Pflanzenschutz, sondern dafür“. Und für verbesserte Lebensmittel bei eventuell geringerer Ernte müsse der Verbraucher mehr zahlen. So sind die Bauern auch für faire, realistische Preise.

Markus Tißen befürwortet ausdrücklich die Stärkung der regionalen Märkte. Die Tiere bäuerlich halten, das muss vom Verbraucher auch so angenommen werden. Er bedauert wie viele seiner Kollegen, dass es am Niederrhein keine einzige Molkerei mehr gibt (zuletzt Milchwerke Wöhrmann in Kalkar). Jetzt wird die Milch der Kreis Klever Kühe in die Eifel gefahren und von dort zurück in die Kühlregale der Supermärkte – und die schmeißen das wertvolle Lebensmittel zu Dumpingpreisen raus: „Sechs Liter zu 4,44 Euro“, schüttelt Tißen verständnislos den Kopf. „Immer größere Einheiten werden auf die Straße verlagert“, beschreibt er, der an seinem Hof auch eine Milchtankstelle betreibt, bei der jeder rund um die Uhr jeden Tag Milch selbst zapfen kann.

Umweltwerte landwirtschaftlicher Flächen haben sich verbessert

Nitratbelastung in NRW laut Lanuv. Bauern zweifeln an den Ergebnissen mancher Messstellen: „Die Instrumente müssen funktionstüchtig sein“.
Nitratbelastung in NRW laut Lanuv. Bauern zweifeln an den Ergebnissen mancher Messstellen: „Die Instrumente müssen funktionstüchtig sein“. © funkegrafik nrw | Marc Büttner

Markus Tißen liegt daran zu vermitteln, dass auch die Umweltwerte landwirtschaftlicher Flächen sich verbessert haben. „Wir fahren im Herbst keine Gülle mehr, obwohl die Effekte gut waren. Wir bringen sie nicht mehr mit dem Prallteller aus, sondern bodennah.“ Und: „Die Nitratbelastungen im Boden sind in zwischen 2013 und 2018 landesweit um mehr als ein Drittel zurück gegangen,“ zitiert er Veröffentlichungen und erinnert: Was jetzt im Boden messbar steckt, wurde schon vor 20 bis 30 Jahren durch Stickstoffdünger eingebracht. In den letzten Jahren immer weniger, also Tendenz: Verbesserung.

Der Betrieb Tißen betreibt auch Ackerbau. Wie steht der junge Landwirt dazu, auf Maisanbau zu verzichten und statt dessen die klimaschonendes Klee- und Luzerne-gras anzubauen? Auch wenn die These umstritten ist, so hält es Markus Tißen doch mit der Aussage des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, dass ein Hektar Mais so viel Co2 in Sauerstoff umwandelt, wie 50 bis 60 Menschen pro Jahr zum Leben brauchen.

Die sinkenden Nitratzahlen, von denen Tißen spricht, kann das Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz, Lanuv, bestätigen. Nitrat ist einer der wichtigsten hydrochemischen Parameter, um Grundwasserqualität zu beschreiben.

Bis Ergebnisse vorliegen, braucht es sechs Jahre Zeit

Birgit Kaiser de Garcia, Pressesprecherin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW antwortet auf NRZ-Anfrage: Es gibt 2500 Grundwassermessungen in NRW, aus denen Proben genommen und einzeln im Labor ausgewertet werden – bis Ergebnisse vorliegen, braucht es sechs Jahre Zeit. Der „Grundwasserkörper“ wird bewertet, wichtig ist dabei, was oben drüber ist: Siedlung, Wald oder landwirtschaftliche Fläche. Wie ausgewertet wird, steht derzeit in der Diskussion, ob es kleinräumiger genauer sein könne. Diese Überlegungen seien Folge auch der Bauernproteste. (siehe auch Einwände in der Info-Box oben)

Zahlen in NRW: Im Jahr 2008 lagen 14,9 Prozent der Messstellen über einem Wert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter (EU-Schwellenwert zur Qualität von Trinkwasser), schwankend zwischen 10 und 15 Prozent liegt der aktuellste Wert aus dem Jahr 2018 bei 11,5 Prozent der Messstellen. Die Zahl der Messstellenproben mit nur 25 mg/l liegen zwischen 35 und 29, aktuell bei 30,2 Prozent der NRW-Messstellen. „Für die Einzeljahre ist dieser Anteil wechselhaft, ein fallender Trend kann jedoch festgestellt werden“, so das Lanuv.

Gruppe von Landwirten lehnt „Schweigegeld“ aus Berlin ab

Die Koalition in Berlin beschloss, der Landwirtschaft eine Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Landwirte in der „Bewegung Land“ lehnen das als „Schweigegeld“ ab und übergaben ein Schreiben den Kreis Klever Abgeordneten MdB Stefan Rouenhoff (CDU), MdB Barbara Hendricks (SPD).

Sie verlangen „zuerst fachlich ausgewogene Dünge-
regeln, dann Geld für die Überwindung der Folgen“. Die Gruppe „Land schafft Verbindung“ zweifelt Werte an manchen NRW-Messstellen (siehe Grafik) an: „Wir erwarten nicht mehr als dass die Instrumente, die später Grundlage für mögliche Sanktionierungen im Rahmen der Düngeverordnung sind, uneingeschränkt funktionsfähig sein müssen. Die von den Bewirtschaftungsauflagen betroffen Landwirte haben ein Recht auf volle Transparenz, was die Validität der Messstellen hinsichtlich Lage und Zuordnung zu den betroffenen Grundwasserkörpern angeht“.