Kleve. Studierende der Hochschule Rhein-Waal arbeiten am ersten nachhaltigen Einkaufsführer für Alltagsprodukte am Niederrhein.

Fairtrade-Kaffee von Kleinbauern aus Lateinamerika oder das von multinationalen Handels- und Röstfirmen nach unten gedrückte Angebot. Der fair hergestellte Wollmantel aus dem Second-Hand-Shop oder das billig in Asien produzierte T-Shirt: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit beim Privatkonsum am Niederrhein? Das möchte eine studentische Projektgruppe des Masterstudiengangs „Sustainable Development Management“ an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve herausfinden.

Mit den Ergebnissen einer Umfrage und weiterer Recherche wollen die fünf Studierenden im Frühjahr einen nachhaltigen Einkaufsführer für Alltagsprodukte online und gedruckt für die Städte und Gemeinden Kleve, Goch, Weeze, Kevelaer, Geldern, Kamp-Lintfort und Xanten veröffentlichen. „Wir hoffen, mit diesem kleinen Guide mehr Bewusstsein für nachhaltigen Konsum zu schaffen und den Leuten die Möglichkeiten dafür aufzuzeigen“, sagt Studentin Lisa Nitschke.

Fünf Kategorien für Nachhaltigkeit

Die internationale Gruppe weiß auch aus eigener Erfahrung, dass es im Kreis Kleve und in der Umgebung zwar durchaus viele Adressen für einen nachhaltigen Einkauf gibt, diese aber oft nur einem kleinen Kreis bekannt sind. „Wenn es diese Geschäfte doch gibt, warum wissen wir dann nichts von ihnen?“, fragt Abraham Chibo, der in Nigeria geboren und in Frankreich aufgewachsen ist. „Sollten wir es schaffen, diesen Bereich besser zu beleuchten, dann bleibt der Begriff Nachhaltigkeit vielleicht auch nicht mehr verschwommen, sondern bedeutet den Leuten wirklich etwas.“

Kostenlos verfügbar

Die Studierenden werden auf den fertigen Nachhaltigkeitsguide kein Copyright anmelden. Die beteiligten Städte können ihn drucken, zudem wird er kostenlos online verfügbar sein.

Der Einkaufsführer bedeutet Extra-Arbeit für die Studierenden, die bis Ende Februar zunächst einen wissenschaftlichen Bericht abliefern müssen. „Wir haben uns aber gefragt: Wäre es nicht gut, solch einen Guide zu haben? Und was haben wir schon zu verlieren außer ein paar Stunden Schlaf?“, erzählt Abraham Chibo.

Für die Finanzierung bemüht sich die Projektgruppe um Zuschüsse von Organisationen wie Brot für die Welt und Engagement Global.

Was nachhaltig ist und was nicht, teilen die Masterstudierenden anhand von fünf Kategorien ein: organisch, regional produziert, Second Hand, unverpackt und fair produziert. „Es gibt ein wenig Konfusion bei Nachhaltigkeit. Die meisten Menschen denken dabei vor allem an den Umweltaspekt, es gibt aber auch soziale und ökonomische Komponenten, die vor allem bei Fairtrade angesprochen werden“, erklärt Lisa Nitschke.

Informationen auf 30 bis 40 Seiten

Für den Nachhaltigkeitsguide, der 30 bis 40 Seiten stark werden soll, gibt es Vorbilder aus Köln, Düsseldorf und dem Ruhrgebiet – am Niederrhein betreten die Studierenden dagegen Neuland. „Er wird regionalen Produzenten Aufmerksamkeit schenken“, kündigt Abraham Chibo an.

In kleinen Steckbriefen sollen die Geschäftsinhaber erzählen können, warum sie für nachhaltigen Konsum eintreten. „Die Kunden bekommen so eine bessere Vorstellung, bei wem sie einkaufen“, meint Regina Wilhelm, die als Kleverin viele lokale Kontakte für die Projektgruppe herstellte. „Der Guide wird auch erklären, nach welchen Labels Kunden schauen können und welche davon besser oder schlechter sind“, ergänzt Nitschke.

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Mit der Frage nach nachhaltigem Konsum bearbeiten die Studierenden ein Thema, das derzeit eine wachsende Aufmerksamkeit erfährt. „Dass wir hier in Kleve diesen Master studieren können, ist ja auch ein Beweis dafür. Die Menschen haben begonnen zu realisieren, dass sich etwas ändern muss und wir nicht so weitermachen können wie in den vergangenen Dekaden“, stellt Lisa Nitschke fest. Die „Fridays-for-Future“-Bewegung habe dem Thema einen zusätzlichen Schub gegeben, wobei Nachhaltigkeit nicht nur den Kampf gegen den Klimawandel, sondern auch gegen Armut und soziale Ungerechtigkeit beinhalte, betont die Studentin, die aus Norddeutschland stammt.

Die Studierenden nehmen für sich selbst nicht Anspruch, beim Konsum immer und überall den Maßstäben der Nachhaltigkeit zu genügen. Sie versuchen jedoch, möglichst plastikfrei zu leben, wenig oder gar kein Fleisch zu essen, bei regionalen Erzeugern einzukaufen und keine „Fast Fashion“ zu tragen. „Eines der größten Probleme, auf das wir beim Projekt bislang gestoßen sind, ist aber, nachhaltige Kleidung am Niederrhein zu finden“, erzählt Abraham Chibo.

Noch bis zum 26. Januar können Bürger aus Kleve, Goch, Weeze, Kevelaer, Geldern, Kamp-Lintfort und Xanten bei der Umfrage mitmachen: https://www.surveymonkey.de/r/G276C5N.