Kleve. Theaterlabor des Klever Theaters im Fluss spielt das Stück „Einen Schmetterling habe ich hier nicht gesehen“. Eindringliche Holocaust-Collage.

Leicht haben sie es sich nicht gemacht, die neuen Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei der Auswahl dieses Stücks. Aber um leicht ging es dabei auch nicht. Eher um wichtig und unerlässlich in Zeiten, in denen Menschen die Stimme erheben, die den Holocaust verharmlosen oder gar leugnen. Unter der Regie von Harald Kleinecke probt das Theaterlabor des Theaters im Fluss seit dem Herbst das Stück „Schmetterlinge habe ich hier nicht gesehen“ – eine eindringliche Collage über das Leben der Kinder im Ghetto, in Konzentrationslagern, im Untergrund. Erste Aufführung ist am Freitag, 24. Januar, 20 Uhr, auf der Bühne an der Ackerstraße 50.

Ein Sprechchor eröffnet den Theaterabend

Ein Sprechchor aus den neun jungen Schauspielern eröffnet den gut einstündigen Theaterabend. „Wir werden nicht behaupten, wir wären jene Kinder und Jugendliche, die in Konzentrationslagern starben oder Ghettos oder die versuchten zu leben dort. Wir können die nicht sein, auch nicht im Spiel im Theater,“ heißt es dort unter anderem. Von Beginn an stellen die Akteure klar, dass sie die grauenhaften Erfahrungen der internierten Kinder allenfalls erahnen, in ihrer Monstrosität aber niemals werden spielen können. „Wir können nur versuchen uns anzunähern“, erklärt Yannis van Soest.

Das Bühnenbild unterstreicht das eindringliche Spiel der jungen Darsteller.
Das Bühnenbild unterstreicht das eindringliche Spiel der jungen Darsteller. © NRZ Kleve | Claudia Gronewald

Um das zu schaffen, beschäftigen sie sich mit Einzelschicksalen. „Es entsteht ein ganz anderer Bezug zum Thema“, sagt Janis Krebbers, „wenn man selber eine Rolle spielt.“ Man schaffe es sich dem Thema zu nähern durch das Schauspiel, ergänzt Regisseur Harald Kleinecke. Jeder der Spieler habe dazu ein eigenes Solo entwickelt, um heraus zu finden, wie man sich selber fühle.

Kinder waren die Wehrlosesten von allen

Sie alle seien während ihrer Schulzeit immer wieder mit dem Holocaust, dem Nationalsozialismus konfrontiert worden, hätten sich damit auseinandergesetzt. „Die Gesamtheit der Verfolgung und Ermordung steht dabei oft im Fokus“, sieht Krebbers. Für die Kinder hätten sie sich entschieden, weil sie „die Wehrlosesten von allen“ waren, so Krebbers.

Im Stück von Lilly Axster, das in den 1990er Jahren in Oberhausen uraufgeführt wurde, zeigen die Schauspieler, wie Kinder spielen, im KZ, wie dieses „Spiel“ immer wieder unterbrochen wird vom alltäglichen Grauen, dem Hunger, dem Sterben im Lager. „Die Kinder spielen dann, was sie sehen“, bringt Krebbers auf den Punkt, was die Zuschauer erwartet.

„Unsere Möglichkeit das zu erfassen, spiegelt sich in der Art des Stücks als Collage“ so Harald Kleinecke. Mit Schattenbildern hinter weißem Vorhang zeigen sie etwa ein kleines Mädchen, das davon träumt Zirkusdirektor zu sein. „Unser Stück erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wir zeigen Details.“ Wie das Fußballspiel der Kinder mit einer verschrumpelten Kartoffel, die einer der Mitspieler schließlich zu essen versucht. Es geht um die Erfahrungen der Kinder im KZ, die Trennung von den Eltern, das Alleinsein, Erlebnisse im Ghetto, in einer Art Widerstand.

Schauspieler und Termine

Neun Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 17 und 24 Jahren tragen dieses schwierige Stück. Auf der Bühne stehen Yannis van Soest, Selina Koenen, Jana Dreis, Roderich Wildfeuer, Tina Kersten, Annika Ramcke, Sofie Ruddat, Janis Krebbers und Lennart Osterkamp. Das Stück wird zunächst an drei Abenden gespielt. Termine sind 24., 25. und 27. Februar, jeweils 20 Uhr. Sollten Schulklassen sich interessieren, spielt Theater im Fluss auch vormittags. Karten kosten acht, erm. vier Euro. Weitere Infos: 02821/979379.

Eindrucksvolles Bühnenbild

Das eindrucksvolle, wechselnde schwarz-weiße Bühnenbild aus Stacheldraht lässt zu keiner Zeit Zweifel über den Ort des Geschehens aufkommen. Umso weniger als dass die Schauspieler davon geradezu überlagert, gefangen bleiben. Barfuß und in Schwarz-weiß suchen die jungen Darsteller auch optisch spartanisch zu bleiben. Sehenswerte, aber naturgemäß keine einfache Theaterkost.