Kleve. Bernd Zevens (71) ist einer der erfolgreichsten Unternehmer Kleves. Er kommt aus kleinen Verhältnissen.

Das Schild ist klein, grau und leicht zu übersehen. „Zevens Grundbesitz“ steht darauf. In der dritten Etage des Backsteinbaus am Elefanten Oberstadt Centrum (Eoc) arbeitet ein Mann, der einen höheren Bekanntheitsgrad besitzt als Bürgermeister oder Bürgermeisterin. Die kommen und gehen, aber Mom bleibt. Der Mann hat eine außergewöhnliche Vita. Wir trafen ihn zum Gespräch.

Guten Morgen Herr Zevens. Es ist jetzt 10.30 Uhr. Heute schon ein Haus gekauft?

Bernd Zevens: Nein und das wird heute auch nichts mehr. Es geht nicht darum, möglichst viele Immobilien zu kaufen. Sie müssen passen, und der Preis muss stimmen.

Seit Ihrer Kindheit werden Sie nur Mom gerufen, weil Sie das Wort Bonbon nicht richtig aussprechen konnten. Mögen Sie den Spitznamen überhaupt?

Daran könnte ich jetzt sowieso nichts mehr ändern. Irgendwann fällt es einem auch nicht mehr auf. Ich glaube aber, er passt ganz gut zu mir.

Bernd Zevens.
Bernd Zevens. © Markus van Offern.

Viele jüngere Klever kennen Sie nur als einen extrem erfolgreichen Geschäftsmann. Gab es für Sie wirtschaftlich auch schlechtere Zeiten?

Ja, die gab es. Die ersten Jahre waren schwer. Das war damals ein ständiges Auf und Ab. Ab Ende der 80er Jahre lief das Geschäft dann immer besser. Zuerst habe ich das Schweizerhaus und Tiefbau Loock gekauft (1980). Dann kam das Autohaus Kleve (1988) dazu. Der Bau des „World Centers“ (1987/88) war ebenso eine gute Entscheidung wie später das Großprojekt Ruwel Werke in Geldern.

Holen Sie sich vor jedem Kauf einer Immobilie ein Gutachten ein?

Nein, es reicht fast immer, wenn ich einmal da durch laufe. Ich kenne die Quadratmeter, weiß, was an Miete reinkommt und sehe die Bausubstanz. Es geht beim Kauf nicht darum, den schnellen Euro zu machen. Wir wollen Häuser längerfristig halten.

Wissen Sie auswendig, wie viele Immobilien Sie besitzen? Und ob sie Ihnen gehört, wenn Sie daran vorbeifahren?

Auswendig kenne ich die genaue Zahl nicht. Aber wenn ich an eiem Haus vorbeifahre, dann weiß ich, ob es mir gehört.

Sie sind jetzt seit mehr als 45 Jahren im Immobiliengeschäft. Glauben Sie, dass Verwaltungen generell korrumpierbar sind?

Ja. Aber ich habe so etwas noch nie versucht und werde es auch nicht tun. Einiges, was mit Zevens zu tun hatte, wurde eine Art nebulöser Struktur nachgesagt. Ich habe immer sauber gearbeitet.

Was sagen Sie zu Behörden oder Bauverwaltungen? Wie bewerten Sie deren Arbeit?

Unterm Strich war die Zusammenarbeit in Kleve vernünftig. Wir hatten damals das Hotel 1,30 Meter zu hoch gebaut. Es war nicht alleine unsere Schuld. Mit einer Geldstrafe sind wir aus der Nummer herausgekommen. Es geht immer darum, wie man miteinander umgeht.

Treffen Sie alle Entscheidungen alleine?

Im Team reden wir darüber. Was am Ende gemacht wird, entscheide ich. Weil ich dafür auch die Verantwortung trage.

Wie viele Mitarbeiter haben Sie, wie merken Sie, ob man einem vertrauen kann?

14 Mitarbeiter arbeiten hier bei Zevens Grundbesitz. Ich kann mich auf mein Bauchgefühl verlassen. Das sagt mir, was da für ein Typ vor mir steht.

Welche wirtschaftliche Entscheidung bedauern Sie, weil sie nicht zum Ziel führte?

Der Kauf der Union. Ich wollte daraus mit Clever Stolz etwas Nachhaltiges schaffen. Die Butter gehörte zu Kleve, und das wollte ich sichern. Es funktionierte nicht, weil der Preiskampf zu aggressiv war. Ich habe auch auf die falschen Leute gesetzt und es zu spät gemerkt.

Was bedeutet für Sie berufliche Zufriedenheit?

In einem Satz: Wenn man Spaß an dem hat was man tut und damit auch noch Geld verdient.

Was haben Sie von Ihren Eltern gelernt?

Fleiß, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Leute, die mich richtig kennen, wissen das.

Wie viele Stunden arbeiten Sie?

Ich bin jeden Tag etwa fünf bis sechs Stunden im Büro.

Apropos Arbeit. Wird mit dem kleinen Mann in Deutschland gerecht umgegangen, wenn er 45 Jahre arbeitet und davon nachher nicht leben kann?

Das ist eine Schande. Die Menschen werden alleine gelassen und so behandelt, als hätten sie extra nicht für später vorgesorgt.

Was halten Sie von der aktuellen Klimadiskussion?

Die ist wichtig. Ich kann die Mehrkosten verkraften. Aber der kleine Mann kann das nicht.

Wohin fahren Sie in den Urlaub?

Gerne nach Österreich. Eigentlich überall hin, wo deutsch gesprochen wird und ich alles verstehe.

Wie alt ist Ihr Mercedes? Kaufen Sie jedes Jahr einen Neuen?

Ich habe mir vergangenen Monat ein neues Auto gekauft. Den davor hatte ich acht Jahre. Ich kaufe mir immer einen schwarzen Mercedes, und der hat immer dasselbe Kennzeichen.

Sind Sie Mitglied in einer Partei?

Ich war ein guter Freund von Paul K. Friedhoff. Auch wegen meiner damaligen Beteiligung an Spectro. Über ihn bin ich damals der FDP beigetreten.

Sie statteten Schulklassen mit Computern aus. Ein Jugendheim trägt Ihren Namen. Zuletzt haben Sie die Kosten für ein Krankenhaus in Niger übernommen und einen OP-Container der Aktion „Pro Humanität“ in Benin finanziert. Es gibt den Werbeslogan „Tue Gutes und rede drüber.“ Sie tun es kaum.

Früher habe ich es überhaupt nicht getan. Mittlerweile ist es für mich kein Problem mehr, darüber zu sprechen. Mein Vermögen ist in die gemeinnützige Zevens-Stiftung übertragen worden. Alles, was daraus erwirtschaftet wird, kommt auch gemeinnützigen Zwecken zugute. Das Stammkapital muss in der Stiftung bleiben, der Ertrag geht an soziale Projekte.

Und Ihre Verwandtschaft?

Da muss sich niemand Sorgen machen.

Es heißt, sie hätten 24 Häuser gekauft und jedem aus dem engeren Familienkreis eins geschenkt.

Blödsinn. Aber in Kleve wird viel erzählt.

Sind Sie großzügig?

Als Kaufmann nicht, da muss man rechnen. Privat ja.

Wo engagieren Sie sich denn noch?

In mehreren Bereichen. Im Museum Kurhaus oder auch im Museum Schloss Moyland, bei Sport-, und Karnevalsvereinen oder der Singgemeinde. Ich versuche Leute, die sich ehrenamtlich engagieren, ein Stück weit zu entlasten. Mir liegen Netzwerke am Herzen, die Kindern ermöglichen am sozialen Leben teilzunehmen.

Sie haben mal den Viertligisten 1. FC Kleve mit 500.000 Euro pro Saison gesponsort. Wie viel geben Sie dem Verein heute noch?

Zu der Summe sage ich nichts. Heute unterstütze ich die Jugendarbeit mit einem nennenswerten Betrag.

Der 1. FC gehörte einst zu der Elite im Amateurfußballs. Ist auf dem Höhepunkt der Vereinsgeschichte nicht professionell gearbeitet worden, weil die Steuerfahndung das Geschäftsmodell auffliegen ließ?

Es sind Fehler gemacht worden. Aber von Leuten, die ehrenamtlich arbeiteten.

Was ist Ihr Fußball-Lieblingsverein?

Ich habe Spaß an Klubs, die mit einem geringen Etat viel erreichen. Dazu gehören zum Beispiel SC Freiburg oder Union Berlin.

Sind Sie lieber im Rotary Club oder beim 1. FC Kleve an der Theke?

Im Rotary Club bin ich überhaupt kein Mitglied.

Was essen und trinken Sie besonders gern?

Currywurst mit Pommes und trockenen Weißwein auf Eis.

Würden Sie sagen, Sie leben gesund?

In der Vergangenheit eher nicht. Aber in den letzten Jahren achte ich mehr darauf und lasse mich beim Arzt durchchecken.

Sie haben mal eine Schachtel Zigaretten am Tag geraucht.

Genau, jetzt ist es nur noch eine halbe.

Was bringt Sie aus der Ruhe?

Formalismus, Bürokratie, Entscheidungen, die sich unnötig hinziehen. Was mich auch ärgert ist, wenn mit einem Handschlag gemachte Absprachen nicht eingehalten werden. Unter Kaufleuten muss so etwas noch zählen.

Sie haben es sich nie anmerken lassen, dass Sie vermögend sind. Wie begegnen Sie Menschen, die aufgrund Ihres Geldes so auftreten?

Das interessiert und beeindruckt mich überhaupt nicht. Das ändert auch nichts an meinen Entscheidungen.

Gibt es etwas Wichtigeres als Geld?

Ganz viel. Geld erleichtert einiges. Ich wäre auch mit viel weniger zufrieden.

Wie viele echte Freunde haben Sie?

Die kann ich an einer Hand abzählen.

Sind Sie ein glücklicher Mensch?

Ja, ich bin damit zufrieden, wie mein Leben verläuft. Es gibt immer wieder Schicksalsschläge, aber die muss jeder Mensch hinnehmen.

Welche waren das?

Zuletzt der Tod meines Bruders. Vorher der meiner Lebensgefährtin und meiner Enkelin.

Sie haben seit zwei Jahren eine neue Lebensgefährtin. Wo haben Sie sich kennengelernt?

Wir sind seit 2017 zusammen. Kennengelernt haben wir uns auf dem Oktoberfest in Kleve.

Ihre Freundin ist etwa 20 Jahre jünger als Sie. Interessiert es Sie, wenn darüber gesprochen wird?

Interessiert mich nicht. Aber besser 20 Jahre jünger als älter.

Einst wohnten Sie in einer 40 Quadratmeter Suite im Hotel Cleve. Sie sagten damals „Mehr brauche ich nicht.“ Und jetzt?

Meine Lebenssituation hat sich geändert. Wir wohnen jetzt zusammen auf dem Rilano Hotel. Waren es einst 40 Quadratmeter für eine Person, so sind es jetzt 100 für zwei. Die zehn Quadratmeter mehr gönne ich mir.

Sind Sie noch in der Kirche?

Ja - und da werde ich auch bleiben.

Haben Sie Angst vor dem Tod oder denken Sie gar nicht daran?

Eigentlich nicht. Wenn er da ist, ist er da.