Goch/ Kreis Kleve. 88 Hektar im 240 Hektar großen Waldgebiet Tannenbusch Goch sind nun für Bestattungen von biologisch abbaubaren Urnen frei gegeben.

Der erste Friedwald am Niederrhein wurde in Goch-Pfalzdorf eröffnet, untermalt von sanfter Jazzmusik live. 88 Hektar im 240 Hektar großen Waldgebiet Tannenbusch sind nun für Bestattungen von biologisch abbaubaren Urnen frei gegeben.

Noch bis zum Tag zuvor hatten Forstwirte aus dem Nieder-, Hoch- und Reichswald Schäden von Sturm und Käfern beseitigt, Bänke und Kreuz und Infotafeln aufgestellt. Seit es im Juli die Genehmigung des Landes NRW gab, hatten Fachleute des Landesbetriebs Wald und Holz hier die ersten 160 Bäume taxiert und für 1800 Friedwald-Bestattungen festgelegt, verriet Otto Pöll, Leiter des Regionalforstamts Niederrhein.

Die Kooperationspartner pflanzten symbolisch eine Linde: evangelischer Pfarrer Armin Rosen, Otto Pöll, Andreas Wiebe, Matthias Laufer, alt-katholischer Generalvikar Jürgen Wenge (v.l.).
Die Kooperationspartner pflanzten symbolisch eine Linde: evangelischer Pfarrer Armin Rosen, Otto Pöll, Andreas Wiebe, Matthias Laufer, alt-katholischer Generalvikar Jürgen Wenge (v.l.). © Astrid Hoyer-Holderberg

Über 125 interessierte Bürger hörten mitten im Tannenbusch dann von Jürgen Wenge, Generalvikar des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken als Träger des Bestattungswaldes, dass die Beerdigung dort an keine Konfession gebunden ist.

Im Tod einen Namen haben

Laut Wenge nimmt die Zahl anonymer Bestattungen seit Jahren „unglaublich zu. Wir als Kirche müssen die veränderten Verhaltensweisen positiv aufgreifen“, fand er. „Menschen, die im Leben einen Namen gehabt haben, sollen ihn im Tod aber nicht verlieren müssen“, meinte er. Beisetzung im Friedwald, „in würdiger und angemessener Weise“, mit kleinem Namensschildchen am Baum, entspräche dem christlichen Weltbild „allemal mehr“. Das entgegnete er den theologischen Kritikern.

Man werde eng mit den Bestattern vor Ort kooperieren. Denn beim Friedwald ändert sich nur der Ort der Urnenbeisetzung. Wald sei auf gute Weise ein Ort der Trauer, Trauerbewältigung und Hoffnung.

Dass der Wald als „tröstlich empfunden werde, wohltuend für Geist und Seele“, erwartet Andreas Wiebe, Leiter des Landesbetriebs Wald und Holz. Der Staatswald, der allen Steuerzahlern gehöre, werde hier von 1350 Förstern mit Fachkenntnis, aber auch „mit viel, viel Herz“ gepflegt, versicherte er.

Eine kleine Tafel am Baum nennt die Namen der Verstorbenen, so liest hier Anita Hendrix. Mit gelbem Band markiert sind Bäume, an denen noch Bestattungsplatz frei ist. Infotafeln am Wegesrand erläutern den Friedwald.
Eine kleine Tafel am Baum nennt die Namen der Verstorbenen, so liest hier Anita Hendrix. Mit gelbem Band markiert sind Bäume, an denen noch Bestattungsplatz frei ist. Infotafeln am Wegesrand erläutern den Friedwald. © Astrid Hoyer-Holderberg

So wie man den Wohnort frei wähle, solle man auch den Ort der Beisetzung wählen, sagte Matthias Laufer, Geschäftsleiter der hessischen FriedWald GmbH, die seit sechs Jahren versucht, Goch als Standort zu gewinnen. Wie berichtet, hatte die Ratsmehrheit in Goch vor fünf Jahren auf Drängen der Bestatter und der Steinmetze einen entsprechenden Antrag abgelehnt. Diesmal ist aber nicht die Stadt der Träger oder Grundeigner, sondern jene Alt-Katholiken (Goch gehört dabei zur Gemeinde Krefeld) auf Gebiet des Landesbetriebs Wald und Holz NRW. Die stellvertretende Bürgermeisterin Gabi Theissen kam aber zur Eröffnung dieses neunten Friedwaldes in NRW; bundesweit gibt es 68.

Pfalzdorfs evangelischer Pfarrer Armin Rosen, der an den gescheiterten Vorüberlegungen beteiligt gewesen war, zeigte sich „sehr, sehr froh, dass Sie das machen“, sagte er zum alt-katholischen Generalvikar, „dass es doch ein christlicher Friedhof ist“.

Alle Kooperationspartner pflanzten symbolisch eine kleine Linde. Groß hingegen sind die Bäume, die zum Friedwald gehören: vor allem Buchen, auch Ahorn und Eiche – vereinzelt Stechpalmen, Linden, Douglasien und Küstentannen.

Viele Kinder wohnen nicht mehr dort, wo die Eltern sterben

Unter den Besuchern war Ruth Eberhard, nah am Tannenbusch geboren und wohnhaft, hätte sie wegen ihrer Verbundenheit zu Wald und Natur einen Friedwald-Platz gewählt, wenn sie nicht längst ein Doppelgrab auf dem Friedhof gekauft hätte. Pfalzdorferin Luise Zuschke sagte ihrem Pfarrer Rosen: „Ich wurde hier am Wald geboren, habe hier gespielt, trimme heute durch den Wald, dann können Sie mich auch hier beerdigen.“ Sie bedenkt: „Es wohnen doch viele Kinder nicht mehr dort, wo die Eltern sterben.“

Der Issumer Wolfgang Strzewitzki sah sich im Tannenbusch um. Er wird den schon 2003 in Bad Münstereifel gepachteten Friedwald-Platz – „der war damals der naheste“ – umwidmen lassen gegen einen in Pfalzdorf. Noch unentschlossen sind Anita und Bernd Hendrix aus Schneppenbaum. Sie wollten sich nur informieren, finden aber: „Das hier ist nicht so unpersönlich wie anonyme Gräber auf dem Friedhof“.

Wie Oberförster Otto Pöll erklärte, wurde der Tannenbusch Pfalzdorf übrigens im 17. Jahrhundert auf Heidelandschaft als Jagdgebiet des brandenburgischen Kurfürsten Sigismund angelegt, erst als Nadelwald, heute Mischwald.

Die Kosten im Friedwald

Es gibt verschiedene Arten der Beisetzung. Basisplatz, vom Förster zugewiesen, 490 Euro. Ausgewählter Platz am Baum (mit gelbem Band markiert) für eine oder zwei Personen, 770 bis 1200 Euro; Ruhezeit 15 Jahre. Ganzer Baum (blaues Band) für Familie oder Freunde, zwei bis 20 Personen, 2490 bis 6990 Euro, Ruhezeit 99 Jahre.

Beisetzung 350 Euro inclusive biologisch abbaubarer Urne.

Waldführung und Infos: www.friedwald.de/goch.