Kreis Kleve. In Bonn demonstrierten hunderte Landwirte gegen verschärfte Düngeregeln. Um das Grundwasser zu schonen, soll nicht mehr so viel gegüllt werden.

Verschärfungen im Dünge-Recht, drohende Insektizid-Verbote und die moralische Schuld für den Klimawandel – es sind keine leichten Zeiten für die Landwirte in Deutschland. „Der Unmut der Bauern ist riesengroß“, sagt Josef Peters, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Kleve. Nun machten sie ihrem Ärger Luft: Mehrere hundert Bauern protestierten am Montagvormittag vor dem Bonner Sitz des Bundeslandwirtschaftsministeriums, darunter auch 70 aus dem Kreis Kleve.

70 Landwirte aus dem Kreis dabei

Sie waren eigens mit zwei Bussen zur Demonstration in die ehemalige Bundeshauptstadt gereist. Ihre wichtigste Forderung: Es müsse Schluss sein mit der Auflagenflut aus Brüssel und Berlin. „Es ist richtig, nach Bonn zu fahren und dort seine Stimme zu erheben. Wenn die Politik alles so umsetzt, wie sie es jetzt plant, ist die landwirtschaftliche Produktion, wie wir sie kennen, vorbei“, sagt Peters, der bei der Protestaktion nicht dabei sein konnte.

Im Fokus der Demonstration steht die drohende Überarbeitung der Düngeverordnung. Landwirte müssen sich nach Plänen der Bundesregierung mit verschärften Regeln schon im kommenden Frühling auseinandersetzen. So dürften die Kreis Klever Landwirte künftig zwanzig Prozent weniger Gülle auftragen als bisher. Ein weiteres Beispiel: Die Verschärfung der Sperrfristen, in denen Gülle und Mist nicht auf Felder und Grünland ausgebracht werden darf, soll angepasst werden. Dies ist nach den neuen Bestimmungen nur noch bis zum 30. September erlaubt, bisher war der 31. Oktober der Schlusstermin.

Gülle-Zeiten werden verschärft

Auch interessant

Bis Ende Januar ist die Aufbringung dann verboten. Schließlich müsse die Nitratbelastung des Grundwassers abnehmen. „Mit wissenschaftlichen Fakten hat das nichts mehr zu tun. Das ist pure Willkür, um dem Zeitgeist zu entsprechen“, sagt der Gocher Landwirt Paul Lamers. Erst 2017 waren die Vorgaben verschärft worden, nur stellten sich noch keine messbaren Erfolge ein. „Das geht aber auch nicht, in Ergebnissen schlagen sich solche Maßnahmen erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten nieder“, sagt Lamers weiter.

Viehbestand deutlich gestiegen

Dem schließt sich auch Josef Peters an: „Wir werden heute für die Fehler von vor zwanzig oder dreißig Jahren bestraft.“ Für ihn sei klar: Die Politik höre heutzutage lieber auf Nichtregierungsorganisationen (NGO) als auf die Landwirte: „Die Politik wird zum Handlanger von Verbänden wie PETA und Nabu. Wir fragen uns mittlerweile: Was sollen wir denn überhaupt noch produzieren?“, sagt Peters.

Volkhard Wille, Vorsitzender der Nabu-Naturschutzstation Niederrhein erklärt: „Ich kann die Kritik der Bauern nicht nachvollziehen. Die Industrialisierungstendenz in der Landwirtschaft ist seit Jahren bekannt und wurde von der Spitze der Bauernverbände, die nun protestieren, vorangetrieben.“ Ihm zu Folge liege das Problem auf der Hand: Die Tierbestände am Niederrhein seien zu groß, die Masse an Gülle nur eine Konsequenz daraus. „Die Düngeverordnung von 2017 reicht einfach nicht. Sie war nur das kosmetische Ergebnis von Lobbyarbeit der Landwirtschaft. Daher musste sie überarbeitet werden“, sagt Wille.

Sorge: Zahlreiche Betriebe müssten schließen

hier gibt es mehr artikel und bilder aus kleve und umland

Kritisch sehen Peters und seine Berufskollegen auch das Handelsabkommen Mercosur, das für einen freieren Warenverkehr mit den Staaten Südamerikas sorgen soll. Die Sorge der Bauern: Importierte Waren wie Rindfleisch würden mit Billigpreisen den europäischen Markt zerstören. „Die Leute reden immer davon, dass das Essen doch vor der Haustür produziert werden soll. Dennoch macht man uns das Leben schwer“, sagt Peters. Zudem seien hiesige Landwirte von negativer Stimmungsmache betroffen. „Wir werden in der Öffentlichkeit für alles verantwortlich gemacht, allen voran für den Klimawandel“, sagt Lamers. Er prognostiziert gar einen gravierenden Strukturwandel in der Kreis Klever Landwirtschaft.

Diese Sorge drückt er in Zahlen aus: Sollten die Verordnungen wie geplant in Kraft treten, müsste ihm zu Folge die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe in den kommenden zehn Jahren schließen.